Siegrid Püschel
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Seit den 1960er Jahren gilt Jacques Tourneur in Fachkreisen als bedeutender Regisseur, aber mehrere Retrospektiven, die erste 1975 beim Edinburgh Film Festival, haben seine allgemeine Bekanntheit kaum gesteigert. 2017 zeigten das Filmfestival in Locarno und die Cinémathèque française in Paris die bislang umfangreichste Retrospektive seines Werks. Eine Auswahl daraus ist diesen Monat im Kino des Deutschen Filmmuseums zu sehen.
Jacques Tourneur wurde 1904 in Paris geboren. Sein Vater war der berühmte Theater- und spätere Filmregisseur Maurice Tourneur. 1914 emigrierte die Familie in die USA. In den 1920er Jahren wurde Jacques Assistent seines Vaters und folgte ihm 1928 zurück nach Europa. Zwischen 1931 und 1934 drehte Jacques seine ersten vier eigenen Filme in Frankreich. Danach kehrte er nach Hollywood zurück und schuf rund 20 Kurzfilme, bevor er 1939 seinen ersten US-Langspielfilm realisieren konnte. Zwischen 1958 und 1966 arbeitete er überdies fürs Fernsehen. Danach beendete er seine Karriere und zog sich in ein Dorf in Südfrankreich zurück, wo er 1977 starb.
Wie Tourneur selbst in einem Interview betonte, war er kein „auteur“, sondern akzeptierte jedes Drehbuch, das man ihm gab, um dann das Beste daraus zu machen. Das gelang ihm oft auch unter widrigen Umständen und mit geringen Budgets. Seine Inszenierungen zeichnen sich durch eine unaufgeregte Genauigkeit aus: Nie wird es hektisch, oft werden wichtige Ereignisse in der Distanz gezeigt oder finden sogar außerhalb des Bildes statt, aber jedes Werk zeugt von Tourneurs suggestiver Präzision, sei es ein Horrorfilm, ein Western oder ein Film noir.
Alle Filme sind im Originalformat zu sehen. Die jeweils bestmögliche Kopie enthält vereinzelt spanische oder französische Untertitel. Das Kino des Deutschen Filmmuseums dankt den Kuratoren der Retrospektive des Locarno Festival 2017, Roberto Turigliatto und Rinaldo Censi, und ihrem Team für die gute Zusammenarbeit.
Montag, 1. Januar, 20:30 Uhr und Freitag, 5. Januar, 20:30 Uhr
CAT PEOPLE Katzenmenschen
USA 1942. R: Jacques Tourneur
D: Simone Simon, Tom Conway, Jane Randolph. 73 Min. 35mm. OmspU
Ab 1942 inszenierte Jacques Tourneur die drei ersten Filme einer neuen Horrorfilmreihe des RKO-Studios. Mit geringem Budget, aber suggestiver Atmosphäre sollten die Filme der von Val Lewton produzierten Reihe den Markt erobern. In CAT PEOPLE verliebt sich ein Zeichner in eine seltsame Frau, die von der Furcht besessen ist, sich durch einen alten Fluch in einen Panther zu verwandeln. Alle Horrormomente in diesem Film werden ausschließlich durch Licht- und Schattenwirkungen angedeutet. Ein Horrorfilm ohne Monster, gleichwohl seinerzeit ein großer kommerzieller Erfolg.
Vorfilm: WHAT DO YOU THINK? (USA 1937. R: Jacques Tourneur. 11 Min. 35mm. OF)
Dienstag, 2. Januar, 20:30 Uhr und Sonntag, 7. Januar, 18 Uhr
I WALKED WITH A ZOMBIE Ich folgte einem Zombie
USA 1943. R: Jacques Tourneur
D: James Ellison, Frances Dee, Tom Conway. 69 Min. 35mm. OF
Eine kanadische Krankenschwester soll sich auf einer Karibikinsel um die Frau eines Plantagenbesitzers kümmern. Diese ist unter dem Einfluss lokaler Legenden und Voodoo-Kulte in eine Art Trance verfallen. Die Grundkonstellation der Handlung wurde aus Charlotte Brontës Roman Jane Eyre übernommen. I WALKED WITH A ZOMBIE ist einer von Tourneurs besten Filmen und nimmt die Zuschauer mit seiner geheimnisvollen Atmosphäre gefangen. Erneut geht es um das Gegenspiel der Kräfte des Rationalen mit denen des Übernatürlichen, wobei letztere obsiegen.
