fm MagnificentObsession originalFilmreihe im Januar im Deutschen Filminstitut & Filmmuseum Frankfurt

Siegrid Püschel

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Douglas Sirk (1897-1987) wurde als Detlef Sierck in Hamburg geboren. Nach einer erfolgreichen Karriere beim Theater kam er 1934 bei der Ufa unter, wo er drei kurze und sieben lange Filme realisierte, bevor er 1937 emigrierte. 1942 fasste er unter dem Namen Douglas Sirk in Hollywood zunächst als Drehbuchautor, dann als Regisseur allmählich Fuß. Seine Hauptwerke drehte er in den 1950er Jahren vor allem für Universal.


Ende der 1950er Jahre erkannten in Frankreich Kritiker wie François Truffaut und Jean-Luc Godard in ihm den großen Regisseur, der er war. Nach einer Sirk-Reihe in einem Münchner Kino entdeckte ihn auch Rainer Werner Fassbinder als sein großes Vorbild und schrieb: „Douglas Sirk hat die zärtlichsten Filme gemacht, die ich kenne, Filme von einem, der die Menschen liebt und sie nicht verachtet wie wir.“ Dass Sirk mehr war als nur der „Meister des Melodrams“, zeigt die Auswahl seiner Filme in dieser Reihe.


Dienstag, 1. Januar, 20:00 Uhr
Donnerstag, 3. Januar, 18:00 Uhr
IMITATION OF LIFE  Solange es Menschen gibt
USA 1959. R: Douglas Sirk. OF

In IMITATION OF LIFE treffen zwei alleinerziehende Mütter und deren Töchter aufeinander: Lola, eine weiße Schauspielerin, stellt die Afroamerikanerin Annie als Haushaltshilfe ein, um an der eigenen Karriere arbeiten zu können. Während Lola bald ihren Durchbruch feiert, beschließt Annies hellhäutige Tochter, sich von ihrer Mutter und den afroamerikanischen Wurzeln loszusagen. Ein weiteres John-M.-Stahl-Remake und gleichzeitig Sirks letztes Werk. Dem Film gelingt es, der meisterhaften Vorlage weitere Bedeutungsschichten hinzuzufügen und die aufgeworfenen Fragen zu Rassismus und Klassenzugehörigkeit zu aktualisieren.


Mittwoch, 2. Januar, 18:00 Uhr
Freitag, 4. Januar, 20:15 Uhr
MAGNIFICENT OBSESSION  Die wunderbare Macht
USA 1954. R: Douglas Sirk. OF
In Douglas Sirks erstem Technicolor-Melodram spielt Rock Hudson einen rücksichtlosen Playboy, der die von Jane Wyman verkörperte Helen Philips durch eine Verkettung von Unfällen zur Witwe und Blinden macht. Als er sich in Helen verliebt, ändert er sein Leben radikal. Sirk nimmt der Neuverfilmung des gleichnamigen John-M.-Stahl-Films nichts von ihrer wendungsreichen Drastik, sondern stellt diese in aller Künstlichkeit mit seinem feinen Gespür für Farbkompositionen und Bildgestaltung aus. Der Erfolg seiner Version bescherte ihm und seinem Hauptdarsteller Rock Hudson den endgültigen Durchbruch bei Universal.


Sonntag, 6. Januar, 18:00 Uhr
Dienstag, 8. Januar, 20:30 Uhr
THERE’S ALWAYS TOMORROW  Es gibt immer ein Morgen
USA 1955. R: Douglas Sirk. OF

Der erfolgreiche Spielzeughersteller Clifford Groves lebt mit seiner Familie in öder Einfalt. Als er einer früheren Geliebten wiederbegegnet, beginnt er, von einem anderen Leben zu träumen. Sirk erzählt mit THERE’S ALWAYS TOMORROW die Geschichte eines häuslichen Albtraums im Gewand des romantischen Melodrams, aus dem es aller Versuche zum Trotz kein Entkommen zu geben scheint. Das Leitbild des Films offenbart sich dabei in der Analogie zwischen Groves und dem von ihm produzierten Spielzeugroboter Rex: Einmal aufgezogen, sind sie beide dazu verdammt weiterzugehen, bis sie den Geist aufgeben.


