50 fritz bauer tipHeute zeigt PHOENIX zum 5. Mal den Fritz Bauer Film von Ilona Ziok TOD AUF RATEN, 21.45, Teil 2/2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die ARD lehnt es also ab, den preisgekrönten Dokumentarfilm „Fritz Bauer – Tod auf Raten“ anläßlich des 50. Todestages des hessischen Generalstaatsanwalts im Ersten Deutschen Fernsehen zu zeigen. Das teilte die Programmdirektion auf Anfrage unseres Mitarbeiters Kurt Nelhiebel mit. Eine Begründung dafür wurde nicht genannt.

Die Deutsche Film- und Medienbewertung hatte dem Film 2010 einstimmig das Prädikat „Besonders wertvoll“ zuerkannt und ihn als „unermesslich wichtiges Zeitdokument“ bezeichnet. In dem Streifen kommen zahlreiche Zeitzeugen aus dem Umfeld des hessischen Generalstaatsanwalts zu Wort, der als Initiator des Prozesses gegen Beteiligte an den Massenmorden von Auschwitz weltweit bekannt wurde. Er kam1968 unter ungeklärten Umständen zu Tode.

Die Ablehnung des Dokumentarfilms über Fritz Bauer geht auf eine Entscheidung des Geschichtlichen Arbeitskreises der ARD vom November 2014 zurück. Als das Erste Deutsche Fernsehen kurz danach unter dem Titel „Der Anständige“ einen Dokumentarfilm über den Reichsführer SS, Heinrich Himmler, zeigte, von dem es im Berliner „Tagesspiegel“ hieß, er zeige den „Massenmörder als Biedermann“, kam es zu einem Konflikt zwischen den Beteiligten.

Aber nun soll die Rede davon sein, daß der Sender Phoenix heute erneut den Ziokfilm ausstrahlt. Sogar zum fünften Mal. Das muß einen nicht wundern, denn überall, wo der Film gezeigt wurde, fand er beeindruckte Zuschauer. Immerhin ist er acht Jahre alt und führt derzeit einen Siegeszug durchs Ausland. Die Anzahl der Sprachversionen ist unglaublich hoch, weil man überall gerne vom guten Deutschen vernimmt, der den eigenen Landsleuten den Spiegel der Nachkriegszeit vorhielt: die braven Bürger waren zu großen Teilen Mörder, ja Massenmörder gewesen, endlich einer, der sich traut, die Zähigkeit, das Durchhaltevermögen, die Leidenschaft für die Wahrheit mitbringt, um diese Menschheitsverbrechen vor Gericht zu bringen und die Reue der Täter zu versuchen. Denn Fritz Bauer war niemals der Nazijäger, wie er gern – im Spielfilm halt – karikaturhaft hingestellt wird, er war ein Aufklärer vor dem Herrn (nicht umsonst hat er die Humanistische Union mitgegründet), der die Wahrheit und das Wissen darum für die Deutschen als einzige Chance sah, eine echte Demokratie in unserem Land möglich zu machen.

Fritz Bauer wurde am 1. Juli 1968 mittags in seiner Wohnung tot aufgefunden. Wann genau der Tod in der letzten Nacht eingetreten war, ist nicht bekannt, denn rätselhafter Weise wurde er nicht gerichtlich obduziert. Weil sein Tod zudem völlig überraschend kam, denn der 1903 Geborene hatte sich entschlossen, als Generalstaatsanwalt auch nach der Pensionsgrenze weiterzuarbeiten und sein Antrag war vom Hessischen Kabinett gerade für drei weitere Jahre gebilligt worden, traten unmittelbar nach der Todesmeldung die ersten Gerüchte auf. Daß der Film FRITZ BAUER – TOD AUF RATEN denen nachgeht, zeichnet ja geradezu seine Wahrheitsfindung aus. Deshalb ist es nachgerade absurd, daß die ARD gerade in der Infragestellung des natürlichen Todes durch Freunde und Zeitzeugen ein Argument gegen den Film sieht. Drei Alternativen sind angeboten: ein von vielen bezweifelter natürlicher Tod aufgrund Medikamenten/Alkoholmißbrauchs, ein Selbstmord, gegen die gerade bewilligte Weiterarbeit als Generalstaatsanwalt spricht, ein Mord.


Für letzteren gäbe es einige Beweise, wobei das Unerklärliche und Verdachtfördernde eben auch darin besteht, daß Bauer nicht gerichtlich obduziert wurde, stattdessen seine Leiche sehr schnell verbrannt wurde. Das wird im Film von einigen thematisiert. Interessant außerhalb der Stimmen im Film zu lesen, was Rudolf Egg – einer der gefragtesten Kriminologen Deutschlands - der Filmemacherin zum Tode Bauers mitteilte, was sie dokumentiert hat:

„Sehr geehrte Frau Ziok,

nachdem ich mir mittlerweile Ihren Film über Fritz Bauer in Ruhe angesehen habe – noch einmal herzlichen Dank dafür – möchte ich mich noch einmal bei Ihnen melden. Ich war sehr beeindruckt, wie es Ihnen gelungen ist, aus vielen einzelnen Gesprächen, Stellungnahmen und Filmausschnitten eine spannende Dokumentation zu erstellen. Einige der darin angesprochenen Punkte waren mir zwar schon bekannt, doch ich habe auch viel Neues erfahren. Insbesondere die Aussagen zum Tod von Fritz Bauer haben mich sehr nachdenklich gemacht. Aus meiner Sicht gibt es berechtigte Zweifel an der Annahme, dass es sich dabei um einen "natürlichen Tod" gehandelt hat. Angesichts der vielen Anfeindungen und kritischen Äußerungen gegenüber Fritz Bauer wäre es wohl eine Pflicht der zuständigen Staatsanwaltschaft gewesen, die Todesursache und die näheren Umstände genauer zu klären, um auszuschließen, dass es sich dabei um eine Selbsttötung oder um ein Fremdverschulden (Mord) gehandelt hat. Weil aber der Leichnam rasch eingeäschert wurde, wird eine Beantwortung dieser Fragen wohl für immer unmöglich sein, es sei dann irgendein Beteiligter an einem eventuellen Mordkomplott bricht eines Tages sein Schweigen. Allerdings führt selbst eine forensische Obduktion und eine umfangreiche kriminalistische Analyse nicht immer zu einem schlüssigen, zweifelsfreien Ergebnis. Das zeigt der bis heute andauernde Streit um den Tod von Uwe Barschel im Jahre 1987, der wohl ebenfalls nie ganz aufgeklärt werden dürfte.

Ihnen gebührt jedenfalls das Verdienst, zum Leben und Sterben von Fritz Bauer zahlreiche Filmdokumente gründlich ausgewertet und in sehr anschaulicher Form zusammengestellt zu haben. Sie haben Fritz Bauer damit nicht nur durch eine Art filmisches Denkmal gewürdigt, sondern zugleich einen wichtigen Beitrag gegen das Vergessen der Grausamkeiten des Dritten Reiches und des zweifelhaften Umganges mit den historischen Fakten und mit den Tätern und Opfern im Nachkriegsdeutschland geleistet. Dafür verdienen Sie Dank und Anerkennung. Ihrem Werk wünsche ich Ihnen eine möglichst weite Verbreitung, insbesondere auch bei der jüngeren Generation – ganz im Sinne von Fritz Bauer.

Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Egg“

Foto:
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Info:
www.fritz-bauer-film.de