Corinne Elsesser
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Eine kommerzielle "Mainstream-Blockbuster-Geschichte für Jedermann" wollte er diesmal erzählen, die das breite Publikum anspricht und ein Kinoerfolg wird, sagt der isländische Regisseur Benedikt Erlingsson über seinen neuesten Spielfilm. Dabei war sein 2013 in Cannes uraufgeführter Debutfilm "Von Menschen und Pferden" durchaus erfolgreich - allerdings vorrangig bei einem Arthouse- und Festivalpublikum.
"Gegen den Strom" (Kona fer í stríð) hat nun alles, was einen Actionfilm und Politthriller ausmacht. Und doch basiert er auf dem typischen trockenen Humor und der eigentümlichen Handschrift Erlingssons, die bereits in "Von Menschen und Pferden" so kurios beeindruckte. Die Actionszenen werden immer wieder von einer unvermittelt in der Landschaft auftauchenden Musikgruppe konterkariert, sozusagen als Personifizierung des Soundtracks. Ebenso surreal wirkt der bereits in "Von Menschen und Pferden" verloren in den Bergen umherirrende Tourist (Juan Camillo Roman Estrada), der eher wie ein Flüchtling aussieht und sich nicht zurechtfindet.
Die lebensfrohe alleinstehende Halla (Halldóra Geirharðsdóttir) engagiert sich neben ihrem Beruf als Chorleiterin tatkräftig als Umweltaktivistin. Sie geht dabei so subversiv vor, dass sie sich stets auf dem dünnen Grat zwischen legalem und kriminellem Handeln bewegt. Sie will die schöne Berglandschaft erhalten und bringt die im Wege stehenden Strommasten einen nach dem anderen zu Fall. Doch in Zeiten des Internets und anderer Überwachungsmechanismen kann man heutzutage kaum noch die Versorgungsnetze ganzer Regionen unbeobachtet lahmlegen. Sofort werden ihre Aktionen von einer heranfliegenden Drohne, ausgestattet mit Körperwärmedetektoren und weiterer Suchvorrichtungen, ins Visier genommen und Halla kann jeweils nur knapp einer Enttarnung entgehen.
So ist der Filmtitel durchaus wörtlich zu verstehen. Zugleich aber spielt er darauf an, wie wichtig es ist, auch "gegen den Strom" zu schwimmen. Island ist längst in die globalisierte Wirtschaft eingebunden und grossangelegte Industriefusionen wie der Teilverkauf der staatlichen Elektrizitätswerke an ein chinesisches Konsortium könnten durchaus Realität werden - mit allen Konsequenzen für die Bevölkerung und die Natur.
Halla bevorzugt eine andere Art der Globalisierung. Schon lange träumt sie von einer kleinen Tochter und erhält eines Tages einen Bescheid, dass eine Kriegswaise für sie ausfindig gemacht wurde, die in der Ukraine auf ihre Adoption warte. Inzwischen ist die Polizei Halla auf den Fersen und nur durch einen ebenso überraschend wie hintergründig inszenierten Trick kann sie ihrer Gefangennahme entkommen und in die Ukraine reisen, um Nika (Margaryta Hilska), ihre zukünftige Tochter, zu treffen. Ein weltumspannendes Unternehmen.
"Gegen den Strom" ist ein humorvoll inszeniertes Plädoyer, für seine Ideale zu kämpfen, auch wenn angesichts der Wirtschaftsstrukturen nur Nadelstiche gelingen.
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© Verleih
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Info:
Darsteller:
Halldóra Geirharðsdóttir
Juan Camillo Roman Estrada
Margaryta Hilska
Jóhann Sigurðarson
u.a.