Donnerstag, 4. Januar, 18 Uhr und Dienstag, 9. Januar, 20:30 Uhr
THE LEOPARD MAN
USA 1943. R: Jacques Tourneur
D: Dennis O’Keefe, Margo, Jean Brooks. 66 Min. 35mm. OF
Basierend auf Cornell Woolrichs Roman Black Alibi, erzählt dieser Thriller davon, wie in einer kleinen Stadt in New Mexico ein schwarzer Leopard aus der Gefangenschaft ausbricht und in der Folge für eine Reihe von Morden verantwortlich gemacht wird. Die Story wandert von einer Person zur nächsten, ohne eigentliche Hauptfigur. Jacques Tourneurs dritter Film für Val Lewton verfügt über eine weniger dichte und stringente Erzählstruktur als die beiden vorherigen, aber über eine gleichermaßen hypnotische visuelle Atmosphäre. Ein einfacher Gang durch die Nacht wird darin zu einem bedrohlichen Erlebnis.
Vorfilm: THE SHIP THAT DIED (USA 1938. R: Jacques Tourneur 10 Min. 35mm. OF)
Donnerstag, 11. Januar, 18 Uhr
NICK CARTER – MASTER DETECTIVE
USA 1939. R: Jacques Tourneur
D: Walter Pidgeon, Rita Johnson, Henry Hull. 60 Min. 35mm. OmfU
Seit 1886 erschienen mehr als 1000 Nick-Carter-Geschichten in diversen Groschenmagazinen und machten die Figur zum erfolgreichsten Detektiv der amerikanischen Literaturgeschichte. In den 1930er Jahren kaufte MGM die Filmrechte und startete mit NICK CARTER – MASTER DETECTIVE eine Serie, welche allerdings nach drei Filmen eingestellt wurde. Statt auf eine vorhandene Story zurückzugreifen, ließ MGM für diesen Film ein Originaldrehbuch entwickeln. Nick Carter kämpft darin gegen eine Gruppe von Industriespionen in einem Flugzeugwerk, das eine revolutionäre neue Maschine entwickelt hat.
Vorfilm: THE MAN IN THE BARN (USA 1937. R: Jacques Tourneur. 11 Min. 35mm. OF)
Freitag, 12. Januar, 20:30 Uhr und Sonntag, 14. Januar, 18 Uhr
OUT OF THE PAST Goldenes Gift
USA 1947. R: Jacques Tourneur
D: Robert Mitchum, Jane Greer, Kirk Douglas. 97 Min. 35mm. OmU
OUT OF THE PAST zählt zu den ganz großen Klassikern des Film noir: Der ehemalige Privatdetektiv Jeff Bailey lebt zurückgezogen als Tankstellenbesitzer in einer kalifornischen Kleinstadt. Eines Tages taucht ein alter Bekannter auf und erzählt ihm, dass der Gangsterboss Whit Sterling ihn sehen wolle. Dieser zwingt ihn, einen allerletzten Auftrag anzunehmen. Die brillant-düstere Schwarzweiß-Fotografie von Nicholas Musuraca, eine aufs Wesentliche reduzierte, unpathetische Erzählweise sowie Robert Mitchums Lakonie und szenische Präsenz machen OUT OF THE PAST zu einem der vielschichtigsten Vertreter der Schwarzen Serie.
Dienstag, 16. Januar, 20:30 Uhr
BERLIN EXPRESS Berlin-Expreß
USA 1948. R: Jacques Tourneur
D: Merle Oberon, Robert Ryan, Charles Korvin. 86 Min. 35mm. OmfU
Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs verlässt ein Zug Paris in Richtung Berlin; an Bord befinden sich Amerikaner, Franzosen, Russen und Deutsche. Einer der Passagiere, der deutsche Friedensvermittler Dr. Heinrich Bernhardt, wird zum Ziel eines Anschlags und einer Entführung. BERLIN EXPRESS ist nicht nur ein packender Spionagefilm, sondern zeigt auch ein ungeschöntes Bild des zerstörten Nachkriegsdeutschlands, mit Außenaufnahmen in Frankfurt am Main und Berlin. Eine längere Szene wurde am in Trümmern liegenden Römerberg in Frankfurt gedreht.
