
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wer Hape Kerkeling kennt, den wird der Film interessieren, wer ein Fan von ihm ist, für den ist dieser Film über seine Kindheit ein Muß, aber auch für alle anderen gilt, daß man das Lebensgefühl einer ganzen Generation kennenlernt, die noch vom Krieg geprägt, den Frieden feiern will, was nicht allen gelingt, weshalb der kleine Hape der Spaßmacher für seine schwermütige Mutter wird, eine zutreffende Kindheitsmotivierung, die sein Leben als Unterhalter der Nation dann bestimmt, wobei die Kinderjahre, um die es allein geht, in Julius Weckauf einen Darsteller finden, der schon alleine lohnt, diesen Film anzuschauen. Unglaublich.
Natürlich kennen wir die Kunstfigur Hape Kerkeling, der gerade durch seine persönlichen Probleme und die Art, damit erst hilflos, dann entschlossen öffentlich umzugehen, in Deutschland auf viel Sympathie stieß, wozu die autobiographischen Schriften maßgeblich beitrugen, von denen auch sein JAKOBSWEG verfilmt wurde. Auch dieser Film von Caroline Link, die durch häufige Wiederaufführungen ihres oscarprämierten Films NIRGENDWO IN

Kind will man sein in dieser Großfamilie im Ruhrgebiet, das ist schon mal klar. Denn die familiären Bande sind so eng wie in ihrer Doppelfunktion von Kontrolle und liebevoller Zuneigung allen bekannt, die mit Tanten und Onkeln und Großeltern aufgewachsen sind. Es war von heute her eine heile Welt, weil das Leben nach dem Krieg alle Kräfte bündelte in eine Zukunftserwartung, daß es an einem selber läge, aus seinem Leben jetzt etwas zu machen, denn es kann nur nach vorne gehen. Der kleine Junge lebt erst auf dem Lande bei den einen Großeltern, dann in Recklinghausen bei den anderen. Er macht ständig gute Erfahrungen, aber für sein Lebensgefühl wird das Gegenteil entscheidend, denn seine erst einmal heitere und dem Kind zugewandte Mutter (Luise Heyer ) fällt mehr und mehr in tiefe Schwermut, eine seelische Empfindung, die sie nicht mehr kontrollieren kann.
Es ist anrührend, wie man die diesen kleinen Jungen in seinem Bestreben sieht, seine Mutter aus dem Loch herauszuholen, sie durch Faxen und Verkleidungen zum Lachen zu bringen. Und auch, wenn es psychologische Flickschusterei ist, aus dieser Situation das Leben und die Lebensbeschäftigung des Hape Kerkeling abzuleiten, liegt es einfach verdammt nahe. Denn er sieht eine Ursächlichkeit in seinen Anstrengungen, die Mutter zum Lachen zu bringen, und ihrem Selbstmord. Wäre er besser gewesen, hätte er Jürgen von Manger noch besser parodiert, besser gezaubert, hätte sie noch mehr gelacht über ihn, wäre sie am Leben geblieben. Welchen Zwang nach Selbstoptimierung das später für einen Erwachsenen bedeutet, das kann man sich gut vorstellen und eben auch, wie selbstrettend es ist, aus dieser Rolle auszubrechen, was Kerkeling ja gemacht hat.

Und daß vom Vater Heinz (Sönke Möhring) nicht weiter gesprochen wird, heißt das nur, daß er viel unterwegs ist, unter den Verhältnissen seiner Ehe leidet, aber sich hilflos fühlt und nichts machen kann.
Doch, er hat was dieser Film, der einen anrührt und auch lange nachwirkt, denn wie abhängig sind wir Erwachsenen von unserem eigenen Großwerden. Und heute, wenn man sieht, wie kleine Kinder schon auf ein Erwachsenenleben und soziale Positionen konditioniert werden, kommt einem eine Kindheit wie die von Hans Peter – außerhalb des Selbstmords – wie ein Lebensgeschenk vor. Das alles ist eingebunden in die Wärme einer Gesellschaft, die sich lang verbot, zurückzublicken, aber noch geprägt war vom Überleben und einer Hoffnung auf gute, auf bessere Zukunft. Insofern ist dieser Film ein klassischer Heimatfilm. Das auch noch.
Die Idee, den echten erwachsenen Hape Kerkeling in der letzten Einstellung auf den kleinen Hans Peter zurückblicken zu lassen, ist in der Einschätzung sicher Geschmackssache. Ich mochte dies nicht.
Fotos:
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Info:
Julius Weckauf Hans-Peter
Luise Meyer Margret
Sönke Möhring Vater Heinz
Hedi Kriegeskotte Oma Änne
Joachim Król Opa Willi
Ursula Werner Oma Bertha
Rudolf Kowalski Opa Hermann.