f BORDER by Ali Abassi Still20Meta SparkKaernfilm AB 2018Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 11. April 2019, Teil 3

Ali Abbasi

Stockholm (Weltexpresso) - Zum ersten Mal begegnete ich Johns Geschichten, als ich den Film SO FINSTER DIE NACHT sah und danach das Buch las. SO FINSTER DIE NACHT war eine echte Entdeckung. Der Film erfand etwas Neues: den nordischen Genre-Realismus, ein Hauch von frischer Luft im schwedischen Kino. Ich muss zugeben, dass Schweden für mich eigentlich der letzte Ort war, von dem ich einen innovativen Genre-Film erwartet hätte. Deshalb war es eine große Überraschung, das Universum von John Ajvide Lindqvist zu entdecken.

Ich liebe es, dass John sich in seinen Werken auf einem Level mit seinem Publikum befindet. Es ist keine hohe Kunst und man muss nicht „literarisch“ sein, um sie zu schätzen. Gleichzeitig ist es nicht einfach Unterhaltungsliteratur, es hat eine besondere, aber versteckte Stärke. Sollen wir in SO FINSTER DIE NACHT zum Beispiel die Geschichte als eine verdrehte Sicht auf die schwedische Gesellschaft lesen oder einfach als eine innovative Sichtweise auf den Vampirmythos? Es ist kein einfaches Unterfangen, dem Realismus eine phantastische Ebene hinzuzufügen und Johns besondere Qualität ist es, eine Brücke zwischen dem Realen und dem Phantastischen zu schlagen. Das ist immer der schwierigste Teil.

Ich bin tiefer in Johns Schreiben eingetaucht und das führte mich zu BORDER. Auch mein Freund und Filmemacherkollege Milad Alami hatte mir das Buch empfohlen und nachdem ich es gelesen hatte, wusste ich, dass es da das gewisse Etwas gab. Gleichzeitig dachte ich aber auch, wie schwierig es sein würde, die Geschichte auf die Leinwand zu bringen. Denn in der Erzählung spielt sich durch ihre Tagebucheinträge fast die ganze Geschichte in Tinas Kopf ab. Sie ist meist eine passive Beobachterin des Geschehens.

Sogar der Verleger erkannte dies und begann bald, andere Kurzgeschichten vorzuschlagen, die besser passen könnten. Aber zu diesem Zeitpunkt war ich fest entschlossen, BORDER zu adaptieren. Es fühlte sich nach etwas Größerem an, genau wie SO FINSTER DIE NACHT. BORDER war nicht so ausgefeilt wie SO FINSTER DIE NACHT, aber die Figuren hatten ebenso etwas, das sie bezaubernd, aber auch komplex und jenseitig machte. Mir wurden immer wieder andere Lindqvist-Geschichten angeboten, die zwar schöne, neue Genre-Ideen hatten, mit denen ich aber nicht so viel verband. Nach SHELLEY hatten mich die Leute bereits als Horrorregisseur abgestempelt, aber ich glaube nicht, dass das stimmt. BORDER hatte neben den GenreElementen alle weiteren Zutaten, die die Geschichte so interessant machen. Ich wusste, das ist das Richtige, und wir begannen mit der Entwicklung, noch während ich an SHELLEY arbeitete.

Als wir zuerst mit John und später mit Isabella Eklöf daran arbeiteten, die Kurzgeschichte zu adaptieren und das Drehbuch gemeinsam zu schreiben, begannen wir, Änderungen vorzunehmen. Wir wollten, dass der Film eine noch dunklere Schattenseite bekommt. So wurde zum Beispiel die Nebenhandlung der Kriminalermittlungen der ursprünglichen Geschichte hinzugefügt.

Foto:
© Verleih

Info:

Tina                Eva Melander
Vore                Eero Milonoff
Roland           Jörgen Thorsson
Agneta            Ann Petrén
Tinas Vater     Sten Ljunggren
Daniel             Kjell Wilhelmsen
Therese          Rakel Wärmländer
Robert           Andreas Kundler
Tomas            Matti Boustedt

Schweden/Dänemark 2018. R: Ali Abbasi,
110 Min.
Start: 11.4.
Verleih: Wildbunch


Über den Autor John Ajvide Lindqvist 

John Ajvide Lindqvist ist ein schwedischer Autor, der in Blackeberg, einem Vorort von Stockholm, geboren wurde und aufgewachsen ist. Zuerst wurde er Trickkünstler und belegte in der nordischen Kartentrick-Meisterschaft den zweiten Platz. Dann überzeugte er zwölf Jahre lang als Stand-upComedian. John Ajvide Lindqvist hat Teile der TV-Serie „Reuter & Skoog“ sowie Bühnenstücke und Fernsehdramen geschrieben. Sein erster Roman SO FINSTER DIE NACHT wurde 2005 in Norwegen als „Bester Roman in Übersetzung“ ausgezeichnet, stand auf der Shortlist für den Literaturpreis des Schwedischen Hörfunks und gewann 2008 den Selma-Lagerlöf-Preis für Literatur: „Für ein Werk, das meisterhaftes Geschichtenerzählen und ein Gespür für die starken Kräfte des Horrors und der Phantasie umfasst.“ SO FINSTER DIE NACHT wurde gleich zweimal verfilmt: der gleichnamige Kinofilm von Tomas Alfredson erhielt 2008 zahlreiche Auszeichnungen, 2010 entstand das US-Remake unter dem Titel LET ME IN von Regisseur Matt Reeves mit Chloë Grace Moretz in der Hauptrolle. Lindqvist ist auch Gewinner des Göteborgs-Postens Litteraturpris im Jahr 2008 und war 2015 ein Kandidat für den August-Preis, den renommiertesten schwedischen Literaturpreis. Der Film BORDER basiert auf dem gleichnamigen Roman von John Ajvide Lindqvist. Er schrieb auch am Drehbuch mit.

Abdruck aus dem Presseheft