Serie: 63. Internationale Filmfestspiele Berlin (7. - 17. Februar 2013), Teil 13
Romana Reich
Berlin (Weltexpresso) – Eine der wohlgelittendsten Reihen auf der Berlinale ist PANORAMA, dessen Programm heute – vollständig – veröffentlicht wurde. In der Reihe PANORAMA werden unter dem Motto: KÜNSTLERISCHE VISION GEGEN KOMMERZIELLE INTERESSEN? sowohl neue Filme bewährter Regisseure wie auch Debütfilme und Neuentdeckungen gezeigt.
Die Filme repräsentieren das Autorenkino, was heißt, daß die Handschrift des Filmemachers deutlich zu erkennen ist. ARTHOUSE Kino sagt man dazu in aller Welt, um den individuellen Aspekt für die Kinos zusammenzufassen. Die Filme feiern in Berlin ihre Welt – oder Europa-Pemiere. Das Panorama präsentiert insgesamt 52 Langfilme. Davon im Hauptprogramm 16 Spielfilme und 16 im Panorama Special. Panorama Dokumente bringt 20 Filme zur Aufführung. Zwei Vorfilme werden als thematische Ergänzung gezeigt. Von den Produktionen aus 33 Ländern sind 29 Weltpremieren. Elf Spielfilme sind Erstlingswerke und 20 Regisseurinnen präsentieren ihre Filme im Panorama.
Ein Spielfilm kam hinzu:Ayer no termina nunca (Yesterday Never Ends) von Isabel Coixet. Ein Tag im April 2017. Spanien befindet sich am tiefsten Punkt der Krise, mehr als sieben Millionen Menschen sind arbeitslos. Ein Paar trifft sich am Grab des Sohnes, das einer Casino-Stadt weichen soll. Wut, Hass und Bitternis brechen auf. Ein alptraumhafter Film, der weit über private Trauerarbeit hinaus auch auf eine gesellschaftliche Endzeit verweist. Coixet zeigte 1996 ihren zweiten Spielfilm Things I Never Told You im Panorama und war seitdem mehrfach Gast des Offiziellen Programms.
Mit Abschluss der Reihe Panorama Dokumente ist das Panorama 2013 komplett
Eröffnet wird am 8. Februar im Cinestar 7 um 17.00 Uhr mit der Weltpremiere des schwedischen Films TPB AFK: The Pirate Bay Away From Keyboard von Simon Klose. Anfang des Jahrtausends wächst die schwedische Filesharing-Plattform The Pirate Bay enorm, die Internetnutzern das einfache Teilen von Filmen und Musik ermöglicht. Der Prozess gegen die Gründer erscheint als ungleicher Kampf von Hollywood gegen drei freisinnige Computerhacker, die in Kloses Film so ganz anders erlebbar werden, als die Medienanwälte Hollywoods sie darstellen. Der Film wird zeitgleich mit seiner Panorama-Premiere frei ins Netz gestellt.
Den bereits gemeldeten Schwerpunkt „Palästina und der Nahe Osten“ ergänzt nun Art/Violence von Udi Aloni, Batoul Taleb und Mariam Abu Khaled. Am 4. April 2011 wurde der palästinensisch-jüdische Schauspieler, Regisseur und Friedensaktivist Juliano Mer-Khamis vor dem von seiner Mutter begonnenen Theaterprojekt Freedom Theatre im Flüchtlingslager Jenin ermordet. Seine Schülerinnen und Schüler aber geben nicht auf: „Juliano put us on stage and we will stay on stage“. Mer-Khamis inszenierte u.a. auch an der Schaubühne in Berlin.
La maison de la radio von Nicolas Philibert,Frankreich/Japan
Schon immer hat Philibert, den Schöpfer von Bildern, das „blinde“, die Fantasie anregende Medium Radio fasziniert. Millionen Menschen teilen diese Leidenschaft. Das Radio gibt für viele den Rhythmus ihres Tages vor, strukturiert ihn, lässt zwischen Küche und Bad die Welt ins Haus. Den eifrigen Machern dahinter setzt Philibert ein Denkmal. Er bringt das Unsichtbare auf die Leinwand, das, was aus dem Blickwinkel gerückt ist. Und damit das, was jeder Filmemacher sucht.
Narco Cultura von Shaul Schwarz, USA
„Musikfilme“ haben im Panorama Tradition, auch wenn es um die dunkle Seite des Mediums geht wie 2012 in „Blut muss fließen“ - Undercover unter Nazis. In Narco Cultura hat die Brutalität der mexikanischen Drogenbosse, der Narcos, zu einem neuen Popgenre geführt: Junge Menschen tanzen in Mexiko und den USA zur gewaltverherrlichenden Musik der neuen Volkshelden. Ein verstörender Einblick in eine Region, in der die Friedhöfe prächtiger sind als die Städte.
Dem letztjährigen vielfachen Preisgewinnerfilm Call Me Kuchu aus Uganda folgt Born This Way von Shaun Kadlec und Deb Tullmann. Wie fast überall auf der Welt flüchten sich im Kamerun Schwule und Lesben in den Schutz der Stadt, wo Aktivisten ein Zentrum aufgebaut haben, das sie vor der existenzbedrohlichen Homophobie schützen soll. Die Anwältin Alice Nkom kämpft unermüdlich um ihre rechtliche Vertretung.
