f trautmann1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. März 2019, Teil 10

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das hätten sich die für Starttermine Verantwortlichen auch nicht träumen lassen, daß der 14. März, an dem TRAUTMANN in die deutschen Kinos gekommen ist, über den Deutschen Bernd TRAUTMANN, der zum Starspieler des englischen Traditionsvereins MANCHESTER CITY wurde und in Wembley in dem wahrlich legendären Cup Finale 1956 den Pokal holte, weil er als Tormann trotz Genickbruch weiterspielte, also, sie hätten sich nicht träumen lassen, daß am 14. März 2019 in allen deutschen Zeitungen von der Schreckensnacht des FC Schalke 04 bei Manchester City zu lesen war, mit 0:7 in der Champions League im Aus.

So aktuell ist das Kino sonst nicht und Regisseur Marcus H. Rosenmüller betont in seiner Geschichte, wie der Film zustandekam – Folgeartikel -, welche Mühe er mit der Finanzierung hatte. Ein deutscher Fußballer in England. Ein deutscher Wehrmachtssoldat und Hitlerjunge, der aus der Gefangenschaft heraus englischer Profi-Fußballspieler wird. Welche sensationelle Geschichte. Und wir wissen nichts davon. Nicht der Normaldeutsche und auch nicht der Fußballfan. Deshalb kommt dieser Film zur rechten Zeit. Das, was heute Normalität ist, wo nicht nur Spieler dem Geld und dem Kick nach international spielen, sondern sich auch deutsche Trainer sicher nicht nur des Geldes, sondern auch der Ehre wegen im Ausland verpflichten, eingeschränkt jetzt auf England, wo jemand wie Jürgen Klopp Kultstatus als Trainer vom FC Liverpool genießt, erst rechts, wenn die Liverpooler am Dienstag dieser Woche den FC Bayern aus der Champions League kicken.

Daß aktuell fast die Hälfte der deutschen Nationalmannschaft im europäischen Ausland spielt, in Spanien, Frankreich, Italien, England (Ilkay Gündogan und Leroy Sané beim Trautmannclub Manchester City) ist ja nur möglich, weil Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 keinen europäischen Krieg mehr kannte. Frieden ist aber die Voraussetzung, daß heute Fußballspieler international spielen. Das in aller Deutlichkeit. Und deshalb ist uns dieser Film über einen in englischer Kriegsgefangenenschaft zum Fußballer werdenden Deutschen, der in England erst angefeindet und dann verehrt wurde, so wichtig. Denn diese Empfindlichkeiten, was es für einen jungen Deutschen bedeutet, im Feindesland angetragen zu bekommen, dort Fußball zu spielen und was es für die gebeutelten Engländer hieß, dem Feind zujubeln zu müssen, das kommt in diesem Film hervorragend zum Ausdruck. Und darum geht es. Daß der Film auch noch die Anteile eines Schmachtfetzens hat, kann dem Eigentlichen nichts anhaben.

Und in der Tat war es ja die junge Liebe des 1923 in Bremen geborenen, in der Nähe von Manchester inhaftierten jungen Kriegsgefangenen Bernd Trautmann (David Kross) zur jungen Britin Margaret (Frey Mavor), die den Weg ebnete, aber daß er ihn betrat, hat mit ihrem Vater Jack Friar (John Henshaw) zu tun. Der, Trainer eines Provinzclubs, sah bei einem Fußballspiel unter deutschen Kriegsgefangenen diesen jungen Kerl im Tor, ein echtes Talent. Als er ihn für seinen Provinzverein interessieren wollte, taten sich zwei Fronten auf. Er mußte Bernd, der in England zum BERT wurde, überreden, zu seinen" Feinden" überzulaufen und er mußte seine Engländer überzeugen, denjenigen, der gerade noch Feind war, in etwas so Heiliges wie eine Fußballmannschaft aufzunehmen. Das gelang nur mit Hilfe seiner Tochter und mit der Anstellung von Trautmann in seinem Lebensmittelladen, denn es war ein Amateurverein, wo das gemeinsame Ziel, Spiele zu gewinnen, den Deutschen dann integrierte.

