f romy2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. April 2018, Teil 6

Corinne Elsesser

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Im Frühjahr 1981 verbringt die Schauspielerin Romy Schneider einige Wochen im Kurort Quiberon an der bretonischen Atlantikküste. In einer schwierigen Zeit sucht sie Erholung, liegt doch der Selbstmord ihres früheren Ehemannes Harry Meyen nur ein paar Jahre zurück, das Sorgerecht für ihren Sohn ist noch nicht entschieden und ihr derzeitiger Ehemann Daniel Biasini lässt sich scheiden. Hinzu kommen ständige finanzielle Sorgen.

Warum willigte die Schauspielerin in ein Interview mit dem "Stern", einer der grossen Publikumszeitschriften, gerade jetzt ein? Mit dem Fotografen Robert Lebeck war sie befreundet und dem Journalisten Michael Jürgs wollte sie sich im Gespräch offen und unverstellt zeigen.

Die deutsch-iranische Regisseurin Emily Atef hat aus den drei nicht zuletzt durch Lebecks Fotostrecke legendär gewordenen Interviewtagen in Quiberon einen einfühlsamen und authentisch anmutenden Film gemacht, der mehr über die Person Romy Schneider offenbart als ein konventionelles Biopic. In Schwarzweiss gedreht gewinnt der Film eine beeindruckende Nähe zu den Originalaufnahmen des Stern-Fotografen.

Die Hamburger Schauspielerin Marie Bäumer sieht Romy Schneider nicht nur verblüffend ähnlich, sie scheint die Kollegin zuweilen tatsächlich zu verkörpern. In keinem Moment fällt sie zurück, um wieder die Schauspielerin zu werden, die eine Schauspielerin spielt. In den zahlreichen Interviewexzessen, wenn immer wieder Tabletten und Alkohol ins Spiel kommen, fährt Bäumer zu Höchstleistungen auf und zeigt, wie Romy Schneider nur aufzuleben scheint, wenn sie Champagner trinkt. Birgit Minichmayr bildet als ihre beste Freundin Hilde Fritsch einen Gegenpol. Sie versucht, Schneider zu beschützen und vor Ausschweifungen zu bewahren. Im Vergleich zu dem zynischen, manipulativen Reporter Michael Jürgs (Robert Gwisdek) macht Robert Lebeck (Charly Hübner) seine Fotos mit sehr viel mehr Herzenswärme, ja mit Liebe.

Möglicherweise gibt es doch so etwas wie einen "Frauenfilm". Atef legt es nie darauf an, die skandalumwobene Schauspielerin an das Interview respektive an die Kamera auszuliefern. Immer sucht sie nach einer Balance zwischen Schneider, die sich für einmal ungeschminkt und offen gibt, und der einkalten Distanz des Reporters. Die Regisseurin weiss der Verletzlichkeit der Person subtil Rechnung zu tragen. Auch die fiktive Figur der Freundin Hilde dient dem Gleichgewicht. Sie wollte "nicht nur Romy und die Männer zeigen, sondern auch eine andere Form von Intimität zwischen Freundinnen", so Regisseurin Atef.

Thomas Kiennasts Kamera ist bereits am Beginn des Films ständig in Bewegung und scheint auch später kaum einen Ruhepunkt zu finden. Wenn sich jedoch die Einstellungen den historischen Fotografien Lebecks annähern, wie Schneider zum Beispiel an einem Morgen ausgelassen über die Felsen am Meer springt, wird der Film zeitgemäss und authentisch und gewinnt dokumentarischen Stil.

In einem nächtlichen Gespräch mit Lebeck findet Romy Schneider wieder zu sich selbst und trifft wieder eigene Entscheidungen. Und Michael Jürgs, ihr Gegenpart in diesem Katz- und Mausspiel, gelangt während eines übermüdeten Dialogs mit Hilde in der Hotelhalle zu einer ethischeren Haltung gegenüber seiner Interviewpartnerin. Am Ende lässt er ihr sein Manuskript vor Drucklegung zukommen, so dass sie Korrekturen vornehmen kann - bislang sicher nicht die übliche Praxis des Journalisten. Der Film zeichnet nicht allein ein reales Interview in Quiberon nach, sondern spürt auch der intensiven Begegnung der vier Beteiligten nach.


Unsere Berlinalekritik:
https://weltexpresso.de/index.php/kino/12260-3-tage-in-quiberon

Foto:
© Verleih

Info:
Darsteller:

Marie Bäumer
Birgit Minichmayr
Robert Gwisdek
Charly Hübner
Denis Lavant