Donnerstag, 10. Januar, 18:00 Uhr
DAS MÄDCHEN VOM MOORHOF
Deutschland 1935. R: Detlef Sierck
DAS MÄDCHEN VOM MOORHOF drehte Sierck nach der gleichnamigen Erzählung von Selma Lagerlöf – 1917 bereits von Victor Sjöström verfilmt. Die Geschichte wurde von Schweden in die norddeutsche Heide verlegt und handelt von einem jungen Bauern, der mit einer reichen Amtsmannstochter verlobt ist, sich dann jedoch in eine einfache Magd verliebt, zudem eine Außenseiterin der Gemeinde, die aus Mitleid auf dem Hof aufgenommen wurde. Ein besonderes Augenmerk des Films gilt – den schwedischen Vorbildern der Stummfilmzeit entsprechend – der Landschaft und den anschaulich geschilderten Details des bäuerlichen Lebens.


Freitag, 11. Januar, 20:30 Uhr
SHOCKPROOF  Unerschütterliche Liebe
USA 1949. R: Douglas Sirk. OF
In diesem stilsicher inszenierten Film noir verliebt sich ein Bewährungshelfer in eine ehemalige Zuchthäuslerin, die noch immer unter dem schlechten Einfluss ihres ehemaligen Liebhabers steht. Das Leben des Mannes gerät in der Folge völlig aus der Bahn. Sehr zum Leidwesen Sirks wurde im Auftrag der Produktionsfirma Columbia ein unglaubwürdiges Happy End in das Drehbuch Samuel Fullers geschrieben. Trotzdem ist der Film bis kurz vor Schluss faszinierend.


Samstag, 12. Januar, 20:30 Uhr
ALL I DESIRE  All meine Sehnsucht
USA 1953. R: Douglas Sirk. OF
Von Sirk als eine Vorstudie zu IMITATION OF LIFE bezeichnet, ist ALL I DESIRE die erste von zwei Zusammenarbeiten des Regisseurs mit Barbara Stanwyck. Die gescheiterte Vaudeville-Schauspielerin Naomi Murdoch kehrt in die Kleinstadt zurück, der sie zehn Jahre zuvor den Rücken gekehrt hat. Dort sieht sie sich mit der Herausforderung konfrontiert, nicht nur der Dorfgesellschaft, sondern auch ihrem verlassenen Ehemann und den Kindern den Schein einer erfolgreichen Karriere vorzuspielen. Stanwyck gelingt es mit ihrem Spiel, kraftvoll und beinahe stoisch von zerbrochenen Hoffnungen und sozialer Enge zu erzählen.


Sonntag, 13. Januar, 18:00 Uhr
TAKE ME TO TOWN  Eine abenteuerliche Frau
USA 1953. R: Douglas Sirk. Technicolor-Farbdruckkopie. OF
Will Hall (Sterling Hayden) ist ein alleinerziehender Familienvater und Teilzeit-Prediger, der kürzlich seine Frau verloren hat. Seine drei Kinder beschließen, ihren Vater mit einer von Ann Sheridan gespielten Barfrau zusammenzubringen. Diese ist kurz zuvor nach einem Raub unter falschem Namen in der Kleinstadt untergetaucht. Diese eher selten gezeigte Westernkomödie in Technicolor ist einer von Sirks Lieblingsfilmen. Für den Film arbeitete der Regisseur zum ersten Mal mit Kameramann Russell Metty zusammen, der die Ästhetik der späteren Melodramen wesentlich mitprägte.


Dienstag, 15. Januar, 20:30 Uhr
SUMMER STORM  Sommerstürme
USA 1944. R: Douglas Sirk. OF
SUMMER STORM war Sirks zweiter Film in Hollywood und entstand nach dem Roman Das Drama auf der Jagd von Anton Tschechow. Er erzählt von Olga, der Tochter eines Holzfällers, die den Männern in ihrem Dorf den Kopf verdreht und ihre Anziehungskraft nutzt, um in der Gesellschaft aufzusteigen. Schon bald nach ihrer Heirat mit dem Gutsverwalter des Grafen lässt sie sich auch mit einem einflussreichen Provinzrichter ein. Sirk hatte den Stoff bereits bei der Ufa verfilmen wollen, bevor ihm der unabhängige US-Produzent Seymour Nebenzal schließlich die Chance dazu bot, und er hielt auch später SUMMER STORM für einen seiner besten Filme.


