Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 11. Oktober 2018, Teil 1
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Das heruntergekommene Hotel El Royale nahe am Lake Tahoe hat nach dem Krieg auch schon bessere Zeiten erlebt. Allerdings gab es dort vor 10 Jahren auch einem Mord, bei dem ein geheimnisvoller Mann (Nick Offerman) umgebracht wird, der einen Koffer in einem der Hotelzimmer versteckt hat.
1969 treffen in der Hotellobby vier Fremde aufeinander, der Staubsaugervertreter Laramie Seymour Sullivan (Jon Hamm), der katholische Priester Daniel Flynn (Jeff Bridges), die Soul-Sängerin Darlene Sweet (Cynthia Erivo) und eine geheimnisvolle Unbekannte (Dakota Johnson), die eigentlich Emily Summerspring heißt. Sie werden vom Concierge Miles Miller (Lewis Pullman) empfangen, der noch einmal darauf hinweist, dass das Hotel genau auf der Grenze der beiden US-Bundesstaaten Kalifornien und Nevada liegt. Das führt dazu, dass die Zimmer und der Kaffee in Nevada billiger sind und dass der Alkohol nur in Kalifornien ausgeschenkt werden darf.
Jeder der Hotelgäste verfolgt seine eigenen Pläne und schnell stellt sich heraus, dass mit dem Hotel doch einiges nicht stimmt. So findet der Staubsaugervertreter sein Zimmer mit Abhörgeräten überhäuft, durch den Spiegel an der Wand können die Gäste überwacht werden. Emily holt eine entführte und gefesselte Frau (Cailee Spaeny) aus ihrem Kofferraum, der Priester sucht etwas in seinem Zimmer und reißt dazu den Boden auf und schüttet später der Sängerin etwas in ihr Getränk. Diese wiederum übt ununterbrochen in ihrem Zimmer. Recht bald kollidieren die Pläne und Ambitionen der Hotelgäste miteinander und es droht nicht nur eine Menge Ärger sondern auch die eine oder andere Schießerei.
Als dann auch noch der charismatische Sektenführer Billy Lee (Chris Hemsworth) mit einem Schlägertrupp im El Royale auftaucht, wird endgültig deutlich, dass die Gäste womöglich doch nicht nur aus Zufall in dieser Nacht im El Royale abgestiegen sind, dass es alles andere als eine normale Nacht im El Royal werden wird und dass nicht sicher ist, wer denn eigentlich den nächsten Morgen erleben wird...
"Bad Times at the El Royale" ist ein Episodenfilm. Nachdem die beteiligten Personen erst einmal im Hotel angekommen sind, werden deren Motive und Vorgeschichte von Regisseur und Drehbuchautor Drew Goddard sozusagen zimmerweise erzählt. Welche Rolle dabei die ominöse Tasche aus dem Vorspann spielt, bleibt lange unklar.
Drew Goddard wurde bekannt als Drehbuchautor und Regisseur von dem Horrorfilm "The Cabin In The Woods" (2012), in dem auch schon Chris Hemsworth mitgespielt hat, und als Drehbuchautor von Ridley Scotts "Der Marsianer – Rettet Mark Watney" (2015).
Bei dem hier besprochenen Film handelt nicht in allererster Linie um einen Horrorfilm, sondern er ist eine Hommage an Quentin Tarantinos "The Hateful Eight" (2015), der bekanntlich auch in Kapitel eingeteilt ist. Allerdings ist "El Royale" deutlich weniger blutrünstig, auch wenn es in der einen Nacht im Hotel durchaus Schießereien, Tote und Verletzte gibt.
Ebenso wie bei Tarantino stehen in Goddards Film neben den mysteriösen Personen mitsamt ihren immer nur stückchenweise erzählten Hintergrundgeschichten vor allem die ausführlichen Dialoge im Mittelpunkt. Dabei werden die einzelnen Kapitel entweder nach einem Zimmer oder einer Person benannt. Die Geschichten der einzelnen Personen werden kapitelweise bis ins kleinste Detail - meist in Rückblenden - erzählt: Was hat diesen Charakter ins Hotel El Royale geführt? Was verbirgt er? Was macht er gerade in seinem Hotelzimmer? Es dauert also einige Zeit, bis dem Zuschauer klar wird, worum es den handelnden Personen im Hotel eigentlich geht. Erst dann beginnen die Personen stärker miteinander zu interagieren. Diese Erzählweise führt dazu, dass sich der Film an einigen Stellen doch stark in die Länge zieht.
