Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 8. November 2018, Teil 1
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Als seine Tochter Karen mit 2 Jahren an einem Hirntumor stirbt, sucht der Testpilot Neil Armstrong (Ryan Gosling) nach neuen Herausforderungen. Er bewirbt sich als einer der wenigen Zivilisten um einen Posten im NASA Raumfahrtprogramm und wird auch angenommen.
Er wird 1962 ins Gemini-Programm aufgenommen und zieht mit seiner Frau Janet (Claire Foy) und seinen zwei Söhnen Mark und Ricky in eine Siedlung in Houston, in der auch die Familien anderer angehender Raumfahrer wohnen. Besonders freundet er und seine Frau sich mit den Nachbarn Edward White (Jason Clarke) und seiner Frau Pat (Olivia Hamilton) sowie mit Elliott See (Patrick Fugit) an, der zu dieser Zeit außer Armstrong der einzige Zivilist im NASA-Programm war.
Das Gemini-Programm soll als Vorbereitung für die Apollo-Mission dienen, dessen Ziel es ist, erstmals einen Mensch auf den Mond zu schicken. Während der Tests kommt es immer wieder zu Unfällen und es kommen auch regelmäßig Mitglieder der Trainingsgruppe ums Leben, so auch Neils Freund Edward White.
Während bei den Tests der USA immer wieder Pannen auftreten, absolviert die UdSSR mehrere erfolgreiche Weltraum-Missionen. Dadurch steigt der Druck in den Staaten auf die NASA, denn die USA will ihren Status als Weltmacht keinesfalls verlieren. Daneben gibt es in Amerika auch immer mehr Proteste gegen den Vietnam-Krieg, gegen den Rassismus und auch gegen die "Verschwendung" von Geldern für das Raumfahrtprogramm, vor allem weil immer wieder Trainingsversuche der NASA scheitern und teils tödliche Folgen haben.
Doch dann wird Neil Armstrong als Kommandant der Apollo-11 Mission ausgewählt.
Während sich Neil immer stärker auf seine Arbeiten bei der NASA fokussiert, schottet er sich gleichzeitig immer deutlicher vom Familienleben ab. Doch seine Frau Janet merkt, was es für sie und die Kinder bedeutet, wenn der Familienvater irgendwann nicht mehr nach Hause kommt, wie es ja in der Nachbarschaft schon mehrere Male geschehen ist. Sie verlangt deshalb von Neil, dass er seine Söhne über die Gefahren seiner Mission aufklärt und sich vor dem Start auch von ihnen verabschiedet.
Die Crew von Apollo-11 soll nach einigen Problemen nun in Juni 1969 den Mond direkt anfliegen. Armstrong wird dabei zusammen mit Buzz Aldrin (Corey Stoll), dem Piloten der Apollo-11 Mondfähre Eagle, den Mond betreten, während Michael Collins (Lukas Haas), der dritte Mann an Bord, als Pilot des Raumschiffs alleine in der Umlaufbahn um den Mond zurückbleibt....
Neil Armstrong ist bekanntlich der erste Mensch, der den Mond betreten hat. Deshalb gilt er sicher als einer der größten Helden des 20. Jahrhunderts. "Aufbruch zum Mond" erzählt eindringlich die enormen Konflikte und Entbehrungen, mit denen Neil Armstrong vor und während seiner legendären Mond-Mission konfrontiert war. Neben den persönlichen Problemen - ausgelöst durch den Tod seiner zweijährigen Tochter Karen durch einen Hirntumor - schildert der Film die dramatischen Ereignisse während des amerikanischen Raumfahrtprogramms zwischen 1961 und 1969.
Das Drehbuch von Josh Singer basiert auf der offiziellen Biografie des Historikers James R. Hansen von 2005 mit dem englischen Titel First Man: The Life of Neil A. Armstrong.
"Aufbruch zum Mond" ist die vierte Regiearbeit von Damien Chazelle, dessen zwei letzte Filme "Whiplash" (2014) und "La La Land" (2016) zusammen neun Oscars gewonnen haben. Chazelle selbst wurde für das nostalgische L.A.-Musical mit dem Oscar für die Beste Regie ausgezeichnet. Für seinen neuen Film hat er - wie schon bei "La-La-Land" - Ryan Gosling für die Hauptrolle des Neil Armstrong gewinnen können. Dies ist Chazelles erste Regiearbeit, bei der er nicht selbst das Drehbuch verfasst hat und die sich auch nicht mit Musik beschäftigt. Der Film ist sicher auch aus diesem Grund merklich konventioneller ausgefallen als seine früheren Filme.
Da Damien Chazelle zurzeit sicher die Stars in Hollywood die Bude einrennen, konnte er auch kleinere Rollen mit hochkarätigen Schauspielern besetzen. So sind neben Jason Clarke als Edward White, Corey Stoll als Buzz Aldrin, Patrick Fugit als Elliott See oder Lukas Haas als Mike Collins z.B. noch Ciarán Hinds als Robert Gilruth, der Direktor des Johnson Space Centers der NASA, Kyle Chandler als Deke Slayton, der Direktor der Flight Crew Operations und Pablo Schreiber als Jim Lovell, Armstrongs Ersatzkommandant der Apollo-11 Mission im Film zu sehen.
