f cyra2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 21. März 2019, Teil 10: Ein Gespräch mit Olivier Gourmet

N.N.

Paris( Weltexpresso) - Wie kamen Sie mit VORHANG AUF FÜR CYRANO in Berührung?

Als Alexis mich wegen der Rolle des Coquelin ansprach, hatte ich Edmond noch nicht im Theater gesehen. Ich hatte Angst, mich davon beeinflussen zu lassen, und so hatte ich, obwohl er mich eingeladen hat, keine große Lust, hinzugehen. Aber Alexis hat nachgehakt, weil er wollte, dass ich einen Begriff davon bekäme, welches Tempo er sich für den Film vorstellte. Ich habe dagegengehalten, dass es ausreichen würde, wenn er mir seinen Rhythmus am Set vorgibt. Aber dann kam alles ganz anders, weil ich Besuch von meiner Familie bekam, während ich in Paris drehte, und sie wollten unbedingt diesen Edmond sehen, der wahre Beifallsstürme erntete... Und ich habe es keinen Moment bereut, hingegangen zu sein. Nicht nur, dass die Vorstellung extrem unterhaltsam war, ich bekam darüber hinaus tatsächlich gute Hinweise darauf, wie das Tempo des Films werden sollte.


Was hat Ihnen an dem Projekt gefallen?

Mehrere Dinge haben mich an diesem Film gereizt. Zunächst, weil es trotz einer dramatischen Szene in erster Linie eine Komödie ist. Als junger Bühnenschauspieler hatte ich in einigen mitgewirkt, und ich habe es geliebt! Aber seit ich fürs Kino arbeite, bekam ich nur noch wenige komische Rollen angeboten. Die Gelegenheiten, Menschen zum Lachen zu bringen, sind für mich also äußerst selten geworden, außer wenn ich für Bruno Podalydès spielte, aber bei ihm ist es nie eine reine Komödie. Also bot VORHANG AUF FÜR CYRANO nun die Möglichkeit, wieder einmal im leichteren Fach zu spielen. Wie es der Zufall will - das Sujet war komisch ... und der Text war sehr gut geschrieben, mit teilweise deftigen Dialogen. Und schließlich war es die Chance, sich Cyrano de Bergerac anzunähern. Ich sage bewusst annähern, denn tatsächlich ging es ja darum, in die Haut eines Schauspielers zu schlüpfen, in dem Fall Coquelin, der seinerseits Cyrano spielt. Eine Theaterrolle zu spielen, die schon durch eine andere Person in ihrer Interpretation vorgegeben ist, ist etwas ganz anderes, als sie einfach so zu spielen. Es ist eine Verdoppelung, ein Spiel im Spiel. Aber diese nicht alltägliche Herausforderung hat Spaß gemacht.


Warum Coquelin?

Ich habe Alexis nicht gefragt, wie er darauf gekommen ist, mir die Rolle anzubieten. Ich habe das einmal bei einem Filmemacher wegen einer anderen Rolle gemacht, und das hat dazu geführt, dass er seine eigene Entscheidung angezweifelt hat. Deshalb stelle ich keine derartigen Fragen mehr. Ich nehme eine Rolle an oder eben nicht. Punkt. Allerdings habe ich Alexis gefragt, warum er den Film nicht mit seinen Bühnenschauspielern gemacht hat. Da hat er mir erklärt, dass er die Leute nicht aus den laufenden Vorstellungen heraus buchen konnte, weil das Stück so ein großer Erfolg ist und nicht nur im Théâtre du Palais Royal gespielt wurde, sondern durch ganz Frankreich tourt. Ich habe also niemandem eine Rolle weggenommen, das hat mich dann endgültig überzeugt.

