hkw hessenministerHanswerners BERLINALE Tagebuch (8)

Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) - Hunderte von Menschen schubsen, drücken, drängeln sich in der Hessischen Landesvertretung in Berlin. Ein filmfreier Nachmittag für mich. Zwischen den Massen wird Fingerfood gereicht, das lecker schmeckt, aber zerbröselt und mein T-Shirt liebt. Außer dem Frankfurter Tatort-Kommissar Wolfram Koch und zwei Kolleginnen von  C., kenne ich hier niemanden. Auch den Wissenschaftsminister Boris Rhein (CDU) hätte ich nicht erkannt, doch davon später.

Von der Boulevard-Presse bis zur alternativen Stadtzeitung schreiben alle von Party, Party, Party auf der Berlinale. Es ist mir ein Rätsel, wie Kolleginnen und Kollegen, VIPs oder Stars das noch schaffen. Mir reichen täglich drei Filme und einige Pressekonferenzen. Ich war auf der Gästeliste, ging aber nicht zum mitternächtlichen (!) Festessen der „Game Changers“.

Rhein freut sich, dass 2017 das bisher erfolgreichste Jahr der hessischen Filmförderung war, Filme wie „Jugend ohne Gott“ oder die neue Serie „Bad Banks“ seien gefördert worden. „Und in diesem Jahr wird sie auf insgesamt 12,5 Millionen Euro angehoben“, erläutert er uns Hessinnen und Hessen.

Filmförderung ist selbstverständlich großartig und wichtig - aber was sie so anrichten kann, habe ich soeben im Wettbewerbsbeitrag „Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot“ erlebt. Der Film hat ziemlich alle Förderungen in Anspruch genommen, bringt es (dadurch?) auf drei Stunden und gilt als Meisterwerk:

Ein Zwillingspaar im sommerlichen Kornfeld philosophiert über Sein und Zeit. Der Junge und das Mädchen denken, spielen und streiten miteinander. Hunderte von Kolleginnen und Kollegen verlassen, nach und nach, den Berlinale Palast. Die zerrinnende Zeit des Films, zwischen vielen Schnarchenden, halte ich nach zwei Stunden auch nicht mehr aus und gehe.

Jeder Film ist es wert, gesehen zu werden, so der iranische Regisseur Jafar Panahi in seinem preisgekrönten Streifen „Taxi“. Aber solch ein frühmorgendlicher, die Zeit dehnender Streifen, ist eine - wenn auch irgendwie faszinierende - Zumutung.


Foto:
Boris Rhein (Mitte) © Hanswerner Kruse