Ein Fall für Annika Bengtzon. Krimiserie nach den Kriminalromanen von Liza Marklund in der ARD
Elisabeth Römer
Rostock (Weltexpresso) – Die Romane zeigen eine sozial interessierte und ihre Arbeit als Journalistin aufreibend wahrnehmende Frau und Mutter von zwei Kindern, denn die liebevolle Kindererziehung und den Haushalt schmeißt sie auch noch, diese Annika Bengtzon, die Liza Marklund zu einer der sympathischsten Ermittlerinnen macht, die immer wieder - zufällig – in Mordfälle hineintappt, wie hier beim Ball der Nobelpreisträger.
Das weiß man aus den jährlichen Fernsehberichten, daß es ein Nobelkomitee gibt, das für die Auswahl der Nobelpreisträger verantwortlich ist, die dann immer im Oktober bekanntgegeben werden und am 10 Dezember in Stockholm aus der Hand des schwedischen Königs die Medaillen entgegennehmen. Und dann am Abend in festlicher Umgebung des Stockholmer Stadthauses tanzen. Mit dieser Szene beginnt der Fernsehfilm, dem viele weiteren folgen, am Ostersonntag PRIME TIME und am Ostermontag STUDIO 6 jeweils um 21. 45 Uhr im Ersten. Im grau-taubenblauen schicken Abendkleid lernen wir mit Malin Crépin eine auch ästhetisch ansprechende Journalistin kennen, die gerade die aktuelle Berichterstattung vom Nobelpreisbankett für ihre Zeitung vornimmt. Tanzen gehört eigentlich nicht dazu.
Aber als er das dritte Mal nachfragt, da gibt sie nach und tanzt mit dem Unbekannten. Schnitt. Wir sehen eine Schöne im Abendkleid, die draußen vor der Tür einen Anruf entgegennimmt, der ihr eine Stelle im Goldenen Saal durchgibt. Dahin eilt die Große auf Stöckelschuhen und dann geht alles blitzschnell: ein Messer, eine Tänzerin wankt und fällt, ihr Partner ebenso. Annika hatte die Täterin angetanzt, nun wird Annika von der Gefallenen sprechend angeschaut, die ihr mit ihren Augen eine Botschaft zu schicken scheint. Aber welche? Das kann sie nicht mehr sagen, denn bums ist sie tot. Ihr schwerverletzter Tanzpartner wird überleben.
Sie, das ist Caroline von Behring, Trägerin eines berühmten Namens, angeheiratet, die Vorsitzende des Nobelkomitees ist, und er ist ein israelischer Stammzellenforscher, der dafür gerade den Nobelpreis erhalten hatte. Schnell ist die Interpretation gestrickt, daß der Israeli Ziel des Anschlages war und sie den Kollateralschaden abgibt. Als die immer noch geschockte Annika mit ihrem Chefredakteur ihren Artikel darüber besprechen will, wird sie von der Polizei als Zeugin nicht nur vernommen, sondern auch zum Schweigen verurteilt. Geheimhaltung, weshalb ein Kollege mit dem Hintergrund ihrer Beobachtungen den Artikel über den Mord beim Nobelfest verfaßt und sie für die nächsten Tage nur für die schmuddeligen Gesellschaftsseiten schreiben soll. Natürlich über die Ermordete und das Umfeld.
Annika fällt im Nachhinein auf, daß da ein junger Bediensteter gerade telefoniert hatte, bevor sie in diese Frau hineintanzte, die dann die Mörderin wurde und da sie die einzige auf dem Fest ist, die eine Personenbeschreibung über diese Frau abgeben kann – groß, dünn, fast gelbe glühende Augen - , kann die Polizei diese sehr schnell als eine Profkillerin aus den USA identifizieren, was für Annika noch mehr Geheimhaltung bedeutet, obwohl sie doch um so eher motiviert ist zu schreiben – nur die Angst, die sie haben müßte, die hat sie nicht. Wohl aber der junge Bedienstete, der mitteilt, daß ihm eine Frau Geld gegeben habe, wenn er sie anruft, wenn sich Caroline von Behring an einer bestimmten Stelle der Tanzfläche befindet.
In den Szenen mit dem Ehemann, der stark in der Kindererziehung, dem Bringen und Holen engagiert ist, aber in Annikas Augen nicht verantwortlich genug, kann man nicht nur den Streß sehen, sondern ahnt mit den Augen der schon viele Bengtzonskrimis verschlungenen Leserin, daß da noch mal was nachkommt. Aber erst später. Als sich dieser nette Tänzer vom Abend wieder meldet, bekommt sie erst nach und nach dessen wichtige Funktion mit, so auch, daß er Doktorand bei Frau von Behring war, und sie geht aus Sympathie auch mit ihm aus, um ihm aber gleich auf die Nase zu binden, daß sie verheiratet sei. Daß dieser ganz andere Interessen hat, ahnt der Zuschauer schon im Detail, es entwickelt sich dann aber ein schauriges langes Ende, daß jedem klar macht, was hier gespielt wird und daß diese Annika Bengtzon wieder mal den richtigen Riecher hatte, sich nicht in das Heer derer einzureihen, die eines Attentats auf den Israeli sicher waren, sondern die Ermordete selber als Ziel gesehen hatte.
Leider gibt’s bis zur Auflösung noch mehrere Tote und auch tote Tiere. Aber insgesamt ist das ein flotter Krimi, der zwar nicht Wissenschaftsgeschichte schreibt, aber mal ein anderes Milieu zeigt, als die meisten nordischen Krimis, die ob des sozialen Elends und der düsteren Gestimmtheit der meisten Figuren einen oft selber depressiv machen. Uns Journalisten macht auch an, daß hier eine Reporterin mal die Gute ist, die nicht nur moralisch auf der richtigen Seite steht, sondern auch im Verfolgen der Auflösung – eigentlich Sache der Polizei – dieser voraus ist und das noch unter Gefahr für das eigene Leben. Uns hat's gefallen und wir freuen uns auf die heutige PRIME TIME in der ARD um 21. 45 Uhr.
INFO I:
Fortsetzung der Serie um Annika Bengtzon am Ostersonntag PRIME TIME und am Ostermontag STUDIO 6 jeweils um 21. 45 Uhr im Ersten. Im Mai folgen DER ROTE WOLF, LEBENSLÄNGLICH und KALTER SÜDEN.
INFO II:
NOBELS TESTAMENT ist bei Hoffmann und Campe erschienen, dort aber vergriffen. Lieferbar ist es derzeit als Taschenbuch im Rowohlt Verlag.