Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 21. Dezember 2017, Teil 9
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Der professionelle Geiger Simon Daoud (Kad Merad) ist etwa 50 Jahre alt und zurzeit arbeitslos. Zur Überbrückung bis zu einem neuen Engagement möchte er in einer Schule im Pariser Banlieu in einer Orchesterklasse Geigenunterricht erteilen. Zum Schuljahresende sollen die Kinder ein Konzert mit einem Stück aus Scheherazade von Rimski-Korsakow in der Pariser Philharmonie gemeinsam mit Schülern aus anderen Schulen geben.
Doch obwohl sich die Schüler der 6. Klasse von Farid Brahimi (Samir Guesmi) freiwillig zu dem Kurs angemeldet haben, sind sie desinteressiert, respektlos und stören nicht nur durch zotige Sprüche, sondern auch durch andauernde Prügeleien. Etwas verspätet steht der schüchterne Arnold (Alfred Renely) vor der Tür und hört zu. Simon nimmt ihn noch in den Kurs auf.
Simon droht an der schwierigen Aufgabe und den ewigen Streitereien der Kinder zu zerbrechen, obwohl er sieht, dass vor allem Arnold sofort Begeisterung und Talent für das Instrument zeigt. Da die Kinder die Geigen mit nach Hause nehmen dürfen, übt Arnold regelmäßig auf dem Dach seines Wohnhauses.
Langsam werden die Kinder besser und sind auch bereit konzentrierter zu arbeiten; doch als nach den Weihnachtsferien eine Probe mit den anderen Orchestermitgliedern völlig daneben geht, sind sie frustriert. Zudem erhält Simon noch das Angebot, mit einem renommierten Quartett im Frühjahr vier Monate lang auf Tournee zu gehen. Er muss eine schwere Entscheidung treffen, ob er weiterhin als Konzert-Violonist arbeiten will oder ob ihm das Unterrichten mehr Spaß macht.
Als durch einen Kurzschluss auch noch der Probenraum der Schule unbrauchbar wird, wollen alle aufgeben. Doch da zeigt sich, dass inzwischen nicht nur die Kinder sondern auch deren Eltern von dem Projekt überzeugt sind und kräftig mit anpacken, um einen neuen Raum zum Proben herzurichten.
Werden es die Schüler schaffen beim Konzert in der Philharmonie zu spielen und wird vor allem Arnold dabei als Solist auftreten können?
Hintergrund des Films des Regisseurs und Drehbuchautos Rachid Hami ist ein Projekt in dem Kinder aus unterprivilegierten Stadtvierteln in Paris klassische Musik machen und dabei die Instrumente gestellt und teilweise auch geschenkt bekommen. Dieses soziale musikalisch-orchestrale Schulprojekt wurde von der Pariser Philharmonie ins Leben gerufen.
Der Regisseur hat versucht einen Film der leisen Töne zu inszenieren. Kad Merad, der bisher vor allem als Komiker bekannt wurde, spielt Simon ausgesprochen zurückhaltend beinahe depressiv. Simon hatte den Job angenommen, weil er gerade kein Engagement hat und Geld braucht. Er flippt eigentlich nur in einer einzigen Situation aus. Heimlich hofft er aber immer noch, dass er als 2. Geiger in dem bekannten Quartett einspringen kann. Deshalb muss Farid, der eigentliche Musiklehrer der Kinder, immer wieder darauf hinweisen, dass er als Lehrer den Auftrag hat, die Kinder für die Musik zu sensibilisieren und nicht, sie aus dem Unterricht zu werfen. Samir Guesmi spielt die Rolle des Lehrers ebenfalls gekonnt zurückgenommen.
Aus der Gruppe der Kinder, die zum größten Teil aus dem Milieu stammen, das sie im Film darstellen, ragt Alfred Renely als schüchterner Arnold heraus, der mit dem Geige spielen etwas gefunden hat, was ihn begeistert. Er hofft allerdings auch, dass sein Vater, den er nie gesehen hat, ihn in der Philharmonie spielen sehen und hören wird. Es ist schon interessant, mit welcher Selbstverständlichkeit die Kinder die teilweise doch recht zotigen Dialogzeilen sprechen und spielen. Bei ihnen wirkt keine Szene einstudiert oder gestellt.
Dabei ist die Wandlung der gesamten Gruppe vom einem wilden Haufen hin zu musikbegeisterten Geigern von klassischer Musik jederzeit nachvollziehbar.
"La Mélodie - Der Klang von Paris" wirkt - trotz der realen Hintergrundgeschichte - wie ein Sozialmärchen. Das ist aber keine negative Kritik, denn es macht Spaß zuzusehen, wie durch die Erfolge nicht nur die Kinder sondern auch die Eltern an Selbstbewusstsein und Selbstorganisation gewinnen. All das macht den Film zur Weihnachtszeit unbedingt sehenswert.
Foto: Kad Merad als Simon Daoud © Prokino Filmverleih
Info:
La Mélodie - Der Klang von Paris (Frankreich 2017)
Originaltitel: La Mélodie
Genre: Drama
Filmlänge: 102 Min.
Regie: Rachid Hami
Drehbuch: Guy Laurent, Valérie Zenatti, Rachid Hami
Darsteller: Kad Merad, Samir Guesmi, Alfred Renely u.a.
Verleih: Prokino Filmverleih
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 21.12.2017