„8. Kurdische Filmfestival“ in Berlin-Kreuzberg (Tagebuch 1)
Hanswerner Kruse
Berlin (Weltexpresso) - „Durchs wilde Kurdistan“ war eines der ersten und wenigen Bücher Karl Mays, die ich als großes Kind las. Das „8. Kurdische Filmfestival findet“ derzeit auch in einer recht wilden Gegend Berlins statt. Der Kietz um das älteste Kino Berlins, das „Moviemento“, ist recht heruntergekommen und der Übergang von Kreuzberg nach Neu-Kölln liegt im türkischen Gebiet der Hauptstadt. Beim Festival im letzten Jahr gab es Probleme mit kurdenfeindlichen Türken, welche die Polizei lösen musste. Aber in diesem Jahr blieb bisher alles ruhig, wie mir die Koordinatorin des Festivals versicherte.
Aus verschiedenen Gründen konnte ich erst am Sonntag zur Halbzeit in die ersten Festivalfilme gehen und sah zunächst „Tschick“ von Fatih Akin, der ja nicht gerade ein orientalischer Film ist. Doch Akin als kritischer Filmemacher sympathisiert auch mit den Kurden und die Veranstalter suchten einen Streifen für die Kids. Im „Kurzfilmprogramm 1“ sah ich eine geradezu programmatische Arbeit, in der ein kurdisch-syrischer Regisseur über Skype mit seinen geflüchteten, in Europa verstreut lebenden Freunden und Verwandten den „D-Day“, seinen Geburtstag vorbereitet und virtuell feiert („A country with no sea“).
Die digitalen Medien spielen in den Kurzfilmen eine große Rolle, Flüchtlinge im nahen Osten erfahren durch Smartphones und Tablets vom Näherrücken der IS, kommunizieren darüber mit Freunden und Familienangehörigen und müssen sich erneut auf die Flucht machen („Alan“). Ganz nebenbei sehen wir, dass die Kinder gerne berühmte Fußballer wie Renaldo werden möchten. Und die jungen kurdischen Teenies im Kino neben mir mümmeln während der Filme Popcorn und machen reichlich Gebrauch von ihren Smartphones...
Lana, einer kurdisch-irakischen Frau wird auf der Flucht ihr Phone mit allen Fotos geklaut. Berliner Kinder malen für sie ihre Geschichte. Aus den Bildern entsteht der gezeichnete Film „Lanas Geschichte“, der trotz - oder gerade aufgrund - seiner Naivität und Nüchternheit sehr berührt.
Der eindringlichste Kurzfilm aber ist „Sevince“, der die stumpfsinnige Langeweile und soziale Ausgrenzung einer muslimischen Mutter in einer kleinen aber namenlosen Stadt offenbart. Ihre leidenschaftliche Liebe zu einer anderen Frau wird durch eine willkürliche Entscheidung ihres Mannes zerstört, der nichts von ihrem Geheimnis weiß. Bereits in diesen wenigen Kurzfilmen wird die Spannweite des gut besuchten Festivals deutlich, das auch den in Europa, ja in der Welt verstreuten Kurden eine Möglichkeit zum Zeigen ihrer Filme gibt und damit ein Stück ihrer Kultur zu präsentieren.
Das Festival, auf dem Kurz- und Langfilme gezeigt werden, läuft noch bis zum 29. August.
Foto:
© Hanswerner Kruse
Info:
www.kurdisches-filmfestival.de