f ws uns nichtSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 15. November 2018, Teil 2

Romana Reich

Berlin (Weltexpresso) – Die Figur eines Psychotherapeuten ist schon für sich interessant und in Filmen immer wieder die, die als Hintergrundfigur gefragt ist. Regisseurin Sandra Nettelbeck bringt nun den Psychotherapeuten Max (August Zirner) als Hauptfigur, um den sich allerlei interessante Leute scharen, allen voran Barbara Auer als Ex-Ehefrau und Jenny Schily als autistisch veranlagte Tierpflegerin, die ausgemustert werden soll.

Johanna ter Steege gehört zu dem hervorragenden Schauspielerensemble dazu, die zudem in gewisser Weise den Knackpunkt darstellt. Es gehört nämlich zu den – eigentlich – sehr ernsthaften Usancen des Berufsstandes der Psychotherapeuten, noch stärker als bei Ärzten insgesamt, daß man kein Liebesverhältnis mit Patienten eingeht. Aber wir erleben mit, daß der arme Max, der so traurig ist, weil er ständig anderen helfen will und muß und sich selbst nicht helfen kann, in seiner Patientin auf einmal einen Lichtpunkt erblickt, sich in sie verliebt und...

Doch erst einmal werden in diesem Ensemblefilm die verschiedensten Personen vorgestellt, in ihren Lebens- und Liebessituationen geradezu vorgeführt, was uns lieb ist, weil wir durchblicken, wie durcheinander sich die einzelnen im Leben gerade fühlen, so daß wir Zuschauer diejenigen sind, die schnell wissen, wie sich Männlein und Weiblein paaren sollte, um glücklicher zu werden als sie sind. Und das ist nicht so dahingesagt, sondern beruht auf hilfreichem Filmpersonal, das immer wieder den Zuschauer rührt.

Also von vorne: erst erfahren wir, wie traurig Max, der Psychohelfer für andere, selber ist. So traurig, daß er den traurigsten Hund aus dem Tierheim holt, genannt Panama. Daß er seine Exfrau Loretta so oft sieht, hat mit den gemeinsamen Töchtern zu tun, Eleonor (Lonie Hämer) und Esther (Maria Jecke), aber auch an der Verbundenheit, die sogar dazu führt, daß sie ihn um Rat fragt, ob sie ihr Verhältnis mit ihrem Dozenten – sie hat ein Medizinstudium begonnen – ausbauen sollte, was dieser unbedingt will. Aha, noch eine Beziehung, die eigentlich aus ethischen Gründen nicht sein sollte.

Natürlich ist das eine Masche, daß die Figur eines Psychotherapeut automatisch seine Patienten mit auf die Leinwand bringt, von denen wir als Vorurteil sowieso denken, sie hätten alle eine Macke, was ja stimmt, wenn wir uns eingestehen, daß in diesem Sinn jeder von uns eine Macke hat. Also auf diesem Hintergrund kann man ohne Scheuklappen oder schlechtes Gewissen die erfundenen Charaktere geradezu genießen: unter ihnen ist mit Ben (Mark Waschke) eine besonders spannende Figur gelungen, der als Fragezeichen durch den Film wandert.

Sophie wird am wichtigsten, sie kommt regelmäßig ins seine Sprechstunden, weil sie Führung und Rat braucht, immer ist sie gehetzt, kommt zu spät, und immer wieder unglücklich in ihrer Beziehung zu David (Peter Lohmeyer), glücklich aber in der Sorge um dessen Sohn Lars (Kristo Ferkic), um den sie sich kümmert und genau dabei auf Max außerhalb der Sprechstunde trifft, der seine Tochter zum Schulorchester bringt.

Toll auch das Geschwisterpaar Mark (Christian Berkel) und Henriette (Victoria Mayer), die symbiotisch ein Bestattungsunternehmen führen und dauernd Trost spenden müssen, den sie selber eigentlich brauchen. Tiefschwarz wird es mit Isabelle (Deborah Kaufmann), die ihre Beerdigung plant, weil sie nach dem Tod ihres Freundes, nicht weiterleben will. Das Schlimmste ist, daß er als Kriegsfotograf in Syrien verschwand, seine Leiche nicht auftaucht. Sie hört unaufhörlich seine Nachrichten auf Band ab und kann kein Wort mehr schreiben. Und da gibt es auch noch den Piloten Fritz (Oliver Broumis), dessen Lebensgefährte im Sterben liegt, was bei ihm Flugangst auslöst.

Diese Figuren, die Patienten von Max, interessieren uns alle, aber das Gefühl der Rührung wird bei Hannes (Bjarne Mädel) und Sunny (Jenny Schily) am stärksten. Gerade hat Bjarne Mädel in 25km/h im Part mit Lars Eidinger gezeigt, welch toller Schauspieler ist, was er hier wieder zeigt und sich endlich mal so richtig herumsprechen sollte. Hier hilft er mit aller Vorsicht der zwangsgestörten Sunny, läßt sich lieber selbst entlassen als daß sie gehen muß und zeigt eine Selbstlosigkeit, die endlich auch Sunny aufrüttelt und agieren läßt.

Nein, dieser Film bringt nicht zusammen, was nicht zusammengehört und deshalb auch keinen billigen Trost. Er bringt uns Einblicke in das Leben anderer, die uns im Alltag nicht so ohne weiteres bekanntwerden.

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© Verleih

Info:

BESETZUNG
Max              AUGUST ZIRNER
Sophie          JOHANNA TER STEEGE
Loretta          BARBARA AUER
Fritz              OLIVER BROUMIS
Sunny           JENNY SCHILY
Hannes         BJARNE MÄDEL
Mark             CHRISTIAN BERKEL
Henriette      VICTORIA MAYER
Isabelle         DEBORAH KAUFMANN
Ben               MARK WASCHKE
David            PETER LOHMEYER
Fabian          DAVID ROTT
Eleonor        LEONIE HÄMER
Esther          MARIE JECKE
Lars              KRISTO FERKIC
Laurie            LAUREN LEE SMITH
Robert          MICHAEL IHNOW