Dies ist auch dadurch begründet, dass einige der Charaktere durchsichtiger sind als andere. Am interessantesten ist eigentlich der von Jon Hamm gespielte großsprecherische Staubsaugervertreter Laramie Seymour Sullivan. Er wirkt sowohl unbedarft und undurchsichtig. Seine Figur ist allerdings derjenige, der den Zuschauer hinter die Kulissen des Hotels mitnimmt.
Bei Jeff Bridges' Priester Daniel Flynn ist eigentlich recht bald klar, wer er ist und was er im Hotel sucht. Bridges spielt seine Rolle aber wie immer gekonnt. Zusammen mit der britischen Schauspielerin und Sängerin Cynthia Erivo als Sängerin Darlene Sweet hat Bridges die beste Filmszene, wenn Daniel und Darlene mit ihren ganz besonderen Fähigkeiten zusammen dafür sorgen, dass ihre wahren Pläne nicht erkannt werden, obwohl sie dabei beobachtet werden.
Auch Dakota Johnson zeigt eine toughe Performance als geheimnisvolle Femme Fatale Emily Summerspring, die sich im Hotel statt mit einem Namen mit "Fuck You" anmeldet. Es wird aber recht bald klar, wer die junge Frau ist, die von Emily entführt wurde, warum sie sie entführt hat und wovor Emily sie schützen will.
Lewis Pullman hat als verängstigter Concierge Miles Miller sicher die undankbarste Rolle, denn er ist vor allem weinerlich und bekommt eigentlich während des gesamten Films kein eigenes Profil.
Erst spät fällt Chris Hemsworth als Charles-Manson-Verschnitt Billy Lee ins Hotel ein. Seine Rolle ist zwar recht blutig aber leider auch sehr oberflächlich gestaltet, selbst wenn er wieder mal im offenen Hemd im Regen stehen oder im Hotel einen Tanz aufführen darf. Hier hätte der Regisseur ohne Probleme etwas kürzen können, denn der Film ist mit 143 Minuten an einigen Stellen doch etwas zu lang geraten. Weniger wäre in einigen Szenen mehr gewesen.
Unglücklicherweise wird die durchaus witzige Prämisse vom Anfang, dass im El Royale die Grenze zwischen Kalifornien und Nevada einmal quer durchs Hotel und über den Parkplatz verläuft, im Laufe des Films nicht wieder aufgenommen. Auch wenn Miles als ein gelungener Gag, diese Infos bei jedem neu eincheckenden Gast gebetsmühlenartig herunterleiert.
Insgesamt ist "Bad Times at the El Royale" ein spannender und in Teilen auch blutiger Film mit einigen unerwarteten Wendungen, der leider durch die Kapitelstruktur etwas langsam in die Gänge kommt und dem es auch nicht geschadet hätte, wenn die eine oder andere Szene weggefallen wäre. Da aber die meisten Darsteller in ihren Rollen überzeugen konnten, ist dann doch noch ein sehenswerter Film entstanden.
Foto: Jeff Bridges (Father Daniel Flynn), John Hamm (Laramie Seymour Sullivan) und Cynthia Erivo (Darlene Sweet) © Twentieth Century Fox Germany
Info:
Bad Times at the El Royale (USA 2018)
Originaltitel: Bad Times at the El Royale
Genre: Mystery-Thriller
Filmlänge: 143 Minuten
Regie: Drew Goddard
Drehbuch: Drew Goddard
Darsteller: Jeff Bridges, Cynthia Erivo, Dakota Johnson, Jon Hamm, Chris Hemsworth u.a.
Verleih: Twentieth Century Fox Germany
FSK: ab 16 Jahren
Kinostart: 11.10.2018