Aber so richtig heftig wurde es, als sich eine der besten Mannschaften des Landes, Manchester City, für diesen „Traut the Kraut“ als Profi in ihrem Tor interessierte. Das war nun eine neue Lage und führte in Manchester zu heftigen Kontroversen, die in aller Härte stattfanden. Für die einen war er „Nazi-Torwart“, gegen dessen Verpflichtung 1949 in Manchester 20 000 Gegener demonstrierten, während die anderen einfach mit einem guten Tormann gewinnen wollten, was ihm in seinen 590 Spielen immer wieder gelang. Der Film kann das Klima des Nachkriegsengland sehr gut wiedergeben – was nicht nur auf das Ambiente, die Kleidung, das Verhalten bezogen ist, sondern auf den Wirren einer Nachkriegssituation beruht, wo ja die Gefühle von Freund und Feind sich neu sortieren.

Das läpperte sich so dahin, bis das Cup-Finale 1956 vor den Augen der Queen, diesen Trautmann zum Helden machte. Was passiert war, wurde erst danach bekannt. Tatsächlich sicherte er den Sieg von Manchester City gege Birmingham, obwohl er nach einem Zusammenstoß die letzten 20 Minuten mit einem gebrochenen Halswirbel spielte. Unglaublich und todgefährlich, was hier gut ausging und ihm für immer in England den Heldenstatus sicherte. Schließlich wählten die ManCity-Fans ihn noch 2007 zum besten Manchester-City-Spieler aller Zeiten!

Wie gesagt, das alles wird anschaulich und in den Details liebevoll im Film dargestellt, aber der Film kann die Frage nicht beantworten, die sich uns beim Zuschauen erst stellt: Warum ist Bernd Trautmann in Deutschland so unbekannt. Denn das ist er. Selbst in Bremen. Daß wir aber diese Fragen zum Nachkriegsdeutschland überhaupt stellen, ist für mich der wichtige Erkenntniswert nach diesem Film.

Die Antworten fallen nicht schwer. Da Westdeutschland seine Vergangenheit als Nazi-Großdeutschland erst mal nicht angehen wollte, konnten die Westdeutschen auch nicht damit umgehen, wie aus Feind Freund wurde. Das ging zwar in Sonntagsreden, aber nicht, wenn es um Konkretes ging. Für nicht wenige war dieser TRAUTMANN eben auch als englischer Fußballspieler so etwas wie ein Vaterlandsverräter. Das ist das Tolle an dem Blick in die Nazi-Vergangeheit, das fast jedesmal gleichzeitig eine Widerspiegelung der verdrängenden Fünfziger Jahre mitaufgeklärt wird. Und daß bei jedem Blick in die Nachkriegsvergangenheit gleichzeitig aufscheint, wie man damals mit dem  Nazi-Unrecht umging, d.h. meistens eben nicht umging, sondern liegen und faulen ließ. 

P.S.
Aktuell spielt beinahe die Hälfte der deutschen Nationalmannschaft im europäischen Ausland. Neben Spanien (Toni Kroos und Marc-André ter Stegen), Frankreich (Julian Draxler) und Italien (Sami Khedira, Emre Can) ist ‚Made in Germany‘ vor allem in der Premier League sehr gefragt. Dort spielen zurzeit unter anderem Antonio Rüdiger (FC Chelsea), Mesut Özil, Shkodran Mustafi und bis vor kurzem auch Per Mertesacker (alle Arsenal London) sowie Ilkay Gündogan und Leroy Sané, die beide beim Trautmann-Club Manchester City unter Vertrag stehen.

Foto:
© Verleih

Info:
Darsteller
David Kross
Freya Mavor
John Henshaw
Gary Lewis