Bildschirmfoto 2018 09 10 um 02.38.27Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 6. September 2018, Teil 6

N.N.

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Wir sind in der Besprechung mit keinem Wort auf die durchaus ungewöhnliche musikalische Begleitung, die die Bilder durch Musik erfahren, eingegangen. Es sind im Film selbst nämlich keine Tonspuren vorhanden, die die Töne beim Drehen einfingen. Der Filmemacher spricht seine Überlegungen und Erklärungen zu den Bildern und dann...darüber informiert das Presseheft, einen Text, den wir gerne übernehmen. Die Redaktion

Über die Musik von „Palmyra“

Wie vertont man einen Essayfilm? Dieses neue Filmgenre steht zwischen Spielfilm und Dokumentarfilm: Der Filmautor begleitet alle Bilder mit seiner Erzählstimme und beeinflußt als unsichtbarer Darsteller die Wahrnehmung des Kinozuschauers.

Die Musik muß sich ihren Einfluss auf das Kinoerlebnis gegen diese Stimme selbst erkämpfen. Dies gelingt ihr in »Palmyra«, indem sie eine subjektive Rolle spielt und in den Sprechpausen und zwischen den Kapiteln aus dem atmosphärischen Hintergrund nach vorn tritt und die Thesen des Autors emotional kommentiert.

Wir haben es also mit einer selbstbewussten, jungen, aus der Sampletechnik des Hip-Hop hervorgegangenen Musik zu tun, die auch zu den Filmbildern eine ganz eigene Position bezieht. Sie bildet eine Soundscape, in der Geräusche überflüssig geworden sind, weil die Illusion eines realistischen Klangraums gar nicht mehr aufkommt.

Auch hier bricht »Palmyra« mit der Dokumentarfilm-Tradition, die das authentische Bild stets mit einem gleichzeitig aufgezeichneten O-Ton unterlegte. Die musikalischen Motive wirken dennoch nicht synthetisch. Sie sind fast Vollständig elektronisch erzeugt, variieren und collagieren viele Samples aus digitalen Libraries in einer Weise, die im Hörer Erinnerungen an Naturklänge und Musikinstrumente hervorruft. So entsteht ein neuartiger Sound, der das Kinoerlebnis wesentlich mitprägt und als eigenständige Komposition fasziniert.


DANIEL KIRSCHBAUM (31) konnte bei der Musikgestaltung für »Palmyra« auf ganz unterschiedliche Erfahrungen zurückgreifen. Er wuchs in Jekaterinburg in einer Künstlerfamilie auf, kam 1997 nach Deutschland und begann schon vor seinem Medienstudium an der Hochschule Darmstadt erste Beats zu kreieren und Songs zu schreiben. Er gründete die Internet-Band Pozitron und komponierte Musikstücke für die Rapper Sookee, Blessed Child, Captain Gips, Msoke und Refpolk. Kirschbaum hat musikalisch viel mit Jugendlichhen gearbeitet und Songs mit Immigranten-Kindern aus der Berliner Manege als CD produziert. Ein eigenes Musical „Plötzlich Zukunft“ inszenierte er 2014 mit Schülern in Kyritz. Seinen Master of Media Arts erwarb er 2015 an der Hochschule Darmstadt mit einer Soundscape-Komposition für den Kirchenraum.

Foto:
© Verleih

Info:
Ein Essayfilm von Hans Puttnies Deutschland 2017 – 90 Min.
Kamera, Buch und Regie: Hans Puttnies Schnitt,
Ton und Musik: Daniel Kirschbaum
Produktion: Sigrid Brügel-Puttnies
im Verleih von KAIROS Film Göttingen
www.palmyrafilm.de

Abdruck aus dem Presseheft