Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. März 2013, Teil 2

 

Romana Reich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wer den Roman gleich damals 1980 gelesen hat, weiß noch, daß er wie eine Bombe einschlug, daß nämlich in einem so rückschrittlichen Land wie Indien so farbenreich und vorwärtsdrängend erzählt werden kann. Der Autor von MITTERNACHTSKINDER ; Salman Rushdie, wurde dann ja aus einem anderen Grund noch weltbekannter, die Morddrohungen hat er aber bis heute überlebt.

 

MITTERNACHTSKINDER

 

Der Film kann nun einerseits durchaus das Mäandernde am Erzählstrom von Rushdie transportieren, kann auch seine Ironie und so manche Sottise anbringen, und kommt auch mit dem pittoresk geschilderten Leben, wo auch die Armut noch farbenfroh ausfällt und der Arme noch ein Mensch bleibt, kommt also auch damit zurecht, aber die Mittel, die im Roman dazu führen, daß man selbst als Leser durch Raum und Zeit abhebt, dieser fliegende Teppich ist der Film nicht. Er bleibt dennoch sehenswert.

 

Denn die Geschichte selbst ist der reinste Irrsinn. Grundsätzlich sind die Mitternachtskinder diejenigen, die in der Stunde der Unabhängigkeit von Indien und der Befreiung von der Kolonialmacht Großbrittanien, was in der Mitternacht zum 15. August 1947 geschah, die just in diesen Sekunden geboren wurden. Verteilt über Indien waren das dann im Roman immerhin 1001 – ein Schelm, dieser Rushdie, der selbst die orientalischen Märchen weiterführt - , die auch in Rushdies Geschichte vorkommen, die aber an zwei der Babys exemplarisch durchführt,was es heißt, daß diese MITTERNACHTSKINDER per se magische Kräfte, durch die Zeit reisen und sich unsichtbar machen können, besitzen.

 

Diese beiden sind Saleem und Shiva und die Magie liegt erst einmal auf Seiten des Schicksals, denn sie werden durchaus mit Bedacht und in Gerechtigkeitsdenken direkt nach der Geburt vertauscht: der eine wächst in eine wohlfeile, gutbehütete, reiche Kindheit hinein, der andere muß mit dem Vater als Gaukler herumziehen, da sein Leben der Tod der Mutter war. Der Film veranschaulicht an sehr vielen Szenen die politische Situation des Jahres 1947, in der gleichzeitig auch Indien geteilt wurde in das heutige mehrheitlich hinduistische Indien und das muslimische Pakistan. Wir sehen auch das zwischengeschobene Kaschmir, woher die Großeltern des Saleem stammen, was den Anfang des Films bildet.

 

Das sind herrliche Szenen wie der in Deutschland als Arzt Ausgebildete seine Frau quasi durch ein Loch im Bettlaken kennenlernt. Es wird eine indische Vergangenheit beschworen, die immer stärker parzelliert wird, denn im Geschehen, das eigentlich die zwei Buben aufwachsen sieht, spielt immer die jeweilige politische Gegenwart mit und so erleben wir auch die weitere Abtrennung von Ostpakistan als heutiges Bangladesch. Die Mitternachtskinder sind immer dabei, als Soldaten, Generäle, Kapitalisten, Flüchtlinge, Verräter, vor allem aber bleiben wir auf den Spuren der beiden Haupthelden. Deren Leben und immer wieder Aufeinandertreffen verspürt der Zuschauer sinnlich, aber das wirklich Umwälzende, was mit dem indischen Kontinent geschieht, zieht an einem in vielen Schlachtbildern und Zerstörungen, in Weinen und Klagen und Leichen vorüber, ohne daß der Zuschauer diese strukturieren und analysieren könnte. Aber man ist froh, das gesehen zu haben und will danach den Roman wiederlesen.

 

 

HEUTE BIN ICH BLOND

 

Eindrucksvoller Film von Marc Rothemund, in dem Lisa Tomaschewsky die Rolle der krebskranken Sophie spielt, der nach dem autobiographischen Roman von Sophie an der Stap die Krankheit die Liebe zum Leben lehrt.

 

 

ZIMMER 205

 

Ein Remake eines dänischen Thrillers, wo eine aus dem ersten Semester in Studentenwohnheim vom Geist der zuvor dort Wohnenden gepiesackt wird. Gruselig.

 

 

VOLL ABGEZOCKT

 

Hier ist es mal eine Frau, die einem Mann das Fürchten lehrt, in dem sie ihm die Identität klaut und er nun für sie ins Gefängnis soll. Gut gebracht.

 

 

ANFANG 80

 

Wir finden das gut, daß die Liebe im Alter immer älter wird, sozusagen. Gut, daß dieser Film aus Österreich das Glück von zwei Alten nach oben treibt.

 

 

JENSEITS DER MAUER

 

Eine Schwulengeschichte, die lustig beginnt, aber tragisch ausgeht.

 

 

FREE THE MIND

 

Ein dänischer Dokumentarfilm, der wichtig ist, wenn er Hirnforschung und Meditation ernstnimmt, auch noch ADHS und die Traumata von Kriegsveteranen behandelt, dann aber selbst einen Analytiker bräuchte, der die Überfülle noch sortieren kann.