Der Fall dauert etwas länger

Neu auf DVD, Blu-ray, 4K Ultra HD + Blu-ray, limitiertes Blu-ray Steelbook und als Download ab dem 13. Dezember 2018, Teil 2/2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Das eigentlich Widersinnige an der Geschichte erschließt sich erst später. Denn Ilsa Faust (Rebecca Ferguson) war sogar beauftragt, John Lark zu schützen, stattdessen hat sie ihn erschossen, um Ethan Hunt (Tom Cruise) zu retten. Es geht personell ganz schön durcheinander und es wird wichtig, die großen Linien im Kopf zu behalten. Da muß man noch mal am inhaftierten Oberhaupt Salomon Lane (Sean Harris) ansetzen. Denn im Austausch gegen das Plutonium will die Weiße Witwe zwei Köpfe, sie will zu seiner Rettung die Freilassung von Lane und sie will zu ihrer Vernichtung Ilsa Faust, genau die, die ja Lane umbringen will.

Jetzt jagen alle Hunt. Eine tolle Szene mit einer französischen Polizistin zeigt die Entschlossenheit und menschliche Einstellung des Superhelden, der seine Kraft nicht aus Überirdischem gewinnt, sondern aus sich selbst. Höchste Zeit, noch einmal darauf hinzuweisen, daß nicht nur die Sprünge des Superhelden original 'handgemacht' sind. Auch die Verfolgungsjagden, der gegenseitige Abschlachungsversuch - immer wieder mit Erfolg: also viele Toten – und das Überdächerspringen, alles hat Tom Cruise – geboren am 3. Juli 1962, also 56 Jahre alt - persönlich vor der Kamera vollbracht. Dabei kam es in London zum Bruch eines Fußes, was sieben Monat Aussetzungen der Dreharbeiten bedeutete. Da denkt man gleich an die Kosten, denn das sind ja riesige Menschen- und Materialmaschinen, diese Dreharbeiten. Doch die Kosten haben diesmal die Produzenten nicht belastet, die mußten – gute Verträge machen! - die Versicherungen tragen. Dazu hat man sie ja.

In London kommt es auch zum denkwürdigen Auftritt des IFM-Leiters Alan Hunley (Alex Baldwin), der sich auf einmal als John Lark outet, wie man später erkennt, war seine Kaltstellung durch Hunt nur eine Falle für Walker, der schlußendlich der wahre John Lark ist. Kommen Sie noch mit? Es sind also immer wieder verkehrte Verhältnisse, die das Unterste nach oben kehren, wie jetzt, wo Walker Hunley tötet, und das nach Europa geschickte CIA-Aufpasserteam längst mit Aposteln durchsetzt ist und mit Walker und Lane nach Kashmir aufbricht, um endlich die beiden Atombomben zu zünden, die die Wasserversorgung der Welt verseuchen sollen.

Arbeitsaufteilung: Das Team sucht im Camp die Bomben, findet sie... Hunt verfolgt im Hubschrauber Walker, der den dazugehörigen Zünder hat. Höhepunkt und wirklich atemberaubend ist dann der durch das Rammen der Maschine durch Hunt verursachte Absturz beider Hubschrauber, Hunts und Walkers, in den Bergen ,wo die dramatischsten Szenen an schroffen Felsabhängen stattfinden, eine unvergeßliche Kulisse, wo endlich Walker ohne den Zünder in die Tiefe stürzt und zur gleichen Zeit Hunts Leute die Bomben gefunden hatten und entschärfen.

Ex-Frau Julia (Michelle Monaghan), die am Anfang und am Schluß auftaucht, haben wir jetzt unterschlagen, weil sie für die Handlung auch nicht wichtig wird, wohl aber für die Charakterisierung des Helden Ethan Hunt. Da er weiß, daß sie immer das Ziel seiner Gegner sein wird, daß nicht er, sondern sie die gefährdetste Person ist, verzichtet er auf seine Liebe, damit sie unbehelligt leben kann.

Solche Gedanken haben wir selber, aber die zweite DVD, die den Film und seine Aufnahmen mit Hintergrundmaterial bereichert, erklärt, hinterfragt, bringt neben Informationen über die Kampfszenen, Verfolgungsjagden, vor allem über den Halo-Fall, der in Abu Dhabi aufgenommen wurde, eben auch Aufschlußreiches über den Charakter Ethan Hunt. Das Besondere an ihm ist, daß er nicht als der Superheld dargestellt wird, der alle ausschaltet und siegreich vorwärtsstürmen kann, sondern, daß eher das Gegenteil der Fall ist: er kann nicht handeln wie er will, er ist ständig in der Hinterhand, muß reagieren und durch die cleveren Reaktionen sein Heldentum beweisen, statt daß er den früher so beliebten allmächtigen Kerl abgibt, der die Welt regiert.

Wir finden diese Zuschneidung des Charakters Ethan Hunt eine interessante, zeitgenössische Heldeninterpretation, weil die Zeiten, wo einer die Welt regieren konnte, vorbei sind. Auch in der Filmwelt. Und die vier Frauenrollen, CIA-Chefin, Erica Sloan, Exfrau Julia, Gegenwartsliebe Ilsa Faust und Alanna Mitsopolis, die Weiße Witwe, sind angenehm differenziert. Daß man nur gemeinsam stark und erfolgreich ist, zeigen die Teammitglieder Benji Dunn und Luther Stickell. Und damit es nicht ganz unrealistisch wird, gibt es auch auf der ‚guten Seite‘ einen Toten: es ist der Leiter der IMF, Alan Hunley. Uns aber sagt das, daß beim nächsten Mal Alec Baldwin nicht mehr dabei sein wollte!