Jacqueline Schwarz
Berlin (Weltexpresso) - Ihr großer Name ist stets ein starkes Zugpferd. Aber die Filme, in denen Judi Dench, die britische Altmeisterin großer Schauspielkunst, in jüngerer Zeit hervortritt, kann sie trotz starker Präsenz auf der Leinwand vor dem Mittelmaß schwer retten. „Victoria and Abdul“ von Stephen Frears war so ein Film: fulminant gespielt aber einfältig seitens des Drehbuchs.
Unterfordert erscheint die 84-Jährige nun auch als KGB-Spionin Joan Stanley in Trevor Nunns Adaption des Romans „Red Joan“, der sich an der wahren Geschichte der englischen Sekretärin Melita Norwood orientiert, die über 40 Jahre lang für russische Geheimdienste arbeitete.
Als Joan eines Morgens wegen Verdachts auf Hochverrat festgenommen wird, fällt die Rentnerin aus allen Wolken. Die Situation erscheint absurd, niemand hätte der harmlos wirkenden netten alten Dame, die sich in ihrem kleinen Vorgarten liebevoll um ihre Blumen kümmert, so etwas zugetraut. Sie stammelt, bestreitet die Vorwürfe und wirkt verloren. Ihr Sohn, ein Anwalt, eilt zu Hilfe. Selbst er wusste nicht um ihr streng gehütetes Geheimnis.
Nur langsam gibt die ehemalige Physikerin den Widerstand auf, gesteht, dass sie – unter dem Eindruck der Bombardierungen von Hiroshima und Nagasaki – die Sowjetunion jahrelang mit geheimen Informationen versorgt hat, überzeugt davon, dass nur ein ausgeglichenes Kräfteverhältnis den Weltfrieden sichern kann.
Als zurückhaltende Stichwortgeberin einer Vergangenheit, die der Film gediegen und etwas ermüdend in Rückblenden erzählt, lässt Dench ihr Dilemma aus jeder Furche ihres Gesichtes scheinen. Doch geht der Regisseur Fragen nach der Verantwortlichkeit von Wissenschaft und Forschung nicht tief auf den Grund.
Stattdessen bläst er die Geschichte mit Herzschmerz auf: An der Universität in Cambridge verfällt die Physikstudentin (Sophie Cookson) 1938 dem eloquenten charismatischen Kommunisten Leo (Tom Hughes), den sie über ihre politisch engagierte Kommilitonin Sonya (Tereza Sbroza) kennenlernt. Doch der erweist sich als ein zwiespältiger Geliebter, nennt Joan seine „kleine Genossin“, entzieht sich ihr aber zeitweise, um bald darauf wieder aufzutauchen. Dagegen entwickelt Max, Chef einer staatlichen nuklearen Forschungsanlage (Stephen Campbell Moore), in der sie während des Zweiten Weltkriegs arbeitet, tiefere Gefühle für sie, auch wenn er sie als Frau zunächst unterschätzt und nur mit Schreibaufträgen beschäftigt. Seine Ignoranz überwindet der Atomphysiker zwar allmählich, aber über die unmöglich erscheinende Liebe zwischen dem unglücklich verheirateten Mann und Joan driftet „Geheimnis eines Lebens“ in ein Melodram.
Die historisch stimmige Ausstattung und die überzeugende Entwicklung der Heldin von einer unbedarften Studentin zu einer Persönlichkeit, die in einer schwerwiegenden Entscheidung ihrer inneren Stimme folgt, verleihen „Geheimnis eines Lebens“ zweifellos Qualitäten. Und doch ließe sich fragen, wozu eigentlich die ganze Aufregung so viele Jahrzehnte später im Angesicht einer alten Frau? In Wirklichkeit wurde das Verfahren der 1999 entlarvten Spionin sogar eingestellt.
Foto:
© Verleih
Info:
BESETZUNG
Joan Stanley JUDI DENCH
Joan Stanley, jung SOPHIE COOKSON
Max STEPHEN CAMPBELL MOORE
Leo TOM HUGHES
Sonya TEREZA SRBOVA
Nick BEN MILES
William Mitchell FREDDIE GAMINARA
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Joan Stanley JUDI DENCH
Joan Stanley, jung SOPHIE COOKSON
Max STEPHEN CAMPBELL MOORE
Leo TOM HUGHES
Sonya TEREZA SRBOVA
Nick BEN MILES
William Mitchell FREDDIE GAMINARA