fm shoah1Den ungekürzten und tief beeindruckenden Klassiker über die Nazi-Greul zeigt das Filmforum Höchst heute am 11. und am 12. November 

Helga Faber

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Als 1985 Claude Lanzmanns SHOAH in Frankreich in die Kinos kam war es das markanteste Kinoereignis des Jahrzehnts. Simone de Beauvoir schrieb am 28.4.1985 in der Tageszeitung „Le Monde“: „Es ist nicht einfach, von SHOAH zu sprechen. Es steckt Magie in diesem Film, und Magie lässt sich nicht erklären. Wir haben nach dem Krieg unzählige Berichte über die Ghettos, über die Vernichtungslager gelesen; wir waren erschüttert. Doch wenn wir heute Claude Lanzmanns außergewöhnlichen Film sehen, merken wir, dass wir überhaupt nichts gewusst haben.
Trotz all unserer Kenntnisse blieb die grauenhafte Erfahrung uns doch äußerlich. Zum ersten Mal nun leben wir sie in unserem Kopf, unserem Herzen, unserem Fleisch. Sie wird die unsere. Weder Fiktion noch Dokumentation, gelingt SHOAH diese Verlebendigung der Vergangenheit mit erstaunlich sparsamen Mitteln: durch Orte, Stimmen, Gesichter. Die große Kunst von Claude Lanzmann vermag die Orte zum Sprechen zu bringen, sie mittels der Stimmen wiederzuerwecken und jenseits aller Worte das Unaussprechliche, Unsägliche durch Gesichter auszudrücken.“

Claude Lanzmann ist am 5. Juli diesen Jahres in Paris verstorben und so ist die Aufführung von SHOAH, der in zwei Teilen im Rahmen der Veranstaltungsreihe zum Novemberpogrom 1938 in Zusammenarbeit mit der seit 38 Jahren tätigen „Höchster AG Geschichte und Erinnerung“ läuft, auch als eine Verneigung vor Lanzmann und seinem Werk zu verstehen. Gerade in einer Zeit, in der sich Rassismus und rechtsradikales Gedankengut erneut ausbreitet, ist es wichtig, diesen Referenzfilm über den Holocaust wieder auf die Leinwand zu bringen.

Länge, Personenzahl und Themenvielfalt machen das Werk zu einem Monumentalfilm. Kein einziges Archivdokument wurde verwendet, für den Film wurden 350 Stunden Material in der Gegenwart gedreht. Die Recherche dauerte dreieinhalb Jahre und führte durch 14 Länder. Zwischen 1976 und 1981 gab es zehn Drehperioden. „SHOAH“ ist ein nichtfiktionales Werk, dessen Protagonisten - Juden, Nazis, direkte oder fernere Zeugen der Vernichtung - alle tatsächlich an den rekonstruierten Ereignissen beteiligt waren. So bildet der Film einen Gegensatz zu Legenden, Mythen und Fiktionen, die die erbarmungslose und nackte Wirklichkeit des Holocaust zersetzen, verwässern und zu einer hemmungslosen, uneingeschränkten Trivialisierung führen können.

„Mein Anliegen war es, einen Film zu drehen, der dieses wichtigste Ereignis der Zeitgeschichte in voller Größe rekonstruiert. Es sollte ein Werk werden, das sowohl die Geschichte dokumentiert, als auch über die Geschichte reflektiert und so dem Ereignis gerecht wird. Statt mich auf bestimmte Kapitel oder Episoden der Judenvernichtung in Europa zu beschränken, wollte ich den Genozid insgesamt und in seinen gigantischen Ausmaßen erfassen. Ich wollte seine bis in die Gegenwart wirksamen, bis heute noch nicht voll aufgedeckten und ergründeten Folgen deutlich machen“, sagt Claude Lanzmann.

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© Veranstalter

Info:
So, 11.11. um 18.30 Uhr: Shoah (1. Teil) FR 1974 – 1985, ca. 300 min. (OmU)
Mo 12.11. um 18.30 Uhr: Shoah (2. Teil) FR 1974 – 1985, ca. 260 min. (OmU)

Filmforum Höchst, www.filmforum-höchst.de Emmerich-Josef-Str. 46a, 65929 Frankfurt a.M.
Eintritt 7 € (Frankfurt Pass 3,50 €)
Ab Bahnhof Höchst 4 min zu Fuß, (S1, S2, 10 min ab HBF), Parken Höchster Markt, kostenfrei!