Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 7. Februar 2019, Teil 2
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Man stockt ein wenig, die Geschichte zu erzählen, weil sie gröber wird, auch unwahrscheinlicher als man sie im Film wahrnahm. Ein leiser Film, der wie selbstverständlich seine Personen agieren läßt, wo man erst im Nachhinein aufmerkt, daß das alles nicht so selbstverständlich ist, was wir auf der Leinwand sahen.
Und ehe wir jetzt lange drumherumreden, muß die Geschichte von Stefan Gabriel (Martin Wuttke her, der sein Päckchen zu tragen hat, dies aber auf unsentimentale Weise tapfer beiseite schiebt und seinen Schwimmbadbesuchern ein verläßlicher Bademeister und seinen zwei Töchtern ein liebevoller Vater ist. Und obwohl sein Päckchen schon besonders durch die Krankheit seiner älteren Tochter Sabrina (Emilia Bernsdorf) beschwert ist, weiß er und betont dies, daß es Menschen mit noch viel schlimmerem Schicksal gibt. Er will der Menschheit helfen und fängt mit dem Sterbebegleiten an.
Doch die eigentliche Hauptperson, die für uns der Geschichte Richtung und Schwung verleiht, ist die jüngere Tochter Jessica (Ella Frey), die mit ihren zwölf Jahren auf der Schwelle von der Kindheit zur Jugendlichen steht, eher den Jungen gibt, also ein sehr burschikosen Verhalten zeigt, aber genau zu wissen glaubt, was Liebe ist. Die wünscht sie ihrer kranken aber schönen Schwester. Das ist schon feinsinnig ausgedacht. Die gesunde Schwester ist sehr diesseitig, eigenbrötlerisch, eine Außenseiterin, die ihr Ding macht und nur ein Ziel hat, ihre so kranke Schwester glücklich, also fast gesund zu sehen.
Und die todkranke Schwester ist diejenige, die alles aufrecht erhält, die von Trübsal und Sterbenmüssen nichts wiesen will und sich selbst therapiert, weil sie weiß, sie braucht Liebe. Liebe? Es soll ein Beischlaf sein, von dem sie glaubt, er mache sie gesund. Oder ist dies die Idee der kleinen Schwester. Die hat nämlich guten Grund, Liebesbeweise wie Miteinander zu schlafen wie die ganzen übrigen Liebeshändel doch lieber der schönen Kranken unterzuschieben, denn Jessis eigene Sehnsüchte und Hoffnungen auf das andere Geschlecht, die lösen sich immer in Luft auf, wenn es konkreter werden soll. Da ist es viel entlastender, sich um die kranke Schwester zu kümmern und herbei zu phantasieren, das der Beischlaf, der ihr der Kranken untergeschoben wird, heilbringende Folgen haben soll: nämlich wieder gesund zu werden.
Wir sagten ja schon, sobald es ans Erzählen der Geschichte geht, ist einem das Geschehen merkwürdig, aber beim Zusehen sind uns diese drei Personen nahe und selbstverständlich. Wie das nun ausgeht? Nicht so wichtig, weil wir das merkwürdige Gebaren von Jessica verstehen lernen, die mit der Suche nach dem ‚Befreier‘ für ihre Schwester von ihren eigenen Problemen mit einem ganz konkreten Jungen ablenken will, nicht uns, sondern sich selbst.
Hervorragende schauspielerische Leistungen bei allen Mitwirkenden gehen unter die Haut.
Foto:
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Info:
BESETZUNG
Jessica Gabriel ELLA FREY
Stefan Gabriel MARTIN WUTTKE
Sabrina Gabriel EMILIA BERNSDORF
Dr. Wolfgang Teuter CHRISTIAN FRIEDEL
Melanie Kranz TINA RULAND
Horst Kranz STEPHAN GROSSMANN
Renate Gems SOPHIE ROIS
u.v.a.