N.N.
London (Weltexpresso) - Für Saoirse Ronan war die Aussicht, in einer weiteren Romanverfilmung von Ian McEwan eine Hauptrolle übernehmen zu dürfen, eine Freude: „Ich würde gern alle zehn Jahre in einer von ihm geschriebenen Geschichte mitspielen!", schwärmt sie. „Ian ist jemand, der Frauen als unglaublich geschickt und aus einer vielseitigen Perspektive beschreibt.“
Ronan räumt ein, dass sich die junge Briony in Abbitte und Florence in Am Strand charakterlich unterscheiden: „Aber dennoch beschäftigt sich Ian McEwan immer wieder mit der Frage des sozialen Drucks, der auf jungen Menschen lastet - egal, in welcher Zeit sie aufgewachsen sind“.
Sie empfand, dass Florence sowohl eine schwierige, als auch leicht zu spielende Figur war: „Aufgrund meiner persönlichen Beziehung zu Ian wollte ich natürlich seinem Werk gerecht werden. Er ist ein unglaublicher Geschichtenerzähler, der mit einer großen Sensibilität schreibt. Er versteht es, ein Bild zu erschaffen, weiß aber auch, dass der Film ein anderes Medium ist, anders die als Literatur. Und er gibt einem den nötigen Freiraum, die Figur so darzustellen, wie man es für richtig hält. Ian weiß genau, wer die Leute sind, über die er schreibt. Damit erleichtert er es uns Schauspielern, uns in unsere Rollen einzufinden“.
Billy Howle und Saoirse Ronan hatten kurz vor ihrem Dreh für Am Strand schon einmal miteinander gearbeitet bei The Seagull, der Verfilmung von Tschechows Drama Die Möwe.
Obwohl sich die beiden also bereits kannten, räumt Ronan ein: „Der Dreh für Am Strand war trotzdem harte Arbeit. Wir mussten in sechs Wochen ein Kostümdrama drehen, was immer eine Herausforderung ist. Und ich hatte bereits eine ziemlich arbeitsintensive Zeit hinter mir. Zwölf Monate lang war ich auf Pressetour für ‚Brooklyn – Eine Liebe zwischen zwei Welten‘, die dann nahtlos in einer sechsmonatige Preisverleihungstour überging. Danach begann ich gleich mit den Proben für mein erstes Broadway-Stück Die Hexenjagd. Das bedeutete, ich musste an den Wochenenden viel zwischen New York, London und Los Angeles hin- und herfliegen.“
Außerdem spielte Saoirse die Hauptrolle in „Lady Bird“ (2017) von Greta Gerwig: „Das haben wir an einem Samstag fertiggedreht und am Montag begannen schon die Dreharbeiten für Am Strand.“
„Die Menschen um mich waren zwar großartig, aber ich war irgendwie ausgelaugt. Mein Energielevel ging gegen null und es fühlte sich alles irgendwie wie eine Feuerprobe an. Dominic sagte zu mir: ‚Wenn du das jetzt durchziehst, kannst du alles schaffen‘“.
Ein Aspekt, der Saoirse bei den Dreharbeiten besonders gefiel, war Dominic Cookes Entscheidung, viele Szenen wie diejenigen im Hotel und am Strand als Plansequenzen zu drehen. Sie fühlte sich vor der Kamera beinahe wie auf einer Theaterbühne: „Es war toll für mich, weil ich gerade einige Monate zuvor Hexenjagd gemacht hatte. Billy Howle hat eine klassische Schauspielausbildung und Dominic kommt ebenfalls aus der Theaterwelt. Er brachte damit seinen Schauspielern und dem Kameramann großes Vertrauen entgegen, indem er die Dinge am Set manchmal etwas länger laufen ließ.“
Saoirse Ronan spürte auch, dass ihr das Sprechen in der sogenannten englischen Akzentform, der „Received Pronunciation“ (Akzent der britischen Oberschicht) dabei half, sich besser in Florences Charakter einzufinden: „Dieser Akzent sagt sehr viel über die Gesellschaft und die Schicht aus, in der ein Mensch aufwächst, wie er mit anderen umgeht und wie selbstbewusst oder zurückhaltend er auftritt.“
Dominic Cooke verschaffte seinen Hauptdarstellern einen schriftlichen Überblick über die Zeit von 1961/ 62 in England. „Die Musikstile, das Essen, die Angst vor der Atombombe – das waren alles Themen, mit denen wir uns beschäftigt haben“, sagt Saoirse. Außerdem studierte sie das Leben der meisterhaften Geigenspielerin Jacqueline du Pré, die einen ähnlichen familiären Hintergrund wie Florence hatte.
