fm braspastedImageVom 28.2.  bis 6.3. im Filmforum Höchst

Helga Faber

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Aufgepaßt! Nach allem, was man hört, spart der neue brasilianische Präsident an den falschen Stellen. Rechte Politiker lassen immer die Kultur bluten. Wohl, weil sie an Aufklärung kein Interesse haben und Filme sind sehr gut geeignet, auf besondere Weise gesellschaftliche Zustände so unters Volk zu bringen, daß auch dieses merkt, da stinkt etwas. Beispielhaft der brasilianische Beitrag auf der Berlinale, MARIGHELLA, wo Regisseur Wagner Moura den Mord an einem Kritiker der brasilianischen Militärjunta in den Achtzigern schildert, und genau diese, bisher von der Geschichte verachtete Diktatur nennt der neue Präsident Bolsanaro sein Vorbild!

Das läßt Schreckliches erwarten für ein Land, das wohl immer auf einen Zentimeter Fortschritt mindestens zehn zurückgeht, zurück in finstere Zeiten So war in Berlin auffällig, daß zum ersten Mal der seit 69 Jahren übliche Brauch, daß die Botschaft einen Empfang zur Berlinale gibt, nicht stattfand. Und das, obwohl der Film MARIGHELLA im Wettbewerb (außer Konkurrenz)  und elf weitere brasilianische Filme in den verschiedenen Sektionen gezeigt wurden. Oder etwa deshalb? Auf jeden Fall haben Regisseur und Schauspieler in der Pressekonferenz kein Blatt vor den Mund genommen, was das gegenwärtige politische System Brasiliens angeht. Denkt man das Berliner Zurückziehen weiter, so muß man gleich befürchten, daß solche Reihen, wie diese in Höchst, die ja auf Unterstützung der brasilianischen Regierung angewiesen ist, gefährdet sind.  Da gibt es nun eins: massenhaft hingehen, damit der Erfolg ein Weitermachen erzwingt. 

Seit 2005 präsentiert CINEBRASIL Filme, die Besonderheiten und Vielfalt des wichtigen lateinamerikanischen Filmlands widerspiegeln. Es werden sieben neue Filme zu sehen sein, die nicht den üblichen stereotypen Erwartungen entsprechen. Das Programm macht in Dokumentar- ,Spiel- und Kurzfilmen mit den unterschiedlichsten brasilianischen Gegenden und Lebensweisen bekannt und führt uns auf eine cineastische Reise durch die Regionen Recife, Paraíba, Rio de Janeiro und São Paulo

Das Festival startet am 28.2. um 19.30 Uhr mit dem Film „Arábia“, der den Notizen eines Arbeiters aus einer Aluminiumfabrik folgt, und aus der Perspektive eines Arbeiters die sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen im Brasilien der letzten 10 Jahre aufzeigt. Der Film wurde weltweit auf mehreren Festivals ausgezeichnet. Die Sambaschule Mangueira gewinnt im Karneval 2016 mit ihrer Hommage an Maria Bethânia, eine der berühmtesten brasilianischen Sängerinnen den ersten Preis. Der Dokfilm „Fevereiros – Februartage“ nimmt anhand dieser Karnevalsfeier die Zuschauer mit auf eine spirituelle Reise zwischen Rio und Bahia.

In Sandra Kohuts „Campo Grande“ stehen zwei Kinder vor einer Wohnung in Rio und behaupten der Eigentümerin Regina gegenüber, dass ihre Mutter sie bald abholen kommt. Doch wird sich dies auch bewahrheiten? „O Filme da minha Vida – Der Film meines Lebens“ beruht auf dem Roman “Mein Vater aus Paris” von Antonio Skàrmeta und spielt in den 60er Jahren. Der junge Tony muss damit klarkommen, dass sein Vater die Familie vor Jahren verlassen und sich nie mehr gemeldet hat, doch dann kommt die Wahrheit über seinen Vater ans Licht. In Jeserson De’s Film „Correndo Atrás – Überlebenskünstler“ macht sich ein junger Mann voller Hoffnung, guter Laune und mit einer großen Portion Naivität auf den Weg, einen Jungen, dem zwei Zehen fehlen, zum großen Fußballstar zu coachen.

