fm gun crazyThe Hollywood-Blacklist - Filmreihe von Donnerstag, 1., bis Donnerstag, 29. November, im Kino des Deutschen Filminstituts & Filmmuseums

Helga Faber

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Während in den 1930er Jahren die Kommunistische Partei in den USA erheblichen Zuspruch auch unter Künstler/innen genoss, gerieten nach dem Zweiten Weltkrieg sozialistische Ideen infolge der durch den Kalten Krieg verursachten antikommunistischen Hysterie als „unamerikanisch“ massiv in Verruf. Im Zuge der Verfolgung echter oder vermeintlicher Kommunist/ innen sowie deren Sympathisant/innen in der McCarthy- Ära von 1947 bis Mitte der 1950er Jahre verloren Hunderte Filmschaffende ihre Lebensgrundlage.

Die von Hannes Brühwiler kuratierte Retrospektive ist den von der Schwarzen Liste betroffenen Filmschaffenden gewidmet. Sie war im September im Arsenal Berlin zu sehen und nun in einer Auswahl im Deutschen Filminstitut & Filmmuseum. In ihrer Summe ergibt sich eine linke Vision der USA, selten utopisch, dafür immer präzise analysierend. Es ist ein Kino des „hellsichtigen Pessimismus“ (Noël Burch), das heute nichts von seiner Dringlichkeit eingebüßt hat.


Donnerstag, 1. November, 18 Uhr und  Mittwoch, 7. November, 20:30 Uhr
HE RAN ALL THE WAY  Steckbrief 7-73
USA 1951. R: John BerryD: John Garfield, Shelley Winters, Wallace Ford. 77 Min. 35mm. OF

John Garfield als wichtigster Working Class Hero Hollywoods in einer letzten großen Rolle: Nach einem missglückten Überfall erschießt der Kleinkriminelle Nick einen Polizisten. John Garfield starb ein Jahr später mit nur 39 Jahren an einem Herzinfarkt. John Berry floh, als FBI-Agenten versuchten, ihm die HUACVorladung zu übergeben, durch ein Fenster aus seiner Wohnung und emigrierte nach Europa.

Vorfilm: THE HOLLYWOOD TEN (USA 1950. R: John Berry. 15 Min. 16mm. OF)


Donnerstag, 15. November, 18 Uhr und Samstag, 17. November, 20:30 Uhr
GUN CRAZY  Gefährliche Leidenschaft
USA 1950. R: Joseph H. Lewis
D: John Dall, Peggy Cummins, Berry Kroeger. 87 Min. 35mm. OF

Bart (John Dall) ist im Grunde ein friedlicher Kerl. Allerdings: Seit seiner Kindheit liebt er Schusswaffen und fühlt sich magisch von ihnen angezogen. Als er die verführerische Scharfschützin Annie (Peggy Cummins) trifft, ist es um ihn geschehen. Die beiden Waffennarren erfinden sich als Bonnie-and-Clyde-artiges Liebespaar neu und gehen dorthin, wohin ihre Waffen sie führen. GUN CRAZY, geschrieben von Dalton Trumbo, inszeniert von B-Movie-König Joseph H. Lewis, ist ein vertrackt-verführerisches Meisterwerk über die Faszination von Gewalt. Legendär ist die lange, vom Rücksitz eines Autos gefilmte Plansequenz.


Freitag, 16. November, 20:30 Uhr
FORCE OF EVIL  Die Macht des Bösen
USA 1948. R: Abraham Polonsky
D: John Garfield, Thomas Gomez, Marie Windsor. 79 Min. 35mm. OF

Der ehrgeizige Anwalt Joe Morse arbeitet an der Wall Street für einen Gangster, der das illegale Glücksspiel der Stadt unter seine Kontrolle bringen möchte. Während Joe aufsteigt, wird die Existenz seines ebenfalls im Wettgeschäft tätigen Bruders immer prekärer. Im Kino-Kosmos der Schwarzen Liste ist FORCE OF EVIL das bekannteste Werk, ein Fixstern, an dem sich andere Produktionen orientierten. Abraham Polonskys Regiedebüt ist eine der wütendsten Verurteilungen des Kapitalismus, die das USKino je hervorgebracht hat. Doch Polonsky geht noch weiter: Kapitalismus wird mit Kriminalität gleichgesetzt, und beide als sich gegenseitig bedingende Kräfte dargestellt.