Der Strand Chesil Beach wird Saoirse besonders in Erinnerung bleiben: „Es ist äußerst schwierig, darauf zu laufen! Aber er ist wunderschön. Ians Entscheidung, Florences und Edwards Geschichte gerade hier anzusiedeln, war meisterhaft. Die Beschaffenheit und Beziehung, die dieser Strand zu dem ihn umgebenden Land und Wasser hat, ist einzigartig. Im Wesentlichen handelt es sich um einen Streifen Land, der ins Wasser ragt und somit irgendwie isoliert ist. Wir mussten ein Boot nehmen, um dorthin zu gelangen.“
Und Billy Howle sagt über sein Casting für Am Strand: „Schon beim Vorsprechen war klar, dass es eine wirklich interessante Chemie zwischen Saoirse und mir gab, auch wenn uns seit einem Jahr nicht mehr gesehen hatten. Es war ein Gefühl der Freiheit, das nur entsteht, wenn man sich vertraut – nicht nur als Schauspieler, sondern auch auf einer persönlichen Ebene“.
Billy Howle drehte vor Am Strand den Film Vom Ende einer Geschichte (2017), basierend auf dem Roman von Julian Barnes. Beide Filme beschäftigen sich mit den Veränderungen in der englischen Gesellschaft zu einer bestimmten Zeit. „Aber Am Strand hatte eine ganz neue emotionale Intensität."
Er gibt zu, dass ihn Aspekte von Edwards Persönlichkeit faszinierten, fügt aber hinzu: „Ich versuche nicht, über irgendeine der beiden Figuren zu hart zu urteilen und mir immer vor Augen zu halten, was Leute dazu bringt, sich widerlich zu benehmen – das tut Edward in Am Strand des Öfteren.“
„Obwohl Edward zurückhaltend wirkt, zeigt er sich von Zeit zu Zeit sehr angriffslustig“, so Howle über seine Rolle. „Sicherlich spielen auch hormonelle Gründe eine Rolle, aber bei Edward kommt auch noch eine Menge Wut, die aus einer gerechtigkeitsliebenden Empörung heraus entsteht, dazu. Wenn ihm oder jemandem, der ihm etwas bedeutet, Unrecht widerfährt, dann entwickelt er einen großen Zorn.“
Und Howle fügt hinzu: „Der Beginn der 1960er Jahre bedeutete immer noch eine Zeit der Unschuld. Wir befinden uns noch nicht in der schwungvollen Phase der späten 1960er Jahre - durch Edwards Musikgeschmack (er ist ein bekennender Chuck Berry-Fan) bekommen wir einen ersten Vorgeschmack auf die Zeit, in der der Rock ‘n' Roll prägend für eine ganze Generation werden sollte
Grundsätzlich ist Anfang der 1960er Jahre bereits ein amerikanischer, liberalerer Einfluss in der britischen Gesellschaft erkennbar. Man spürt, wie Edward mit der Welt um ihn herum in Konflikt gerät.“
Billy Howle war ähnlich wie Saoirse Ronan Chesil Beach fasziniert: „Hier erlebt man zu hundert Prozent Natur. Aber selbst an heiteren, gemächlichen Tagen liegt hier oft etwas Beunruhigendes in der Luft. Ich denke, dieser Naturzustand lässt sich sehr gut auf die menschliche Psyche übertragen. Sogar in stillen Momenten gibt es etwas Beunruhigendes in uns drin“.
Foto:
©
Info:
BESETZUNG
FLORENCE PONTING Saoirse Ronan
EDWARD MAYHEW Billy Howle
MARJORIE MAYHEW Anne Marie-Duff
LIONEL MAYHEW Adrian Scarborough
VIOLET PONTING Emily Watson
GEOFFREY PONTING Samuel West
STAB
REGIE Dominic Cooke
ROMANVORLAGE Ian McEwan
DREHBUCH Ian McEwan
©
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BESETZUNG
FLORENCE PONTING Saoirse Ronan
EDWARD MAYHEW Billy Howle
MARJORIE MAYHEW Anne Marie-Duff
LIONEL MAYHEW Adrian Scarborough
VIOLET PONTING Emily Watson
GEOFFREY PONTING Samuel West
STAB
REGIE Dominic Cooke
ROMANVORLAGE Ian McEwan
DREHBUCH Ian McEwan