Eva Mittmann
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Im Programmkino ORFEOS ERBEN fand gestern wieder einmal ein besonderer Filmabend statt, denn auch diesmal haben Julia Peters & Jutta Feit vom JIP-Filmverleih dafür gesorgt, dass die Zuschauer hinter die Kulissen blicken können und Hauptdarsteller Asaf Goldstien eingeladen, der dem Publikum im Anschluss an den Film Rede und Antwort stand.
Außerdem wurden Sportreporter von Radio FFH vorgestellt, die als Synchronsprecher bei der deutschen Version des Films mitgewirkt hatten und nun nach der Vorstellung Interviews mit den Zuschauern durchführen möchten.
Doch zunächst „Vorhang auf“ für ein weiteres Roadmovie der Extraklasse: „Back to Maracanã“ von Regisseur Jorge Gurvich. Behutsam werden wir Zuschauer in die Lebensgeschichte der drei Protagonisten dreier Generationen eingeführt. Da ist zunächst der frisch geschiedene Vater Roberto (Asaf Goldstien), dessen Ex-Frau Tali ihn für einen Versager hält. Dieses Stigma verfolgt ihn beständig, selbst in dem Moment noch, als er brav versucht, den Ventilator von Großvater Samuel (Antonio Petrin) zu reparieren. Dieser hat nämlich all diesen Bemühungen zum Trotz nicht mehr als einen trocken-abfälligen Kommentar für seinen Sohn übrig: „Was hab‘ ich da nur großgezogen?“
Er selbst ist nämlich als gebürtiger Brasilianer quasi erblich bedingt komplett fußballverrückt und sein Credo lautet: „Es ist nie langweilig, solange ein Ball da ist...“ Er spricht dies auch laut aus mit einem so unwiderstehlich süffisant-charmanten Lächeln im Gesicht, dass es wie ein elftes Gebot verstanden werden muss und dementsprechend keinerlei Widerspruch duldet. Dennoch: Enkelsohn Itay (Rom Barnea) kann als Kind der Handygeneration diese Ansicht so gar nicht teilen: Und als er vom Großvater ein Fußballshirt geschenkt bekommt, reagiert er darauf bloß mit demonstrativ zur Schau getragenem Desinteresse.
Großvater Samuel nimmt dies zunächst gelassen gleichgültig, ja, man könnte meinen, er ignoriere es noch nicht einmal. Nach wie vor ist er felsenfest davon überzeugt, seinen Enkel mit Fußballfieber anstecken zu können. Als er zudem nach einem Arztbesuch erfährt, dass seine Tage gezählt sind, nimmt er seine Ersparnisse, um Sohn und Enkelsohn auf eine Reise ins berühmte Fußballstadion Maracanã zu entführen und schon steigen sie in den nächsten Flieger nach Rio. Weiter soll es mit einem Wohnmobil gehen - direkt zum berühmten Stadion. Enkelsohn Itay hat es währenddessen grundsätzlich nicht leicht, sich durchzusetzen. Er bekommt eine klare Ansage: „Hier ist es gefährlich: Es gibt Diebe, Kidnapper und Deutsche“. Erschwerend kommt der Generationenkonflikt hinzu. Dieser manifestiert sich dialogisch wie folgt: „Hat denn Roberto seine Krise überstanden?“- „Ja, aber die nächste ist schon im Anmarsch.“ Und tatsächlich wirkt Roberto im ersten Teil des Films wie ein Gestrandeter an Leben und Kunst.
Doch das Blatt wendet sich gegen Ende. So wie sich offensichtlich alle Beteiligten während der Dreharbeiten in vier verschiedenen Sprachen, nämlich Portugiesisch, Englisch, Spanisch, und Hebräisch, miteinander verständigen mussten, um zu einer Einigung zu gelangen – so haben auch die hier dargestellten drei verschiedenen Generationen letztlich zu wechselseitigem Verständnis und Einigung gefunden. Es ist deshalb kein Wunder, wenn sich zum guten Schluss die drei Hauptfiguren des Films in gegenseitigem Respekt und in Liebe zueinander wiederentdecken und neu erfinden. Wundervoll.