Donnerstag, 17. Januar, 17:30 Uhr
STÜTZEN DER GESELLSCHAFT
Deutschland 1935. R: Detlef Sierck
Die STÜTZEN DER GESELLSCHAFT sind eine freie Bearbeitung des gleichnamigen Theaterstücks von Henrik Ibsen. Konsul Bernick, ein reicher Werftbesitzer und Stadtrat, ist angesehener Bürger einer kleinen Hafenstadt. Seine Stellung wird jedoch bedroht, als sein Schwager, der vor vielen Jahren nach Amerika auswanderte, mit einem Zirkus in die Gemeinde zurückkehrt. Sierck behandelte hier zum ersten Mal das Thema einer nur scheinbar intakten Gesellschaft, hinter deren Fassade sich Lüge, Heuchelei und Engstirnigkeit verbergen.

mit Vorfilm: ZWEI WINDHUNDE
Deutschland 1934. R: Detlef Sierck


Freitag, 18. Januar, 20:30 Uhr
Sonntag, 20. Januar, 20:30 Uhr
WRITTEN ON THE WIND  In den Wind geschrieben
USA 1956. R: Douglas Sirk. Technicolor-Farbdruckkopie. OF
Die Geschichte eines Ölmagnaten und seiner selbstzerstörerischen Erben: der eine ein hoffnungsloser Playboy, die andere eine Nymphomanin auf der Suche nach Geborgenheit. Die eigentlichen Stars, Rock Hudson und Lauren Bacall, spielen zwei Außenstehende, die in das Unglück der Familie mit hineingezogen werden. Sirks barocke Ästhetik entfaltet sich dabei ungebremst: plastisches Technicolor, virtuose Kamerafahrten von Stammkameramann Russell Metty und eine wuchernde Symbolik voller unterdrückter Sexualität, Neurosen und unerfülltem Glück. Der Regisseur betrachtete WRITTEN ON THE WIND als seinen gewagtesten Film – sicher ist er einer seiner schönsten.


Donnerstag, 24. Januar, 18:00 Uhr
ZU NEUEN UFERN
Deutschland 1937. R: Detlef Sierck
ZU NEUEN UFERN war Zarah Leanders erster Film in Deutschland und begründete ihren Status als einer der größten Stars des deutschen Kinos. Die Handlung ist melodramatisch: Im England des 19. Jahrhunderts nimmt eine Sängerin eine Scheckfälschung ihres Geliebten, eines adligen Offiziers, auf sich und wird dafür nach Australien deportiert. Dort begegnet sie dem Offizier schließlich wieder; der liebt sie noch immer, ist aber unschlüssig und innerlich zerrissen. Meisterhaft geht Sierck mit Kamera und Licht um, und sein Porträt der bürgerlichen Gesellschaft ist auch hier schon von kritischer Schärfe.


Freitag, 25. Januar, 20:30 Uhr
THE TARNISHED ANGELS  Duell in den Wolken
USA 1957. R: Douglas Sirk. OF
Eine Faulkner-Adaption in elegant komponiertem, schwarzweißem CinemaScope und gleichzeitig ein weiterer Lieblingsfilm des Regisseurs im eigenen Œuvre: Mit den Stars aus WRITTEN ON THE WIND erzählt THE TARNISHED ANGELS von einem trinkenden Reporter in New Orleans während der Zeit der Depression. Dieser wird bei einer Flugshow auf ein vagabundierendes Kunstfliegerpärchen aufmerksam und beginnt, sich vor allem für die vernachlässigte Frau des Piloten zu interessieren. Eine Geschichte über Sucht, Begehren und Einsamkeit, die in einem spannungsvollen, todessehnsüchtigen Schlussakt ihren Höhepunkt findet.


Sonntag, 27. Januar, 17:30 Uhr
Dienstag, 29. Januar, 17:45 Uhr
A TIME TO LOVE AND A TIME TO DIE Zeit zu leben und Zeit zu sterben
USA 1958. R: Douglas Sirk. OF
Douglas Sirks vorletzter Film markierte die zeitweilige Rückkehr nach Deutschland. Basierend auf Erich Maria Remarques gleichnamigem Roman wird die Geschichte eines deutschen Soldaten erzählt, der sich während des Fronturlaubes in die Tochter eines Arztes verliebt. Diese ist mit Liselotte Pulver von einer der markantesten Schauspielerinnen der 1950er in Deutschland besetzt. „Die Story berührt etwas, was mich stark beschäftigt: die kurze Dauer des Glücks. (...) Glück muss es geben, denn sonst kann es nicht zerstört werden. (...) Nur dem Untergang geweihte Dinge können derart schmerzhaft zart sein.” (Douglas Sirk).

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