Bildschirmfoto 2018 05 13 um 14.33.08Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 10. Mai 2018, Teil 10

N.N.

Oslo (Weltexpresso) –  Welche Bedeutung hat der Titel Was werden die Leute sagen?

Den Ausspruch „Was werden die Leute sagen” (log kya kahenge) werden vermutlich alle Pakistanis und Inder kennen. In Hindi und Urdu ist das ein sehr geläufiger Ausdruck, der häufig in traditionellen Familien und in einem sozialen Umfeld mit einem traditionellen Ehrbegriff verwendet wird. Und genau diese Konzentration darauf, was andere Leute sagen, möchte ich loswerden – diesen Fokus will ich an der Wurzel packen und ein für allemal rausziehen.


Und auf der ganz persönlichen Ebene, was bedeutet der Ausspruch für Sie?

f paksitan4Hinter der allgemeinen Ebene steckt darin mein ganz persönlicher Wunsch, ein ehrliches Leben zu leben. Mir selbst treu zu bleiben. Um die Dinge zu tun, die ich machen will und nicht für andere zu leben. Es entspricht überhaupt nicht meinem Wesen, mich an andere anzupassen. Deshalb finde ich es so spannend, genau hinzusehen, was es mit Menschen macht, wenn man den Bedürfnissen und Ansprüchen von anderen – oder auch einem ganzen System – nachkommt.

Es ist eine Art Befreiung, Mädchen, die einer strengen sozialen Kontrolle unterworfen sind, zu sagen: „Es ist hart, wenn ihr euch da mittendrin befindet, aber lasst euch niemals einschüchtern von dem, was andere wollen und denken.“


Hoffen Sie, dass der Film Diskussionen anstoßen wird?

Ich hoffe, der Film wird den Blick öffnen und ein besseres Verständnis für das Dilemma ermöglichen, in dem sich Eltern und Kinder befinden, die aus so unterschiedlichen Welten wie Nisha und ihr Vater kommen. Ich möchte niemanden provozieren, aber ich habe das starke Bedürfnis, eine wahre Geschichte zu erzählen.


Welche Inspiration steckt hinter der emotionalen Geschichte des Films?

f pakistan1Der Film basiert auf mehreren Ereignissen meines eigenen Lebens. Wie Nisha im Film hatte ich in meiner Jugend meistens norwegische Freunde. Ich fand es extrem unfair, als junges Mädchen nicht das tun zu dürfen, was allen anderen erlaubt war. Ich selbst wurde, als ich 14 Jahre alt war, von meinen eigenen Eltern entführt und musste mit meinen Verwandten in Pakistan leben. Drumherum habe ich aber noch eine Menge fiktionale Details in die Story des Films eingearbeitet.


Wie war der kreative Prozess von dem Moment an, als Sie die Idee zu diesem Film konzipiert haben?

Ich musste erst reif genug werden, um diese Geschichte in all ihren Nuancen erzählen zu können. Ich wollte vor allem vermeiden, dass es eine Geschichte über „schreckliche Eltern“ und ein „ganz armes Mädchen“ wird. Sich in die Situation der Eltern zu versetzen, ist natürlich für mich schwerer, als mich auf meine eigene Generation zu beziehen. Aber ich wollte versuchen, mich ihrer Mentalität zu stellen und mir beide Seiten anzuschauen. Zur Vorbereitung habe ich mit vielen Mädchen mit multikulturellem Hintergrund und auch mit Psychologen gesprochen, die mit Kinderschutzeinrichtungen arbeiten.


Welche Schlüsselelemente ziehen Sie beim Schreiben Ihrer Skripte am meisten an?

Als erstes interessiert mich immer das Narrative, die Geschichte. Darüber hinaus sind es die Themen soziale Kontrolle, familiäre Beziehungen und vor allem die innerfamiliäre Dynamik, die mich schon lange interessieren. Ich erforsche gern enge menschliche Beziehungen und die Art, wie wir miteinander interagieren.


Die Dreharbeiten fanden in Norwegen und Indien statt. Wie war es für Sie in Indien?

Die Arbeit in Rajasthan war eine magische Erfahrung für mich. Mein Vater und dessen Vorfahren sind von dort. Ich kann die Sprache und das hat schon mal sehr geholfen. Es hat sich für mich angefühlt, als hätte ich dort zu mir selbst gefunden. Ich war fünf Mal in Indien und habe Bilder und Erinnerungen mit meinem Vater geteilt, während er noch am Leben war. Das hat mir sehr viel bedeutet.


Wie war es, mit diesen – in Bezug auf Alter, Berufserfahrung und kulturelle Hintergründe – sehr unterschiedlichen Akteuren zu arbeiten?

Ich habe es geliebt, mit einem indischen Team zusammen mit Dänen, Deutschen und Schweden zu arbeiten. Die Schauspieler waren die ganze Zeit wirklich großartig, ich bewundere sie alle. Man kommt sich ja sehr nah in solch einem intensiven, kreativen Prozess wie einem Film. Maria Mozhdah, die die Hauptrolle spielt, ist ein wirklich erstaunliches Mädchen. Sie hat etwas ganz Außergewöhnliches. Die Chemie auf dem Set war so einzigartig, dass ich manchmal vergessen habe, dass sie erst 17 war.

Fotos:
Die Regisseurin © PandoraFilm

Info:
Das Interview ist dem Presseheft entnommen. Iram Haq ist 1976 geboren und hatte mit ihrem Kurzfilm LITTLE MISSE EYEFLAP 2009 auf dem Sundance Film Festival Erfolg, wie dann auch mit ihrem Spielfilmdebüt I AM YOURS im Jahr 2013 auf dem Toronto Internatiol Film Festival, das im gleichen Jahr von Norwegen für den Auslandsoscar eingereicht wurde. 

Übrigens in einem irrt sich die Regisseurin, wenn sie meint dieser Ausspruch sei nur in ihrer Kultur zu hören. Es ist der Slogan, unter dem die allermeisten Kinder aller Zeiten überall aufgezogen wurden. 

DARSTELLER
Nisha – Maria Mozhdah
Mirza – Adil Hussain
Amir – Rohit Saraf
Mutter – Ekavali Khanna
Asif – Ali Arfan
Tante – Sheeba Chaddha
Onkel – Lalit Parimoo
Salima – Jannat Zubair Rehmani
Daniel – Isak Lie Harr
Emily – Nokokure Dahl