Redaktion
Stockholm (Weltexpresso) - Inspirationen: Ich finde, Genre kann kompliziert sein. Es ist gleichzeitig kreativer Rahmen und Marketinginstrument. Wenn man eine Wagner-Oper hört, kann sie Brutalität, Romantik, seltsamen Humor und groteske Elemente enthalten, die ein zusammenhängendes Werk bilden. Welchem Genre entspricht Wagner? Klassische, ausdrucksstarke Kunst der Jahrhundertwende oder etwas anderes. Es geht nie nur um ein, sondern um viele Dinge, und Wagner ist einer der Künstler, die auf besondere und einzigartige Weise eine große Bandbreite schufen.
Ich habe BORDER nie als Genre-Mischung verstanden, obwohl ein großer Teil meiner Arbeit darin besteht, all die unterschiedlichen Elemente zu einem zusammenhängenden Ganzen zusammenzufügen. Anstatt den Film einem Genre-Label zuzuordnen, würde ich eher sagen, dass es ein sehr europäischer Film ist. Eine japanische Version oder eine amerikanische Version würde wahrscheinlich ganz anders aussehen.
Ich habe einen literarischen Hintergrund und mein Gehirn funktioniert immer noch wie das eines Schriftstellers. Zumindest habe ich auf diese Weise gelernt, Geschichten zu erzählen. Es dauerte eine Weile, bis ich mich für Filme interessierte. Als ich jünger war, war ich arroganter und in meinem Kopf waren Filme nur etwas für die „Massen“. Damals dachte ich wirklich, Filme zu schauen wäre ein Zeitvertreib für Leute, die nichts Besseres zu tun hatten!
Beim Film interessierte mich nie die Geschichte, sondern eher das grenzüberschreitende Ende des Spektrums. Mainstream-Kino und sogar Filme außerhalb des Mainstreams fühlten sich im Vergleich zur Literatur oft eng und eingeschränkt an. Was mich interessiert, ist, die Gesellschaft durch die Linse eines Paralleluniversums zu betrachten, und ein Genre-Film ist dafür perfekt. Hier wird Film für mich spannender: statt als persönliches Drama meiner eigenen Probleme erlebe ich meine Gedanken und Impulse lieber durch einen anderen Körper in einer anderen Welt als meiner eigenen. Ich denke, es ist auch interessant, die Verbindung zum Persönlichen zu durchtrennen und etwas völlig Künstliches zu erschaffen.
Ich liebe Luis Buñuel und habe sogar meinen Sohn Luis nach ihm benannt. Chantal Ackerman ist eine weitere große Inspiration für mich. Mein erster Kurzfilm war eine Hommage an sie. Ich mag es, wie sie die Banalität des Lebens auf eine absurde und surreale Ebene bringt. Fellini ist auch einer der Meister, die ich bewundere. Meiner Meinung nach könnte man ihn als den „Wagner des Kinos“ bezeichnen, dem es gelingt, verschiedene Genres zu verbinden. Ich mag es, wenn das Filmemachen ein wenig der Arbeit eines Zirkusdirektors gleicht.
Heute könnte Genre-Kino der nächstgelegene „Markt“ sein, wenn man in parallelen Universen arbeiten will. Es ist ein Freibrief, nicht geradlinig, sondern seltsam zu sein. Es kann ganz unterschiedlich aussehen: Western, Science Fiction oder was auch immer. Man entfernt sich von den Anforderungen der Realität und auch von den Normen des erzählerischen Dramas. Ich will nicht diesen mutigen Filmemacher spielen, der wichtige soziale Themen anspricht. Gleichzeitig betrachte ich mich auch nicht als „Fan“ von Horror- oder Genre-Filmen. Ich interessiere mich für alles, was unter der Oberfläche vor sich geht, für alles, was Menschen auf eine Weise beeinflusst, die ihnen nicht bewusst ist. Genre-Filme stehen auch für gute Unterhaltung, daher gefällt mir die Idee, dass die Leute ihre Deckung fallen lassen und sich entspannen. Dann wird Kino ein guter Ort, um über Politik in einem subtileren Rahmen zu sprechen. Das habe ich bereits in SHELLEY versucht und nun wieder in BORDER.
Foto:
Info:
Über den Regisseur
Der Regisseur Ali Abbasi - Ali Abbasi wurde 1981 im Iran geboren. Er besitzt einen literarischen Hintergrund und hat mehrere Kurzgeschichten auf Persisch veröffentlicht. 2002 gab er sein Studium an der Polytechnischen Universität Teheran auf und reiste nach Europa, wo er sich schließlich in Stockholm niederließ, um Architektur zu studieren. Im Jahr 2007 erlangte Ali Abbasi seinen Bachelor of Arts in Architektur und begann im Anschluss sein Regiestudium an der National Film School of Denmark. Ali Abbasis erster Spielfilm SHELLEY wurde im Panorama der Berlinale 2016 uraufgeführt. Sein zweiter Spielfilm BORDER feierte seine Weltpremiere in der Reihe „Un Certain Regard“ bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 2018, wo er den Hauptpreis erhielt. Der Film wurde für einen Oscar® in der Kategorie Bestes Make-up und Hairstyling nominiert und räumte beim Schwedischen Filmpreis Guldbagge sechs Auszeichnungen ab, unter anderem als Bester Film sowie Eva Melander als Beste Hauptdarstellerin und Eero Milonoff als Bester Nebendarsteller.
