Bildschirmfoto 2019 07 08 um 23.08.37Nachtrag: Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 27. Juni 2019, Teil 9

Redaktion

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – KATHARINA, DEIN REGIEDEBÜT – WARUM DIESER SKURRILE FILM?

Ich begeistere mich schon immer sehr für skurrile Komödien oder auch Tragikomödien. Ein Genre, dass es hier in Deutschland nur sehr selten gibt. Für mich war klar, wenn ich den Schritt hinter die Kamera mache, dann möchte ich einen Film erzählen, der ganz anders ist, als das, was ich als Schauspielerin beim Fernsehen oder auch in meinen Kinorollen spiele.

Das Drehbuch von Jonas lieferte da schon die ideale Vorlage und ich hatte große Freude daran, mit den Schauspielern, aber auch den Kostümen und der Kamera einiges zu überzeichnen und auf die Spitze zu treiben. Mit Raum und Zeit, Logik und den üblichen Sehgewohnheiten zu spielen und sie bewusst auf die Probe zu stellen.


WIE WAR ES FÜR DICH ZUM ERSTEN MAL REGIE ZU FÜHREN?

Mir hat es großen Spaß gemacht! Die Schauspieler zu inszenieren fiel mir nicht schwer. Was ich tatsächlich unterschätzt habe, sind die vielen Entscheidungen, die ein Regisseur den ganzen Tag über treffen muss. Bei einer freien Produktion wie unserer natürlich nochmal mehr. Das gibt einem zwar große Freiheiten, hat mich aber auch manchmal sehr unter Druck gesetzt. Das würde ich versuchen, beim nächsten Film anders zu machen.

Aber ich habe aus meiner Arbeit als Regisseurin auch sehr viel für meinen Beruf als Schauspielerin gelernt. Welche Tragweite der Schnitt beispielsweise in der Fertigstellung eines Films hat, ist mir erst jetzt richtig klar geworden. Einerseits ist es faszinierend, wie viel man durch den Schnitt noch aus einer Szene herausholen kann, wie viel man „erklären“ kann oder auch ins Absurde treiben. Andererseits hat es mich als Schauspielerin auch schockiert, wie stark eine Szene noch „gelenkt“ werden kann, ob sie traurig oder lustig ausgeht, ob du die Szene führst oder dein Partner.

Und ich habe großen Respekt vor Regisseuren die schon beim Drehen wissen, wie sie etwas schneiden wollen... dazu muss ich wahrscheinlich noch sehr viele Filme drehen.


WARUM SKANDINAVIEN BZW. NORWEGEN?

Mit unserer Familie sind Jonas und ich schon als Kinder in Skandinavien gewesen, wir haben in Dänemark, Schweden und am häufigsten in Norwegen Urlaub gemacht.
Unser Ferienhaus in Vevang (ein kleiner Ort südlich von Trondheim) ist ein altes Fischerhaus direkt am Meer, mit Blick in den Fjord und aufs offene Meer. Ein Sehnsuchtsort meiner Kindheit und auch heute noch. Die Reise dorthin (von der Fähre in Oslo, sind es noch zehn Stunden mit dem Auto Richtung Norden) ist zwar immer etwas beschwerlich, aber durch die malerische Landschaft auch die perfekte Kulisse für einen Roadmovie. Ich denke, dass diese Reise auch Jonas inspiriert hat Hannah und Naja nach Møre og Romsdal fahren zu lassen. Denn sie spiegelt auch unser Thema Einsamkeit wieder: So ist man dort zwar schnell allein auf weiter Flur, aber wenn man mit ein paar engen Verwandten oder Freunden diese Einsamkeit genießen kann, ist es umso schöner.

Bei den Dreharbeiten zu „Wenn Fliegen träumen“ sind wir zwar nicht ganz so weit nördlich gekommen, da wir im Februar gedreht haben und ein Schneesturm uns die Sicht verweht hätte, aber wir haben etwas südlicher vergleichbare Motive gefunden, die der rauen und vielseitigen Landschaft rund um unser Ferienhaus ähneln.


WIE WAR DIE ROLLENAUFTEILUNG ZWISCHEN DEINEM BRUDER JONAS GROSCH UND DIR?