Donnerstag, 18. Januar, 18 Uhr
EASY LIVING
USA 1949. R: Jacques Tourneur
D: Victor Mature, Lucille Ball, Lizabeth Scott. 77 Min. 35mm. OF
Pete Wilson ist ein altgedienter Quarterback im Footballteam der New York Chiefs. Obwohl er es nicht wahrhaben will, ist seine große Zeit vorbei: Ein Arzt diagnostiziert Herzprobleme, und seine Leistungen lassen nach. Seiner Frau, einer bislang wenig erfolgreichen, aber Druck machenden Innendekorateurin, versucht er seinen Zustand zu verheimlichen. EASY LIVING entstand nach einer Story von Irwin Shaw und ist ein intelligentes Drama aus der Welt des Profisports und über dessen Schattenseiten. Bevor er mit der Arbeit an diesem Film begann, hatte Jacques Tourneur noch nie ein Footballspiel gesehen!
Freitag, 19. Januar, 20:30 Uhr
STARS IN MY CROWN
USA 1950. R: Jacques Tourneur
D: Joel McCrea, Ellen Drew, Dean Stockwell. 89 Min. 35mm. OmfU
Diese Adaption des gleichnamigen Romans von Joe David Brown ist ein archetypisches Stück „Americana“, also eine Art amerikanischer Heimatfilm. Erzählt wird die Geschichte eines Pfarrers in einer Kleinstadt im Süden der USA. Als er 1865 dort ankommt, muss er seine erste Predigt noch unter Androhung von Waffengewalt in einem Saloon halten, doch mit den Jahren wird das Leben friedlicher, und der Hauptopponent des Pfarrers wird ein junger Arzt. Jacques Tourneur selbst hielt STARS IN MY CROWN für seinen besten Film, obwohl er seinerzeit total erfolglos war.
Samstag, 20. Januar, 20:30 Uhr und Dienstag, 23. Januar, 20:30 Uhr
WAY OF A GAUCHO König der Gauchos
USA 1952. R: Jacques Tourneur
D: Rory Calhoun, Gene Tierney, Richard Boone. 95 Min. 35mm. OmspU
Martin Penalosa alias Val Verde tötet einen Mann im Duell und wird verhaftet. Seine Strafe wird in Wehrpflicht umgewandelt, unter dem Kommando von Major Salinas. Er desertiert und bildet eine Gruppe von Gauchos, mit der er gegen die Missbräuche der Autoritäten kämpft. Dabei verliebt er sich in eine Dame der Aristokratie und flüchtet mit ihr in ein Outlaw-Dasein. Gedreht in der atemberaubenden Landschaft der argentinischen Pampas und der Anden, gestaltet Tourneur mit prächtiger Technicolor- Farbfotografie eine Geschichte der Zivilisation und des Zeitenwandels als romantisches Western-Melodram.
Sonntag, 21. Januar, 18 Uhr
GREAT DAY IN THE MORNING Skrupellos
USA 1956. R: Jacques Tourneur
D: Virginia Mayo, Robert Stack, Ruth Roman. 92 Min. 35mm. OF
Unmittelbar vor Ausbruch des amerikanischen Bürgerkriegs kommt Owen Pentecost, ein Abenteurer aus den Südstaaten, nach Denver. Für Geld ist er bereit, eine Ladung Gold für die Konföderiertenarmee aus der Stadt zu schmuggeln, als die Armee der Nordstaaten die Stadt übernimmt. Eine Liebesgeschichte verkompliziert die Situation noch. GREAT DAY IN THE MORNING ist vor allem berühmt für seine subtile, überwiegend mit Pastelltönen arbeitende Farbdramaturgie. Darüber hinaus ist er ein schönes Beispiel für Tourneurs sublimen, nuancierten Regiestil.
Donnerstag, 25. Januar, 18 Uhr und Freitag, 26. Januar, 20:30 Uhr NIGHTFALL
USA 1956. R: Jacques Tourneur
D: Aldo Ray, Brian Keith, Anne Bancroft. 78 Min. 35mm. OF
NIGHTFALL entstand nach einem Roman von David Goodis und erzählt von einem Mann, der sich vor der Polizei versteckt, weil man ihn für den Mörder seines Jagdgefährten hält. Der Flüchtige wird von einem Versicherungsagenten und von zwei Bankräubern verfolgt, die glauben, dass er weiß, wo sich ihre Beute befindet. Wie es zu dieser Situation kam, wird nach und nach in Rückblenden enthüllt, und was daraus resultiert, ist eine spannende Auseinandersetzung im Schnee. Der Film ist brillant fotografiert von Burnett Guffy und dicht inszeniert von Jacques Tourneur.
