f loroSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 15. November 2018, Teil 9

Hanno Lustig

Köln (Weltexpresso) – Dieser Toni Servillo ist wirklich für vieles gut. In IL DIVO von Paolo Sorrentini mimte er Guilio Andreotti, das christdemokratische mehr als schlitzohrige Urgestein des Nachkriegsitaliens, wo er gefühlt Jahrzehnte Regierungschef blieb, bzw. immer wieder rankam, an die Macht. Und in LORO verkörpert der selbe Schauspieler beim selben Regisseur nun Silvio Berlusconi, der ebenfalls gefühlt seit Jahrzehnten die Politskandalnudel gibt.

Also dieser recht ordinäre Silvio Berlusconi – von heute her auf einmal ein früher italienischer Donald Trump - ist schon als Typ selbst wie ein Schauspieler, der sich öffentlich selbst darstellt. Aber nicht das sind die Gemeinsamkeiten, Mann und politische Macht, sondern eher alternder Mann, abnehmende Macht und welche Folgen das für ihre Sexualität hat und mit diesem Thema ist man gleich schon beim dritten Film von Sorrentino LA GRANDE BELLEZZA, einer hinreißenden menschlichen Komödie, in der erneut Toni Servillo den alternden Playboy Jep Gambardella gab. Dieser Film errang übrigens den Auslandsoscar 2014!

f loroscarDoch das ist lange her und wenn wir so gerne erst einmal die großen Taten von Paolo Sorrentini rühmen, hat das auch damit zu tun, daß wir mit diesem Film nicht so recht warm wurden. Es ist halt „Bunga-bunga“ das Motto, was zwar jeder versteht, aber gleichzeitig keiner genau deuten kann. Seit 2010 wurde dieser Ausdruck für die bekanntgewordenen Sex-Partys des damaligen italienischen Ministerpräsidenten, der sich in der sogenannten Ruby-Affäre nicht genierte, die Prostitution mit Minderjährigen selbst zu vollziehen. Übrigens ein Straftatbestand. Aber wie schon Wolf Biermann, der kundige Menschenseher tönte, „was verboten ist, das macht uns grade scharf“, denn „Keiner tut gern, was er tun darf,...“, rühmte sich Berlusconi noch seiner Taten. Da fragt man sich natürlich, was ein Film über diesen, uns widerlichen Typen noch bringen soll.

So geht es erst einmal gar nicht um Berlusconi, sondern um dies Phänomen Bunga-bunga, wo also für erwachsene und gut situierte Männer solche Partys mit Minderjährigen organisiert werden, wo nicht nur notgeile Alte hinstreben, sondern auch einer wie Sergio Morra (Riccardo Scamarcio) sein Glück versuchen will und den Zutritt zum Hof um Berlusconi sucht. Warum? Um sein Glück zu machen, um dazuzugehören, um Kohle zu machen, um jemand Wichtiges zu werden.

Klar, daß man das, worum es geht – Bunga-bunga – auch darstellen muß. Aber leider gewinnt man während des Zuschauens den sicher nicht gewollten Eindruck, daß dieses Bunga-bunga tatsächlich auch filmisch das Wichtigste bleibt. Denn wenn man ununterbrochen – mit Absicht so geschmacklos wie möglich – diese Szenerien von nackter Haut, vorrangig den Brüsten und Hintern, schlüpfrigen Situationen, Wohnreichtum mit schlechtem Geschmack, fließendem Alkohol etc. sieht, dann erschlägt das derart und widert so an, daß man eigentlich nur eines will: Dieses abgeschmackte Überwältigungskino soll aufhören.

Das wird auch nicht besser beim abgehalfterten Berlusconi, der auf Sardinien in seinem Großgrundbesitz vor sich hin mosert. Und zwar ausführlich. Da geht es auch um seine Frau, Noch-Ehefrau Veronica Lario (Elena Sofia Ricci), der gegenüber er die zweite, die persönliche Front verteidigen muß. Sie ist nicht nur sauer, sondern gibt ihm Saures dazu. 

Das alles ödet an und auch wenn man dann erfährt, was der Zuschauer ja erst einmal nicht weiß, daß der Regisseur das alles anders geplant hatte, also zwei Filme hätte drehen wollen, einmal diese Bunga-bunga-Geschichten, dann den privaten Berlusconi, so sind nicht nur die schon wieder 145 Minuten einfach zu viel, sondern schon während des Films bleibt einfach zu viel offen, was eigentlich hätte fertig erzählt werden sollen und wir deshalb mit dem Filmgeschehen in der Luft hängen.

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Info:
Darsteller:
Silvio Berlusconi / Ennio Doris . . . . . . TONI SERVILLO
Veronica Lario . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ELENA SOFIA RICCI
Sergio Morra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . RICCARDO SCAMARCIO
Kira . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .KASIA SMUTNIAK
Tamara . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EURIDICE AXEN
Santino Recchia . . . . . . . . . . . . . . . . . .FABRICIO BENTIVOGLIO
Fabrizio Sala . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .ROBERTO DE FRANCESCO
Paolo Spangnolo . . . . . . . . . . . . . . . . . DARIO CANTARELLI
Cupa Caiafa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ANNA BONAIUTO
Crepusculo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .ROBERT HERLITZKA