Bildschirmfoto 2019 02 15 um 01.09.57Berlinale Zusammenfassung: 3

Kirsten Liese

Berlin (Weltexpresso) - Die Luft ist raus, Ernüchterung macht sich breit. Nachdem sie mit drei sehr starken Beiträgen so vielversprechend begonnen hatte, flaute die Berlinale in der zweiten Halbzeit rapide ab.

Leider muss gesagt werden, dass sich – mit Ausnahme eines bemerkenswerten Erstlingswerks um ein Problemkind („Systemsprenger“, wir berichteten)- auch das deutsche Kino von äußerst schwacher Seite präsentierte.

Die Regisseurin Angela Schanelec, eine Vertreterin der sogenannten Berliner Schule, polarisiert nicht zum ersten Mal mit ihrer kryptischen, ereignislosen, verschlafenen Erzählung „Ich war zuhause, aber“. Da kommt ein Junge nach Tagen des Verschwindens verdreckt nach Hause und mit einer Blutvergiftung ins Krankenhaus. Und in der sehr langsamen kontemplativen Introduktion betrachtet man einen Hasen, einen Esel und einen Hund, und dann und wann geistern Kinder durch die lose montierten Szenen, die Texte aus Shakespeares Hamlet trivial herunterbeten. Einmal mehr erstaunt es, dass Schanelec, für ihren „Traumhaften Weg“ 2016 in Locarno rigoros ausgebuht, im deutschen Feuilleton aber heillos überschätzt, erneut Fördergelder zugesprochen werden, will doch ihre seltsamen Experimente kaum jemand sehen.

Der mazedonische Beitrag „God exists, her name is Petrunya“ um eine arbeitslose Historikern, die sich mit misogynen religiösen Fanatikern herumschlagen muss, bietet immerhin noch eine Geschichte, wenngleich auch harmloses Konsenskino ohne Kanten. Denn es ist ein absurder Konflikt, an dem sich hier die Frage der Gleichberechtigung entzündet: Bei einem Ritual, an dem angeblich nur Männer teilnehmen dürfen, hat die Heldin das Kreuz aufgefangen, das angeblich ein Jahr lang Glück beschert. Wie sie souverän, unterstützt von einer Reporterin und Bürgern, ihre Position gegen aufgebrachte Männerhorden verteidigt, schildert Regisseurin Teona Strugar-Mitevska immerhin sympathisch mit satirischem Humor.

Zu den Beiträgen, die auf den einen oder anderen Silbernen Bären noch Chancen haben könnten, zählt auch der kanadische Beitrag “Ghost Town Anthology“, der von Landflucht in einer verlassenen tristen kanadischen Ortschaft erzählt, wo nur 215 Einwohner wohnen, die plötzlich fremde Geister sehen.

Weitere noch halbwegs sehenswerte Filme wie beispielsweise „L’adieu à la nuit“ von André Téchiné, in dem Catherine Deneuve eine Pferdezüchterin spielt, die herausfindet, dass ihr Enkel heimlich zum Islam konvertiert ist und sich dem Dschihad anschließen will, liefen leider außer Konkurrenz. Zu allem Übel musste die Berlinale kurzfristig einen chinesischen Beitrag, noch dazu ausgerechnet von Altmeister Zhang Yimou, kurzfristig absagen. Die Schuld daran trägt, wie mehr inoffiziell bekannt wurde, die chinesische Zensur, die seit 2019 darauf Einfluss nimmt, welche Filme im Ausland gezeigt werden dürfen.

Einen glanzvollen Ausklang bescherte der 69. Berlinale die wunderbare, mit einer Hommage und einem Ehrenbären für ihr Lebenswerk geehrte Schauspielerin Charlotte Rampling. In einem Publikumsgespräch gab sie spannende Einblicke in ihre Arbeit als Schauspielerin. Ihr Beruf sei für sie in teils schwierigen Zeiten eine Strategie des Überlebens gewesen, sagt sie, vor allem abgründige, komplexe Figuren haben es ihr angetan. Als pervers oder widerwärtig empfundene Geschichten wie der „Skandalfilm“ „Der Nachtportier“, in dem sie zu einer androgynen Pop-Ikone der 1970er Jahre avancierte, konnten sie nie schrecken, man glaubt ihr, dass es keine noch so bösartige Rolle gibt, die ihr Angst einjagen könnte. Nur einmal lacht sie verlegen, als die Sprache auf ihre erotische Ausstrahlung in Ozons Drama „Swimmingpool“ kommt.

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C. R. auf der Pressekonferenz Berlinale
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