Sonntag, 28. Januar, 18 Uhr und Dienstag, 30. Januar, 20:30 Uhr
NIGHT OF THE DEMON Der Fluch des Dämonen
Großbritannien 1957. R: Jacques Tourneur
D: Dana Andrews, Peggy Cummins, Niall MacGinnis. 95 Min. 35mm. OmfU Ein US-amerikanischer Psychologe nimmt in England an einem Kongress über Parapsychologie teil. Ein englischer Kollege bittet ihn, Nachforschungen über eine Satanisten-Sekte anzustellen, kommt jedoch auf mysteriöse Weise ums Leben. Der Amerikaner will nicht glauben, dass der Tod durch einen alten Fluch verursacht wurde – den Zuschauer dagegen hat der Film von Anfang an davon überzeugt. Einer von Tourneurs besten Filmen – düster und fatalistisch wie ein Film von Fritz Lang. Die US-amerikanische Fassung war stark verfälscht; gegen den Willen Tourneurs fügten die Produzenten einen sichtbaren Dämonen ein.
Foto: © DIF
Sonntag, 21. Januar, 18 Uhr
GREAT DAY IN THE MORNING Skrupellos
USA 1956. R: Jacques Tourneur
D: Virginia Mayo, Robert Stack, Ruth Roman. 92 Min. 35mm. OF
Unmittelbar vor Ausbruch des amerikanischen Bürgerkriegs kommt Owen Pentecost, ein Abenteurer aus den Südstaaten, nach Denver. Für Geld ist er bereit, eine Ladung Gold für die Konföderiertenarmee aus der Stadt zu schmuggeln, als die Armee der Nordstaaten die Stadt übernimmt. Eine Liebesgeschichte verkompliziert die Situation noch. GREAT DAY IN THE MORNING ist vor allem berühmt für seine subtile, überwiegend mit Pastelltönen arbeitende Farbdramaturgie. Darüber hinaus ist er ein schönes Beispiel für Tourneurs sublimen, nuancierten Regiestil.
Donnerstag, 25. Januar, 18 Uhr und Freitag, 26. Januar, 20:30 Uhr NIGHTFALL
USA 1956. R: Jacques Tourneur
D: Aldo Ray, Brian Keith, Anne Bancroft. 78 Min. 35mm. OF
NIGHTFALL entstand nach einem Roman von David Goodis und erzählt von einem Mann, der sich vor der Polizei versteckt, weil man ihn für den Mörder seines Jagdgefährten hält. Der Flüchtige wird von einem Versicherungsagenten und von zwei Bankräubern verfolgt, die glauben, dass er weiß, wo sich ihre Beute befindet. Wie es zu dieser Situation kam, wird nach und nach in Rückblenden enthüllt, und was daraus resultiert, ist eine spannende Auseinandersetzung im Schnee. Der Film ist brillant fotografiert von Burnett Guffy und dicht inszeniert von Jacques Tourneur.
Sonntag, 28. Januar, 18 Uhr und Dienstag, 30. Januar, 20:30 Uhr
NIGHT OF THE DEMON Der Fluch des Dämonen
Großbritannien 1957. R: Jacques Tourneur
D: Dana Andrews, Peggy Cummins, Niall MacGinnis. 95 Min. 35mm. OmfU Ein US-amerikanischer Psychologe nimmt in England an einem Kongress über Parapsychologie teil. Ein englischer Kollege bittet ihn, Nachforschungen über eine Satanisten-Sekte anzustellen, kommt jedoch auf mysteriöse Weise ums Leben. Der Amerikaner will nicht glauben, dass der Tod durch einen alten Fluch verursacht wurde – den Zuschauer dagegen hat der Film von Anfang an davon überzeugt. Einer von Tourneurs besten Filmen – düster und fatalistisch wie ein Film von Fritz Lang. Die US-amerikanische Fassung war stark verfälscht; gegen den Willen Tourneurs fügten die Produzenten einen sichtbaren Dämonen ein.
Foto: © DIF