Marta und Manuela, angehende Schauspielerinnen und beste Freundinnen, möchten in „Vermelho Russo – Russisch Rot“ ihr Leben ändern und in Moskau studieren. Schon bald gibt es Spannungen und Streit zwischen den beiden Frauen, ähnlich wie bei Tschechows Charakteren, die sie spielen. Bené muss sich in „Abaixo a Gravidade  – Unterhalb der Schwerkraft“ entscheiden, ob er in seinem kleinen Heimatort bleibt, um seine schwere Krankheit durchzustehen, oder doch eine vielversprechende Therapie in einer großen Stadt beginnt.

Alle Filme werden in der Originalversion mit englischen oder deutschen Untertiteln gezeigt.
In Zusammenarbeit mit Cinema Negro von Sidney Martins in Berlin.

Die Filme und Termine im Überblick:

Arábia
Alfonso Uchôa, Joao Dumans, BR 2018, 97 min., OmU
Vorfilm: Tear – Die Weber
Taiane Linhares, BR 2013, 15 min., OmeU
Do 28.2. um 19.30 Uhr I Di 5.3. um 18.30 Uhr

André, ein junger Mann, der in der Nachbarschaft einer Aluminiumfabrik in Ouro Preto lebt, findet eines Tages das Notizbuch eines Arbeiters dieser Fabrik. Darin hat dieser Arbeiter, Cristiano, sein Leben beschrieben, zunächst für die Theatergruppe der Fabrik. Aber dann konnte Cristiano nicht mehr aufhören zu schreiben und so taucht der Film in einer Parallelhandlung in Cristianos Leben ein und erzählt aus der Perspektive eines Arbeiters die sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen im Brasilien der letzten 10 Jahre. „Arábia“ ist der zweite Film des Regiepaars Affonso Uchôa und João Dumans und wurde auf lateinamerikanischen wie auch auf mehreren europäischen Filmfestivals ausgezeichnet. Dazu läuft der Kurzdokufilm „Tear“, der von der brasilianischen Arbeiterbewegung unter der Militärdiktatur in den 60er Jahren erzählt. Anhand der Erinnerungen von Fabrikarbeitern und Einwohnern der Stadt Santo Aleixo wird die Geschichte von Streik, Festnahme und Folter in der dortigen Textilfabrik rekonstruiert.


O Filme a minha Vida – Der Film meines Lebens
Selton Mello, BR 2017, 113 min., OmU
Fr 1.3 um 18.30 Uhr I Sa 2.3. um 20.30 Uhr

Serras Gaúchas, 1963. Der junge Tony Terranova muss damit klarkommen, dass sein Vater die Familie vor Jahren verlassen und sich nie mehr gemeldet hat. Bücher und Filme sind seither zum Mittelpunkt seines Lebens geworden. Doch dann kommt die Wahrheit über seinen französischen Vater ans Licht (gespielt vom bekannten französischen Schauspieler Vincent Cassel) und Tony ist gezwungen, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Der Regisseur Selton Mello, 1972 in Minas Gerais geboren, ist Schauspieler, Regisseur und Musiker. Berühmt wurde er mit seinem Spielfilm „O palhaço“ (2011). „O Filme da minha Vida“ beruht auf dem Roman “Mein Vater aus Paris” von Antonio Skàrmeta und ist Mellos dritter Spielfilm. Die Kamera führte Walter Carvalho.


Fevereiros – Februartage
Debellian, BR 2017,73 min., OmeU, mit Maria Bethânia u.a.
Fr 1.3. um 20.30 Uhr I Sa 2.3. um 18.30 Uhr

Karneval 2016 in Rio: die populäre Sambaschule Mangueira gewinnt mit ihrer Hommage an Maria Bethânia, der berühmten Sängerin aus Bahia, die auf eine über 50-jährige Karriere zurückblicken kann, den ersten Preis. Anhand dieser Karnevalsfeier nimmt der Film uns mit auf eine spirituelle Reise zwischen Rio de Janeiro und Bahia. Gezeigt werden zum einen die Vorbereitungen der Show von den ersten Entwürfen bis zur Parade. Zudem folgt der Film der Künstlerin selbst in ihr Viertel Santo Amoro in der Innenstadt von Bahia mit seiner besonderen Mischung aus Candoblé und Katholizismus und den noch von den früheren Sklaven überlieferten Festen, die die Show mit beeinflussten. Zu Wort kommen neben Maria Bethânia u.a. ihr ebenso berühmter Bruder Caetano Veloso, Chico Buarque, Leandro Vieira, sowie der Historiker Luiz Antonio Simas.


