Free SoloSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 21. März 2019, Teil  13

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - Der 1985 geborene Kalifornier Alex Honnold ist schon seit einigen Jahren in der Bergsteiger-Szene sehr bekannt. Er ist Free-Solo Kletterer, das bedeutet, dass er meist allein, ohne Hilfsmittel und ohne Sicherung durch Seile und Haken klettert. Er begann im Alter von 11 Jahren mit dem Klettern und ist seit er 18 Jahre alt ist als Professional, als Extrem- und auch als Speed-Kletterer unterwegs.

Im kalifornischen Yosemite National Park steht der wohl berühmteste Kletter-Felsen Amerikas, der etwa 1000m hohen El Captain. Nachdem Alex Honnold 2012 die Route The Nose zusammen mit dem bekannten Speed-Climber Hans Florine in knapp 6 Stunden geschafft hat, will er jetzt versuchen, die Freerider-Route im Alleingang und ohne Sicherung zu klettern, denn davon hat er nach eigenen Aussagen schon sein ganzes Leben lang geträumt.

Dazu beginnt Honnold sich systematisch vorzubereiten und lässt sich dabei von einer Filmcrew unter der Leitung des Bergsteigers, Fotografen und Filmregisseurs Jimmy Chin begleiten. Er trifft sich z.B. mit dem bekannten Profi-Bergsteiger Tommy Caldwell, der selbst seit seiner Jugend zahllose Routen am El Captain geklettert ist, und macht mit ihm zusammen viele Testläufe am Kletterseil. Er hält jede Einzelheit in einer Kladde fest, denn er weiß genau, dass jeder Fehlgriff beim Freiklettern tödlich sein wird. Am Ende wird er die Route, die er klettern will, auswendig im Kopf, in den Händen und in den Füßen haben.

Die Filmcrew zeigt auch wie spartanisch der Kletterer in seinem Wohnmobil lebt, wie er außerhalb der Kletterei trainiert und wie er bei einer Buchvorstellung Sanni McCandless kennenlernt, die mit ihm zusammen zieht und ihn dann später auch bei seinen Testbegehungen begleitet, obwohl sie vorher noch nicht geklettert ist. Der Film lässt auch die Rückschläge und Verletzungen nicht aus. Doch dann macht sich Alex Honnold am 3. Juni 2017 allein, ohne technische Hilfsmittel und ohne Sicherung auf den Weg, um die Freerider-Route zu besteigen, während die Filmcrew den Kletterer filmt und hofft, dass Alex Honnold die Besteigung erfolgreich abschließen kann. Er wird nach 3 Stunden und 56 Minuten auf dem Plateau ankommen...


"Free Solo" ist innerhalb kurzer Zeit der zweite Film, der sich mit Klettererfolgen am El Captain im Yosemite National Park in den USA beschäftigt. Bereits am 4. Oktober 2018 kam "Durch die Wand" von Red Bull Media House in die deutschen Kinos. Dieser Film zeigt, wie Tommy Caldwell und Kevin Jorgeson über die deutlich schwierigere sog. Dawn Wall - allerdings am Seil - innerhalb von 19 Tagen auf den Gipfel des El Captain geklettert sind.

"Free Solo" ist eine National Geographic Produktion. Alex Honnold wird während der gesamten Zeit von einer Filmcrew aus erfahrenen Bergsteigern wie Matt Clegg, Clair Popkin oder Mikey Schaefer unter der Führung von Jimmy Chin begleitet. Man sieht in den Szenen des Films nicht nur, wie sich der Free-Climber vorbereitet, wie er trainiert und welche Probleme und Verletzungen während der Vorbereitung aufgetreten sind, sondern er macht auch deutlich, was den jungen Mann antreibt, sich dieser Herausforderung zu stellen, die jederzeit mit seinem Tod enden könnte. Es wird auch nicht unterschlagen, welchen Strapazen und Gefahren die Kameraleute ausgesetzt sind, wenn sie zum Filmen angeseilt in der steilen Wand hängen, denn im Yosemite-Nationalpark ist es nicht erlaubt, mit Drohnen oder Hubschraubern zu filmen.

Der Film macht auch deutlich, dass Alex Honnold nicht der erste Free-Climber wäre, der bei einem kleinen Fehler abstürzt. Er zeigt Bilder und Filmmaterial von anderen bekannten Bergsteigern, die in den letzten Jahren verunglückt sind. Deshalb wird sich sicher der eine oder andere Zuschauer fragen, ob das freie Klettern nicht eine andere Art von Selbstmord ist.

Allerdings schätzt Alex Honnold, dass er eigentlich nur maximal fünf Prozent seiner Routen Free Solo bewältigt, denn er ist ja nicht nur Frei-, sondern auch Speed-Kletterer. So hat er z.B. nach der Solo-Klettertour am 6. Juni 2018 zusammen mit Tommy Caldwell den El Capitan auf der Nose-Route in 1 Stunde 58 Minuten erklettert - dieses Mal natürlich angeseilt.

Die Dokumentation der Regisseure Elizabeth Chai Vasarhelyi und Jimmy Chin versucht, den Zuschauern verständlich zu machen, welche Motivationen Alex Honnold antreiben. Er macht auch deutlich, welche Vorbereitungen nötig sind, um so ein Vorhaben erfolgreich zu Ende zu bringen. Dabei wurden im Film auch kritische Stimmen von anderen Bergsteigern gezeigt, die meinten, dass Honnold sich durch die Filmerei zu stark ablenken lassen würde.

Daneben wartet der Film aber auch mit faszinierenden Landschaftsaufnahmen des El Captain und tollen Aufnahmen von den Kletterern am El Captain auf, die den Zuschauer fesseln, denn die Kamera ist häufig ganz nah am Geschehen.

Es werden im Film zwar die Gefahren angesprochen, es wird aber für den Laien zu wenig darüber diskutiert, ob eine solche Aktion wirklich sinnvoll und notwendig ist. Liest man allerdings Zeitschriften und Blogs der Haupt-Zielgruppe des Films, dann erkennt man auch, wie sehr solche Leistungen in der Bergsteiger-Gemeinschaft gefeiert werden. Das wiederum ist für jemanden wie Alex Honnold notwendig, denn als Profi-Kletterer lebt er von seinen Erfolgen und seiner Bekanntheit.

Insgesamt ist "Free Solo" eine spannende Dokumentation, die auch die Hintergründe und Beweggründe der handelnden Personen ausleuchtet. Es ist ein beeindruckender Film entstanden, der zu Recht in diesem Jahr mit dem Oscar als Bester Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde. Die Dokumentation mag vor allem für Sport-Kletterer interessant sein, aber er ist auch für das "normale" Publikum unbedingt sehenswert.

Foto: Alex Honnold am El Capitan im Yosemite-Nationalpark © capelight pictures

Info:
Free Solo - Ein Leben ohne Angst (USA 2018)
Originaltitel: Free Solo
Genre: Dokumentation, Sport, Klettern
Filmlänge: 97 Minuten
Regie: Elizabeth Chai Vasarhelyi, Jimmy Chin
Protagonisten: Alex Hunnold u.a.
Verleih: capelight pictures
FSK: ab 6 Jahren
Kinostart: 21.03.2019