Obwohl Coquelin zu seiner Zeit genauso berühmt war wie Sarah Bernhardt, sagte mir sein Name gar nichts. Es ist kurios, dass dieser Mann der Nachwelt nicht bekannt ist, denn er war ein ganz besonderer Vogel, zugleich sehr geistreich und genussfreudig und ein echter Theaterstar. Er war ständig in Bewegung, pausenlos kreativ und auf Reisen. In allem, was er tat, brachte er sich in Gefahr, nicht nur bei seinen Projekten. Da ihm jedes Maß abging, mietete er Theater zu exorbitanten Preisen und setzte auf Erfolg... der aber nicht immer eintrat. Als Künstler stand er oft dem Abgrund nahe, und das war auch der Fall, als er Edmond Rostand kennenlernte. Im Privaten war er großzügig, charmant, zuvorkommend, ein Lebemann mit väterlichen Zügen, manchmal allerdings auch hart. Ein echter Anführer-Typ.

Als Schauspieler war er, wie das auf der Bühne zu seiner Zeit üblich war, ein bisschen von allem – schwülstig, mit lyrischem Ausdruck und karikierend. Ich konnte mir davon einen Eindruck verschaffen, weil es ein paar bewegte Bilder von ihm gibt, kaum zwanzig Sekunden lang insgesamt, aber dennoch genug, um zu sehen, wie er gespielt hat ...


Sie spielen also einen Schauspieler, der in Teilen des Films eine Rolle, die des Cyrano, spielt.

Auch wenn ich Cyrano mit der Gestik eines Schauspielers von vor über hundert Jahren zu spielen hatte, war es ebenso bereichernd wie amüsant. Er ist ein so intelligenter, vielseitiger, sensibler, komischer und berührender Held! Als ich ein junger Schauspieler war, war das eine der Rollen, von denen ich träumte. Und nun durfte ich sie spielen! Nicht auf der Bühne zwar, ich habe sie nicht als Olivier Gourmet gespielt, sondern als Coquelin, aber es war trotzdem eine tolle Erfahrung. Das hat mich daran erinnert, dass ich beim ersten Vorsprechen meines Lebens in einem Theater – ich war damals noch am Konservatorium – die „Tirade über die Nase“ gewählt hatte...

Dass ich abwechselnd Coquelin „in Zivil“ und in seinem Cyrano-Kostüm spielen musste, hat mir keine Probleme bereitet. Ich musste nur aufpassen, das war alles. Wenn Cyrano gelegentlich gegenüber Coquelin die Oberhand gewann, brachte mich Alexis wieder in die Spur. Die Arbeit an der „Doppelrolle“ wurde aber auch dadurch vereinfacht, dass Alexis alle Theaterszenen direkt nacheinander gedreht hat. Vor allem die Probenszenen, in denen Coquelin als Cyrano auftritt.


Es gibt eine Szene, die sich deutlich von den anderen abhebt – Cyranos Sterbeszene...

Dieser Mann stirbt und bekennt unfreiwillig seine Liebe, die einzig Roxane gilt, und dass er sein Leben lang Verzicht geübt hat. Weil sie so emotionsgeladen ist, ist das eine Szene, die eine ganz eigene Atmosphäre hat. Gerade weil sie aus so einfachen Worten besteht, ist sie so unglaublich stark. Es hat mich gefreut, dass Alexis sie in einer natürlichen Umgebung gedreht hat. Dadurch wurde sie weniger theatralisch, wahrhaftiger und auch moderner, näher an meinen eigenen Gefühlen. Ich habe versucht, so nüchtern wie möglich zu spielen. Dabei hatte ich verschiedene frühere Versionen im Kopf, unter anderem die von Gérard Depardieu.

Foto:
© Verleih

Info:
BESETZUNG
Edmond Rostand (Bühnenautor und Regisseur)                Thomas SOLIVÉRÈS
Constant Coquelin (Berühmter franz. Schauspieler – spielt Cyrano)  Olivier GOURMET
Maria Legault (Spielt Roxane)                                             Mathilde SEIGNER
Léo Volny (Schauspieler und Freund von Edmond – spielt Christian) Tom LEEB
Jeanne (Theatergarderobiere und Léos Angebetete)          Lucie BOUJENAH
Rosemonde (Edmonds Frau) .                                            Alice DE LENCQUESAING
Sarah Bernhardt (Berühmte französiche Schauspielerin)   Clémentine CÉLARIÉ
Jean Coquelin (Sohn von Constant, spielt De Guiche / Carbon)        Igor GOTESMAN