Campo Grande
Sandra Kogut, BR/ FR 2015, 108 min, OmU
So 3.3. um 18.30 Uhr I Di 5.3. um 20.30 Uhr

Zwei Kinder stehen vor einer Wohnung in Ipanema (Rio de Janeiro), in ihrer Hand nur ein Stück Papier, auf der die Adresse der Wohnungseigentümerin steht. Reginas Leben wird sich in der Folge durch die Ankunft der Kinder gründlich ändern. Die Frage ist nur: Wer sind diese Kinder? Sie sagen, dass ihre Mutter sie bald abholen würde, aber wird sie wirklich kommen? Die Regisseurin Sandra Kohut aus Rio de Janeiro arbeitet gern an den Grenzen zwischen Dokumentar- und Spielfilm. Ihr Spielfilmdebut war der preisgekrönte Film „Mutum“ (2007).


Vermelho Russo – Russisch Rot
Charly Braun, BR 2016, 90 min., OmU
So 3.3. um 20.30 Uhr I Mo 4.3. um 18.30 Uhr

Marta und Manuela, angehende Schauspielerinnen und beste Freundinnen, möchten ihr Leben ändern und in Moskau die Stanislavsky-Technik studieren. Die Kälte, ein geteiltes Apartment, ein strenger Lehrer - schon bald gibt es Spannungen und Streit zwischen den beiden Frauen. Ähnlich wie die Tschechow Charaktere, die sie spielen, beginnen sie sich zu hassen. Der Konflikt spitzt sich zu, als sie den mysteriösen Michael kennenlernen... 1980 in Rio de Janeiro als Carlos Braun geboren ist Regisseur und Schauspieler. Nach seinem vielprämierten Spielfilmdebut „Além da estrada“ ist „Vermelho Russo“ sein zweiter Spielfilm.


Correndo Atrás – Überlebenskünstler
Jeferson De, BR 2018, 90 min., OmeU
Mo 4.3. um 20.30 I Mi 6.3. um 18.30 Uhr

Paolo ist immer bemüht das Beste aus seinem Leben zu machen und das Beste heißt für ihn: Geld. Seine neueste Idee ist es, Fußballmanager zu werden und einen neuen Neymar zu finden. Auf der Suche nach den jungen Talenten in den Vororten Rios stößt er auf Glanderson, einen armen Jungen, dem zwei Zehen fehlen, der aber viel Talent zu haben scheint. Voller Hoffnung, guter Laune und mit einer großen Portion Naivität macht sich das Duo auf den Weg zur Erfüllung ihrer Träume. Jeserson De ist ein afrobrasilianischer Regisseur aus dem Staat São Paulo. 2000 veröffentlichte er das Manifest “Dogma Feijoada”. Sein Erstlingsfilm war der vielprämierte „Bróder“ (2011). „Correndo Atrás“, der auf dem Buch von Helio de La Peña, basiert, ist sein dritter Spielfilm.


Abaixo a Gravidade – Unterhalb der Schwerkraft
Edgard Navarro, BR 2017, 109 min., OmeU
Mi 6.3. um 20.30 Uhr

Bené lebt an einem abgeschiedenen Ort in der Chapada Diamantina. Nachdem er erfährt, dass er an einer schweren Krankheit leidet, muss er sich entscheiden: wartet er den natürlichen Verlauf der Krankheit ab oder beginnt er eine Therapie? Schließlich folgt er der jungen Léticia nach Salvador. Das Chaos der Großstadt und seiner Bewohner stellt ihn nochmals vor eine große Herausforderung.

Edgard Navarro begann seine Filmkarriere in Bahia mit Super8 - Filmen. Inzwischen dreht er vielfach prämierte Spielfilme, z.B. „SuperOutro“ (1989), „Eu me lembro“ (2005) oder „O Homem que Não Dormia“ (2012).

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Info:
Informationen und Trailer der Filme finden sich unter
www.filmforum-höchst.de und www.cinebrasil.info

Rezension von MARIGHELLA im Wettbewerb der Berlinale
https://weltexpresso.de/index.php/kino/15219-marighella


Filmforum Höchst
Emmerich-Josef-Str. 46a, 65929 Frankfurt a.M.
Vorstellungsbeginn
Hauptprogramm täglich 18.30 Uhr und 20.30 Uhr
Kinderprogramm Fr 14.30 Uhr und So 15 Uhr

Eintritt 7 € (Frankfurt Pass 3,50 €)
Kartenreservierung unter Telefon 069 212-45714