Janet Armstrong wird von der Engländerin Claire Foy gespielt, die gerade als Elizabeth II in der TV-Serie "The Crown" geglänzt hat und die demnächst als Lisbeth Salander in "The Girl in the Spider's Web" (deutsch "Verschwörung") zu sehen sein wird.
Foy spielt Janet als eine aufopferungsvolle Ehefrau, die aber lernt, mit der Zeit immer selbständiger zu werden und für ihre eigenen Bedürfnisse einzustehen, was dann auch zu Schwierigkeiten mit ihrem zurückhaltenden und häufig einsilbigen Mann führt.
"Aufbruch zum Mond" beschäftigt sich zwar auch mit den Weiten des Weltalls, hauptsächlich spielt der Film aber auf viel engerem Raum. Es geht hier zwar auch um den Astronauten und Helden Neil Armstrong aber vor allem wird hier der Mensch und Familienvater gezeigt. Dabei wird schon zu Beginn klar gezeigt, welche Auswirkungen der Tod der kleinen Karen auf das Ehepaar Armstrong hatte und wie sich Neil danach immer verbissener in seine Arbeit vertieft. Je weiter die Mission fortgeschritten ist, desto mehr entfernt er sich von seiner Familie. Dies wird besonders deutlich in einer Szene, in der Janet ihren Ehemann zwingt, seinen beiden Söhnen Rede und Antwort zu den Gefahren der anstehenden Mondmission zu stehen. Armstrong ist nicht fähig den Jungen eine ehrliche Antwort zu geben, inklusive einem unbeholfenen "Noch Fragen?" und statt einer Umarmung einen Handschlag, mit dem er sich von seinen Kindern verabschiedet.
Natürlich werden neben dem persönlichen Schicksal von Neil Armstrong auch die wichtigsten Stationen des amerikanischen Raumprogramms von 1962 bis hin zur Mondmission Apollo-11 gezeigt. Dabei veranschaulicht der Film nicht nur die heutige Heldenverehrung, sondern stellt auch dar, dass in den USA auch öffentliche Zweifel an der Mondmission aufkamen, vor allem vor dem Hintergrund des Vietnam-Krieges und dem Aufbegehren der schwarzen Bevölkerung in den 1960er Jahren.
Der Film ist zweifelsfrei ein spannendes Porträt eines Mannes, der eisern an seinem Ziel festhält. Allerdings versucht der Regisseur das auch durch recht viele Nahaufnahmen von Ryan Goslings Gesicht zu zeigen, natürlich sind da kaum Regungen zu sehen. Denn Neil Armstrong bleibt während des gesamten Films ein äußerlich unnahbarer Mann. Dies führt aber auch dazu, dass man als Zuschauer sich zu langweilen beginnt, denn leider sind dadurch viele der Nahaufnahmen ermüdend und ziehen den Film unnötig in die Länge.
Wunderbar gelungen ist allerdings neben den Special Effects die Kameraarbeit von Linus Sandgren, der schon mit Damien Chazelle bei "La La Land" zusammen gearbeitet und dafür auch einen Oscar gewonnen hat. Denn sobald die Astronauten in die Raketen einsteigen, verengt sich nicht nur die Perspektive, sondern bei jedem Start ruckelt es im Cockpit und es vereist die Frontscheibe, bis dann die Lämpchen wieder zu leuchten beginnen und der Flug ruhiger wird. Das ganze Innere der Raumkapseln wirkt ausgesprochen klaustrophobisch.
Justin Hurwitz hat wie schon bei den vorherigen Filmen von Damien Chazelle die Musik komponiert. Bedauerlicherweise wirkt die Musik in diesem Film nicht selten störend, zu laut und zu aufdringlich.
"Aufbruch zum Mond" ist von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) mit dem Prädikat "besonders wertvoll" ausgezeichnet worden. Es ist ein gelungenes Drama, das sich auf den Lebensabschnitt von Neil Armstrong von 1962 bis 1969 bezieht, also unmittelbar vor und während seiner Mond-Mission. Auch wenn der Film mit 143 Minuten etwas zu lang geraten ist, ist er sowohl eindrucksvoll bebildert als auch so spannend erzählt, dass man - obwohl der Ausgang ja bekannt ist - doch bis zum Schluss der Mission mitfiebert. Er ist deshalb bei aller Kritik unbedingt sehenswert.
Foto: (v.l.n.r.): Lukas Haas als Mike Collins, Ryan Gosling als Neil Armstrong und Corey Stoll als Buzz Aldrin © Universal Filmverleih GmbH
Info:
Aufbruch zum Mond (USA 2018)
Originaltitel: First Man
Genre: Drama, Biopic
Filmlänge: 143 Minuten
Regie: Damien Chazelle
Drehbuch: Josh Singer nach der Biografie von James R. Hansen
Darsteller: Ryan Gosling, Jason Clarke, Claire Foy, Kyle Chandler, Corey Stoll, Ciarán Hinds, Christopher Abbott, Patrick Fugit, Lukas Haas u.a.
Verleih: Universal Filmverleih GmbH
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 08.11.2018