Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 16. August 2018, Teil 5
Claus Wecker
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - In München lief der Film beim diesjährigen Filmfest in der Reihe »Neues deutsches Kino«. Dabei hätte man ihn eher bei den »International Independents« vermutet. Denn »In the Middle of the River« von Damian John Harper ist überhaupt nicht deutsch, dafür sehr amerikanisch. Man mag kaum glauben, dass nur deutsche Produktionsfirmen dieses Werk gestemmt haben.
Ort der Handlung ist New Mexico: Der 26-jährige Gabriel (Eric Hunter) kehrt in das Haus seiner Familie in einem abgelegenen Trailerpark zurück. Im Irakkrieg ist er schwer verwundet worden, physisch wie psychisch, zudem ist er auf Drogenentzug. Das alles äußert sich bei ihm in extremer Aggressivität. Wutschnaubend demoliert er zu Beginn des Films den Handtuchhalter in einer Supermarkt-Toilette.
Doch mit seiner Aggressivität steht er nicht allein. In der Gegend leben Weiße, Latinos und Indianer in einer Atmosphäre ständigen Misstrauens und offener Feindschaft. Die halbwüchsigen Jungs haben bereits den Rassenkrieg ausgerufen. Die amerikanische Unterschicht scheint traumatisiert, der Schmelztiegel USA ist erkaltet.
Und die Zuschauer leiden mit, denn die fiebrige Handkamera von Bogumił Godfrejów lässt keine Distanz zu. Hautnah verfolgt sie das Geschehen. Und im Schneideraum hat Lorna Hoefler Steffen den Bildern das richtige Tempo gegeben. Nicht weniger bedrohlich ist der realistische Ton des Films (Ton-Design: Lajos Wienkamp), der zum Besten zählt, das derzeit im Kino zu hören ist.
Der angeschlagene Gabriel wird von seiner Oma und den beiden kleinen Kindern seiner Schwester mit offenen Armen empfangen. Seine Ex Dana (Nikki Lowe) , eine vor kurzem vergewaltigte Indianerin, die mit ihrem Kind bei ihren Eltern wohnt, ist dagegen sauer, weil Gabriel sie verlassen hat und zum Militär gegangen ist. Sein Problem sei, dass er nur an sich denke, je schneller er lerne, mit dem Herzen zu denken, desto schneller werde er Frieden finden und mit seinen Dämonen klarkommen, rät sie ihm.
»Vergib, und dir wird vergeben«, verkündet Gabriels religiöse Großmutter, und sie hat gute Gründe für diesen Satz. Ihr Enkel ist gekommen, um seinen gewalttätigen Großvater zu töten, den er für den Tod seiner Schwester verantwortlich macht. Die Großmutter hat alle Hände voll zu tun, die beiden Testosterongesteuerten auseinander zu halten.
Unermüdlich kreist dieses faszinierende Drama um das Thema Gewalt, auch um Kriegserlebnisse. In München bekam Harper den Förderpreis »Neues Deutsches Kino« für sein Drehbuch, in dem er souverän die vielen Handlungsstränge gebündelt hat. Es passiert eine Menge an der Grenze von zwei Counties in New Mexico. Der Fluss, der sie trennt, ist auch zu sehen. Nur auf der einen Seite kommt die Polizei, wenn sie gerufen wird.