Besetzung
Tina Eva Melander
Vore Eero Milonoff
Roland Jörgen Thorsson
Agneta Ann Petrén
Tinas Vater Sten Ljunggren
Daniel Kjell Wilhelmsen
Therese Rakel Wärmländer
Robert Andreas Kundler
Tomas Matti Boustedt
Schweden/Dänemark 2018. R: Ali Abbasi,
110 Min.
Start: 11.4.
Verleih: Wildbunch
Abdruck aus dem Presseheft
Ich habe einen literarischen Hintergrund und mein Gehirn funktioniert immer noch wie das eines Schriftstellers. Zumindest habe ich auf diese Weise gelernt, Geschichten zu erzählen. Es dauerte eine Weile, bis ich mich für Filme interessierte. Als ich jünger war, war ich arroganter und in meinem Kopf waren Filme nur etwas für die „Massen“. Damals dachte ich wirklich, Filme zu schauen wäre ein Zeitvertreib für Leute, die nichts Besseres zu tun hatten!
Beim Film interessierte mich nie die Geschichte, sondern eher das grenzüberschreitende Ende des Spektrums. Mainstream-Kino und sogar Filme außerhalb des Mainstreams fühlten sich im Vergleich zur Literatur oft eng und eingeschränkt an. Was mich interessiert, ist, die Gesellschaft durch die Linse eines Paralleluniversums zu betrachten, und ein Genre-Film ist dafür perfekt. Hier wird Film für mich spannender: statt als persönliches Drama meiner eigenen Probleme erlebe ich meine Gedanken und Impulse lieber durch einen anderen Körper in einer anderen Welt als meiner eigenen. Ich denke, es ist auch interessant, die Verbindung zum Persönlichen zu durchtrennen und etwas völlig Künstliches zu erschaffen.
Ich liebe Luis Buñuel und habe sogar meinen Sohn Luis nach ihm benannt. Chantal Ackerman ist eine weitere große Inspiration für mich. Mein erster Kurzfilm war eine Hommage an sie. Ich mag es, wie sie die Banalität des Lebens auf eine absurde und surreale Ebene bringt. Fellini ist auch einer der Meister, die ich bewundere. Meiner Meinung nach könnte man ihn als den „Wagner des Kinos“ bezeichnen, dem es gelingt, verschiedene Genres zu verbinden. Ich mag es, wenn das Filmemachen ein wenig der Arbeit eines Zirkusdirektors gleicht.
Heute könnte Genre-Kino der nächstgelegene „Markt“ sein, wenn man in parallelen Universen arbeiten will. Es ist ein Freibrief, nicht geradlinig, sondern seltsam zu sein. Es kann ganz unterschiedlich aussehen: Western, Science Fiction oder was auch immer. Man entfernt sich von den Anforderungen der Realität und auch von den Normen des erzählerischen Dramas. Ich will nicht diesen mutigen Filmemacher spielen, der wichtige soziale Themen anspricht. Gleichzeitig betrachte ich mich auch nicht als „Fan“ von Horror- oder Genre-Filmen. Ich interessiere mich für alles, was unter der Oberfläche vor sich geht, für alles, was Menschen auf eine Weise beeinflusst, die ihnen nicht bewusst ist. Genre-Filme stehen auch für gute Unterhaltung, daher gefällt mir die Idee, dass die Leute ihre Deckung fallen lassen und sich entspannen. Dann wird Kino ein guter Ort, um über Politik in einem subtileren Rahmen zu sprechen. Das habe ich bereits in SHELLEY versucht und nun wieder in BORDER.
Foto:
Info:
Über den Regisseur
Der Regisseur Ali Abbasi - Ali Abbasi wurde 1981 im Iran geboren. Er besitzt einen literarischen Hintergrund und hat mehrere Kurzgeschichten auf Persisch veröffentlicht. 2002 gab er sein Studium an der Polytechnischen Universität Teheran auf und reiste nach Europa, wo er sich schließlich in Stockholm niederließ, um Architektur zu studieren. Im Jahr 2007 erlangte Ali Abbasi seinen Bachelor of Arts in Architektur und begann im Anschluss sein Regiestudium an der National Film School of Denmark. Ali Abbasis erster Spielfilm SHELLEY wurde im Panorama der Berlinale 2016 uraufgeführt. Sein zweiter Spielfilm BORDER feierte seine Weltpremiere in der Reihe „Un Certain Regard“ bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 2018, wo er den Hauptpreis erhielt. Der Film wurde für einen Oscar® in der Kategorie Bestes Make-up und Hairstyling nominiert und räumte beim Schwedischen Filmpreis Guldbagge sechs Auszeichnungen ab, unter anderem als Bester Film sowie Eva Melander als Beste Hauptdarstellerin und Eero Milonoff als Bester Nebendarsteller.
Besetzung
Tina Eva Melander
Vore Eero Milonoff
Roland Jörgen Thorsson
Agneta Ann Petrén
Tinas Vater Sten Ljunggren
Daniel Kjell Wilhelmsen
Therese Rakel Wärmländer
Robert Andreas Kundler
Tomas Matti Boustedt
Schweden/Dänemark 2018. R: Ali Abbasi,
110 Min.
Start: 11.4.
Verleih: Wildbunch
Abdruck aus dem Presseheft