„Wenn Fliegen träumen“ ist unser vierter gemeinsamer Film. Bisher schrieb Jonas die Drehbücher, führte Regie und übernahm wichtige Positionen in der Produktion.
Ich spielte die Hauptrolle, half bei der Produktion und beim Catering. Das macht mir Spaß, ich kann beim Kochen und Backen sehr gut Texte lernen und ich weiß, wie wichtig gutes Essen für eine gute Atmosphäre bei der Arbeit ist.

Diesmal hatte ich mir gewünscht Regie zu führen und Jonas gab mir den Vortritt, begleitete als Produzent aber sowohl den Dreh, als auch den Schnitt und die Tonmischung. Am Set war ich der Ansprechpart- ner, hinter den Kulissen Jonas, aber die meisten Entscheidungen haben wir zusammen getroffen.


WARUM OHNE FÖRDERUNG UND SENDER?

Wir haben damals, vor 13 Jahren, als Jonas das Drehbuch geschrieben hat, verschiedene Einreichungen gemacht, leider gab es keine Förderung, Sender haben abgelehnt. Humor und Skurilllität, sowie dramaturgisch unkonventionelle Strukturen mit solchen Instituten zu besprechen, ist oft sehr mühselig.

Als wir dann Mitte 2016 beschlossen den Film zu machen und dass er mein Regiedebüt werden würde, wollten wir im Januar/Februar 2017 drehen. Da wäre es zeitlich gar nicht mehr möglich gewesen, nochmal Förderung zu benatragen.

Da wir unseren letzten Film „bestefreunde“ ans ZDF verkauft haben, hatten wir ein Grundbudget zusammen und somit haben wir keine weiteren Versuche unternommen, Förderung zu bekommen. Wir gehen nun als frei produzierte Independent Produktion an den Start. Das ist ein tolles Gefühl, aber auch eine große Herausforderung. Denn wenn man eigenes Geld in ein Projekt steckt, versucht man natürlich auch, dass zumindest ein Teil davon wieder rein kommt.


WIE WAREN DIE HERAUSFORDERUNGEN BEI DIESEM AUSLANDSDREH?

Für Jonas, der die Produktion geleitet hat, war sowohl die Reise- planung, als auch Versicherung, Zoll etc. alles was an einem Auslands- dreh dranhängt, ein sehr großer Aufwand. Was unsere Unterbrin- gung anging hatten wir großes Glück, dass wir auf dem Campingplatz, der unser Hauptmotiv „Hüttensiedlung“ war, auch wohnen konnten. Das waren dann zumindest kurze Wege. Viele Motive wie den Strand oder den Wald oder auch den Wasserfall hatten wir in unmittelbarer Nähe unserer Basis. Das hat uns einiges erleichtert, da wir als lowbudget Produktion keinen Fuhrpark mit Aufenthalts-Mobilen, Maske, Kostüm, Catering etc. hatten.


WAS BEDEUTET FÜR DICH HUMOR IM FILM?

Meinen Humor haben vor allem ausländische Filme geprägt. Französische Komödien wie „Ein Tollpatsch kommt selten allein“ oder „Brust oder Keule“, amerikanische: „Some like it hot“, „Hellzapoppin“, englische: „Das Leben des Brien“ „Ein Fisch namens Wanda“. Aber auch tragische Komödien wie „Italienisch für Anfänger“, oder skurrile Komödien wie „Rushmore“ oder „Buffet Froid“.

Für mich steckt der Humor meist in den Dialogen, Missverständnisse, falsch angewandte Redewendungen, unerwartete Reaktion, Doppeldeutigkeit. Woody Allens Sprachwitz begeistert mich immer wieder. Aber auch die Überhöhung in Bildern, wie z.B. bei Wes Anderson macht mir großen Spaß.


Fotos:
KATHARINA WACKERNAGEL UND JONAS GROSCH IN KINDER- TAGEN (OBEN) UND AM SET
VON „WENN FLIEGEN TRÄUMEN“ (RECHTS).

Info:
Darsteller
Thelma Buabeng, Nina Weniger, Niels Bormann, Johannes Klaussner, Katharina Wackernagel, Robert Glatzeder...

Regie:
Katharina Wackernagel
Drehbuch, Produzent: Jonas Grosch
Kamera: Fabian Spuck
Schnitt: Diana Matous