Die britische Dokumentaristin Kim Longinotto, zuletzt 2001 mit Gaea Girls im Panorama, filmt starke Frauen, die jede für sich die Welt verändern. Jetzt ist sie zurück mit Salma: Als die muslimischen Eltern im Süden Indiens Salma mit dreizehn Jahren einsperrten und zur Heirat zwangen, widersetzte sie sich mit Gedichten, die sie aus ihrer Zelle schmuggelte. Heute, als berühmte tamilische Lyrikerin, stellt sie die dörflichen Traditionen in Frage.
Mit EXPOSED gibt die Underground-Künstlerin Beth B, deren frühere Arbeiten (u.a. Visiting Desire mit Lydia Lunch im Panorama 1997) bereits um Themen der sexuellen Repression und das Sprengen normativer Grenzen kreisten, Einblick in die New Yorker Neo-Burlesque-Szene, die den klassischen, meist auf den männlichen Blick ausgerichteten Striptease neu gestaltet und damit auf humorvolle, hintersinnige und teils auch schockierende Weise gängige Geschlechter-Klischees hinterfragt.
Der PanoramaPublikumsPreis PPP jeweils für den besten Spiel- und Dokumentarfilm wird wieder am Kinotag den 17. Februar im CinemaxX 7 um 17:00 Uhr verliehen. Im Anschluss kommt der Spielfilm zur Aufführung, gefolgt von der Präsentation des Dokumentarfilms um 20:00 Uhr. Im letzten Jahr beteiligten sich knapp 25.000 Zuschauer an der größten Jury der Berlinale.
Im Anschluss an die Verleihung des ersten Heiner-Carow-Preises am 14. Februar im Cinestar Event Cinema Berlin um 18:30 Uhr kommt Die Legende von Paul und Paula von Heiner Carow (DDR 1973) zur Aufführung.Der Heiner-Carow-Preis wird zur Förderung der deutschen Filmkunst an einen Dokumentar-, Spiel- oder Essayfilm der Sektion Panorama vergeben
Die Jury besteht aus drei Mitgliedern:
Stefanie Eckert, Referentin des Vorstands der DEFA-Stiftung, Berlin
Stefan Carow, Filmkomponist, Los Angeles, Sohn von Heiner Carow
Karim Ainouz, Filmemacher, Rio de Janeiro/Berlin
Heiner Carow (1929 -1997) war 1988 Mitglied der Jury der Internationalen Filmfestspiele Berlin. 1990 erhielt er für seinen Film Coming Out den Silbernen Bären und den Teddy Award.
Titelliste Neumeldungen
Panorama Special
Ayer no termina nunca (Yesterday Never Ends) - Spanien
Von Isabel Coixet
Mit Javier Cámara, Candela Peña
Weltpremiere
Panorama Dokumente
Art/Violence -Paläsinensische Gebiete/USA
Von Udi Aloni, Batoul Taleb, Mariam Abu Khaled
Weltpremiere
Bambi -Frankreich
Von Sébastien Lifshitz
Weltpremiere
Belleville Baby-Schweden
Von Mia Engberg
Internationale Premiere
Born This Way -USA
Von Shaun Kadlec, Deb Tullmann
Weltpremiere
Exposed-USA
Von Beth B
Mit Jeff Solomon, Lou Cubillo, Keith Reamer, Amanda Scarmozino
Weltpremiere
Fifi az khoshhali zooze mikeshad (Fifi Howls from Happiness) - USA
Von Mitra Farahani
Weltpremiere
La maison de la radio-Frankreich/Japan
Von Nicolas Philibert
Weltpremiere
Narco Cultura- USA
Von Shaul Schwarz
Europäische Premiere
Out in Ost-Berlin - Lesben und Schwule in der DDR (Out in East Berlin - Lesbians and Gays in the GDR) - Deutschland
Von Jochen Hick
Weltpremiere
Parade-Frankreich/USA
Von Olivier Meyrou
Weltpremiere
Paul Bowles: The Cage Door is Always Open-Schweiz
Von Daniel Young
Mit Paul Bowles, Gore Vidal, John Waters, Bernardo Bertolucci, Ira Cohen
Europäische Premiere
Salma - Großbritannien
Von Kim Longinotto
Internationale Premiere
TPB AFK: The Pirate Bay Away From Keyboard-Schweden
Von Simon Klose
Weltpremiere
Bereits gemeldete Dokumentarfilme:
A World Not Ours von Mahdi Fleifel, Libanon/Großbritannien/Dänemark - EP
Gut Renovationvon Su Friedrich, USA - IP
Naked Operavon Angela Christlieb, Luxemburg/Deutschland WP
Roland Klick - The Heart is a Hungry Hunter von Sandra Prechtel, Deutschland - WP
Sing Me the Songs That Say I Love You - A Concert for Kate McGarrigle von Lian Lunson, USA - EP
State 194von Dan Setton, USA/Israel - EP
The Act of Killing von Joshua Oppenheimer, Dänemark/Norwegen/Großbritannien - EP
(WP = Weltpremiere, IP = Internationale Premiere, EP = Europäische Premiere)
www.berlinale.de