Bildschirmfoto 2018 12 05 um 21.05.32Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 6. Dezember 2018, Teil 1

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die Idee ist nicht neu, aber in der Konsequenz dann doch ungewöhnlich. Denn wenn der Filmtitel von 100 Dingen spricht, mit denen sie, wie die beiden Freunde Paul Konaske (Florian David Fitz) und Toni Katz (Matthias Schweighöfer) behaupten, sich entgegen dem herrschenden Konsumwahn beschränken zu können, so geht das Ganze auf der Suche, welche diese 100 Dinge sind, bei Null los. Also bei zwei nackten Männern.

Das ist dann schon eine Überraschung, die aber was hat, obwohl sie weidlich ausgewalzt wird, die Nackerei. Sie kommt erst später, denn wir lernen die beiden Start-up-Unternehmer Paul und Toni in einer spannenden Situation kennen. Sie haben nämlich eine App entwickelt, mit der die Gefühle, die Wünsche und damit die Kaufwünsche noch genauer analysiert und digital sofort angeboten werden können. Ein großes amerikanisches Unternehmen, aha, will für 4 Millionen sofort diese Idee aufkaufen und wird damit Milliarden verdienen.

Und als mit allen Angestellten dieser Verkauf gefeiert wird, kommen die beiden Freunde, die eben auch Konkurrenten sind, in einen Wortwechsel, der ihre App konterkariert und der so endet, daß sie sich gegenseitig überbieten, mit wie wenig sie auskämen, sie beide mit besagten 100 Dingen in ihrem Leben auf jeden Fall zurechtkämen. Schnell wird eine Wette draus, daß derjenige, der es nicht schafft, dem anderen die Hälfte seiner Anteile am Unternehmen geben muß. (Im Presseheft steht dann, sie müßten dann ihren Anteil den Angestellten überschreiben; aber im Film hörten wir es anders.) Dann schlafen beide alkoholisiert ein. Und als sie wieder aufwachen – ein bißchen Märchen darf sein – haben die Angestellten das Vorzeigeloft der beiden leergeräumt mitsamt der Kleider etc., was alles in einer Art Garage untergestellt ist, und natürlich haben sie ihre Chefs ausgezogen. Denn 100 Dinge fangen ja bei 0 an, bei einem nackten Menschen.

Daß das ein Ding wird und auch den Zuschauer miteinbezieht, der gar nicht anders kann, als auch zu überlegen, was denn für ihn die wesentlichen Dinge wären, macht den Film kurzweilige und eben paradigmatisch. Darum wollen wir gar nicht über die Dinge sprechen, bzw. berichten, in welcher Reihenfolge die beiden die Dingwelt wieder zu lassen. Klar, daß es mit der Kleidung beginnt, denn das Nacktsein bei brutaler Kälte wie hier, läßt erst auf den zweiten Blick den Vergleich mit der Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies aufscheinen. Denn diese waren ja auch zuvor nackt, aber sie fühlten sich erst nackt, sahen erst ihre Nacktheit erst, als sie aus dem Paradies vertrieben waren und die angekündigte schwere Arbeit, die Bewirtschaftung des Landes, die Selbstversorgung in Angriff nehmen mußten.

Der Plot ist nicht selbst erfunden, welche Idee und welcher Dokumentarfilm ihm zugrundeliegt, wird in einem der Folgeartikel dargestellt, wie überhaupt noch Details und Absichten weiter ausgeführt werden. Den beiden Schauspielern ist die Freude am Spiel deutlich anzumerken, das wäre alles perfekt, wenn der ganze Film nicht derart gutgelaunt daherkäme, daß einem irgendwann der Zorn packt, daß das ja nicht nur lustig ist, was wir sehen. Damit meinen wir nicht die beiden Nackten, die nach und nach mit Dingen angereichert weiterleben, sondern doch eher diese Harmlosigkeit, die den Film durchzieht. Er ist eben nicht antikapitalistisch, hat nichts mit Bewußtseinsindustrie zu tun, sondern wird nett dahinerzählt in einer Art, die man Mainstream nennt, populär, aber nicht ernsthaft. Leider nehmen Drehbuchschreiber, Regisseur und Hauptdarsteller die Geschichte eben nicht ernst. Dabei wäre es doch toll, wenn nicht eine harmlose, auch lustige Komödie ein solche Geschichte erzählte, sondern dem Konsumwahnsinn, der jetzt zu Weihnachten so richtig tobt, warum der Film wohl jetzt anläuft, mit Scherz, Satire, Ironie und tieferer Bedeutung zu Leibe gerückt würde. Man sieht ihn förmlich vor sich, einen derartigen Film, der sein Thema ernst nimmt und darum so richtig lustig werden könnte.

P.S. Die durchaus witzige Nebengeschichte mit der abgedrehten Lucy (Miriam Stein), die in Lagerräumen lebt, aber den Durchblick behält, ist hier genauso ausgelassen wie die Einzelgeschichten der Mutter (Hannelore Elsner) oder Oma (Katharina Thalbach). Diese kommen ausreichend in den Folgeartikeln vor.

Fotos:
© Verleih

Info:
Darsteller:

FLORIAN DAVID FITZ
MATTHIAS SCHWEIGHÖFER
MIRIAM STEIN
HANNELORE ELSNER
WOLFGANG STUMPH
MARIA FURTWÄNGLER
KATHARINA THALBACH als OMA KONASKE
Regie FLORIAN DAVID FITZ

Produzenten DAN MAAG, MATTHIAS SCHWEIGHÖFER, MARCO BECKMANN
Co-Produzenten FLORIAN DAVID FITZ, KLAUS DOHLE