Sonntag, 18. November, 18 Uhr
CRY, THE BELOVED COUNTRY  Denn sie sollen getröstet werden
Großbritannien 1951. R: Zoltan Korda
D: Canada Lee, Sidney Poitier, Charles Carson. 103 Min. 35mm. OF

Die zweite Zusammenarbeit von Zoltan Korda und John Howard Lawson spielt in Südafrika zu Beginn der Apartheid. Die Geschichte zweier Väter, der eine ein schwarzer Pfarrer, der andere ein weißer Farmer, deren Wege sich kreuzen, blickt geradezu nüchtern auf die Rassentrennung und deren Auswirkungen. „Diese englische Produktion über die südafrikanische Apartheid steht im bemerkenswerten Kontrast zu anderen zeitgenössischen Hollywood-Produktionen, die amerikanischen Rassismus thematisieren. Der Film gibt sich keiner Hoffnung auf Verbesserung und Versöhnung hin.“ (Thom Andersen, Noël Burch)


Dienstag, 20. November, 20:30 Uhr
THIEVES’ HIGHWAY  Gefahr in Frisco
USA 1949. R: Jules Dassin
D: Richard Conte, Valentina Cortese, Lee J. Cobb. 94 Min. 35mm. OmfU

Donnerstag, 22 November, 18 Uhr und Samstag, 24. November, 20:30 Uhr
THE BREAKING POINT  Menschenschmuggel
USA 1950. R: Michael Curtiz
D: John Garfield, Patricia Neal, Phyllis Thaxter. 97 Min. 35mm. OF

Ein ehemaliger Offizier der Kriegsmarine hält sich und seine Familie mühselig durch Vermietung seines Motorboots über Wasser. Von der Not getrieben, gerät er in dunkle Geschäfte mit Menschenschmugglern und anderen Gangstern, die ihn an den Rand des Verderbens bringen. Eine als epische Tragödie erzählte Romanadaption von Ernest Hemingways „To Have and Have Not“, deren atmosphärisch dichte Inszenierung und das Schauspielerensemble um Garfield THE BREAKING POINT zum vielleicht schönsten Film im Werk von Michael Curtiz machen.


Freitag, 23. November, 20:30 Uhr
SALT OF THE EARTH  Salz der Erde
USA 1954. R: Herbert J. Biberman
D: Juan Chacón, Rosaura Revueltas, Will Geer. 94 Min. 35mm. OmseU

Angeführt von Blacklist-Filmemachern und mit vielen Laiendarstellern 1953 in New Mexico gedreht, handelt der Film von einem Bergbauarbeiterstreik, in dem mexikanische Arbeiter für mehr Sicherheit und die gleiche Bezahlung wie ihre amerikanischen Kameraden kämpften. Besonderes Augenmerk wird auf die Frauen der Streikenden gelegt. Entgegen aller Widerstände – lokale Schlägerbanden, Hetzkampagnen in der Presse, FBI-Spitzel und schließlich die Deportation der mexikanischen Hauptdarstellerin – konnte dieser außergewöhnliche Film fertiggestellt werden.


Sonntag, 25. November, 18 Uhr und Dienstag, 27. November, 20:30 Uhr
GIVE US THIS DAY  Haus der Sehnsucht
Großbritannien 1949. R: Edward Dmytryk
D: Sam Wanamaker, Lea Padovani, Kathleen Ryan. 120 Min. 35mm. OF

Bevor Edward Dmytryk als einer der „Hollywood Ten“ seine Gefängnisstrafe antreten musste, drehte er in England noch den ungemein bewegenden GIVE US THIS DAY. Die Adaption von Pietro di Donatos Roman „Christ in Concrete“ handelt von einer Gruppe Maurer, die sich und ihre Familien nur mit Mühe während der Weltwirtschaftskrise über Wasser halten können. Für den Filmwissenschaftler Peter Bondanella ist es eine „der ersten Hollywood-Darstellungen von Italoamerikanern, die dabei auch den Einfluss des italienischen Films – namentlich des Neorealismus – reflektiert.“ Ein zentrales Werk des Kinos der Blacklist-Zeit und eine der großen Entdeckungen der Retrospektive.


Donnerstag, 29. November, 18 Uhr
M
USA 1951. R: Joseph Losey
D: David Wayne, Howard Da Silva, Martin Gabel. 88 Min. 35mm. OF

Im Remake von Fritz Langs M (DE 1931) weicht das Berlin der nervösen Zwischenkriegsjahre dem Los Angeles des Kalten Krieges. Auf den ersten Blick hält sich Losey dabei überraschend eng an die Handlung der Vorlage. Der von Polizei und Unterwelt gejagte Kindermörder wird hier jedoch viel deutlicher als Individuum, das Teil einer Gesellschaft ist, dargestellt. Während Lang seinen Film als aufwendige Studioproduktion inszenierte, streift Losey mit der Kamera durch das Los Angeles der 50er Jahre: In den Straßen, Gassen und Parkhäusern lässt sich auf beeindruckende Art erahnen, wie ein amerikanischer Neorealismus aussehen könnte.

Foto:
GUN CRAZY  Gefährliche Leidenschaft
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