Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 15. August 2019, Teil 2
Hanswerner Kruse
Berlin (Weltexpresso) - Im Jahr 1969: Das Musikfestival Woodstock bewegt die Jugend Amerikas. Charles Mansons Family ermordet die Schauspielerin Sharon Tate. Der Film „Easy Rider“ bringt das Lebensgefühl dieser Zeit in die Kinos („Born to be wild“), offenbart aber auch die US-amerikanische Zerrissenheit. In dem Jahr spielt Quentin Tarantinos „Once upon a time in Hollywood“.
„Es war einmal...“, so begannen die alten Wildwestfilme im Kintopp und so beginnen auch die Märchen. Tarantinos Film spielt mit dem doppeldeutigen Titel: Es war einmal in Hollywood, als Fernseh-Serien die alte Traumfabrik bedrohten, aber New Hollywood mit „Easy Rider“ erfolgreich wurde. Zugleich erzählt der Regisseur ein Märchen und fragt, was wäre gewesen, wenn...?
In Beverly Hills wohnt der abgehalfterte Westernserien-Star Rick Dalton (Leonardo DiCaprio) gleich neben Roman Polanski und Sharon Tate (Margot Robbie), er säuft und neigt zu Depressionen. Sein Freund und Stuntman Cliff Booth (Brad Pitt) ist auch der Chauffeur, weil er keinen Führerschein (mehr) hat. Da Rick immer nur die Schurken in TV-Westernserien gibt, quasi eingefroren in der Rolle des Bösen, leidet seine Karriere darunter: Jeder kennt ihn, aber niemand mag ihn, wer hat schon Halunken gerne?
Eines Tages bekommt Rick ein Angebot aus Rom, billige Italo-Western zu drehen und ist dort recht erfolgreich. Nach sechs Monaten kehrt er mit einer neuen italienischen Ehefrau und seinem Freund in die USA zurück. Cliff bringt eine Tramperin in ein altes verlassenes Farm-Studio und verprügelt dort einige Hippies aus der Manson-Kommune, die ihn mächtig provoziert hatten. „Ah, aus Hollywood ist der“, heißt es, als Cliff wieder verschwunden ist, „wir werden die töten, die uns das Töten gezeigt haben!“ Der hochspannende Rest der Geschichte wird meist nur noch wie eine Reportage aus dem Off kommentiert - und hier nicht verraten!
Mit viel Rockmusik - „California Dreaming“ oder „Baby, you're out of time“ lässt Tarantino auf 35mm-Film authentisch die 1960er-Jahre wieder auferstehen. Lange hat der Streifen keine stringente Handlung und wirkt, typisch für den Regisseur, eher wie eine Collage aus assoziativen Bildern und Geschichten in Geschichten. Erzählt wird die Story auf zwei Ebenen: Als Film im Film sieht man Western-Szenen mit Schießereien und Liebesgeschichten im Wechsel mit dem „wirklichen“ Leben in Hollywood: Dreharbeiten, Playboy-Partys mit Stars und Sternchen, rasante Autofahrten.
Wenn sich jemand erinnert oder Filme entwirft, tauchen alte Kinobilder oder fantasierte Szenen auf: etwa Brad Pitt als Nazikiller in „Inglourious Basterds“. Wie immer arbeitet Tarantino mit Zitaten aus eigenen Streifen.
Der Film ist vor allem eine Buddy-Geschichte und erzählt die Freundschaft zwischen dem Schauspieler und seinem Stuntman. Während Rick im Gegensatz zu seinem Rollenbild eher zweifelnd und melancholisch auftritt, ist Cliff im wirklichen Leben ein charmanter Draufgänger. Einmal weint Rick sogar am Set in den Armen einer kindlichen Schauspielerin. Sein Double dagegen verprügelt im Studio den großmäuligen Bruce Lee (Mike Moh) und wird dafür als Stuntman gefeuert. Alle Rollen sind glaubhaft und gut besetzt, doch Pitt und DiCaprio sind einfach unübertrefflich.
Dieses Werk Tarantinos, sicher eines seiner besten, ist kein reiner Actionfilm, lange Zeit - bis zum Massaker am Ende - passiert Gewalt nur in den Western. Der Streifen versackt aber auch nicht in Ricks Selbstzweifeln oder Cliffs Einsamkeit. Tarantino geht respektvoll mit den Polanskis um, macht jedoch das Personal der Manson-Kommune zu lächerlichen Irren. Seit dem Besuch Cliffs im alten Studio lastet eine düstere Schwere auf dem Film. Aber vielleicht findet Tarantino ja einen märchenhaften Schluss? Es war einmal in Hollywood...
Fotos:
(c) Sony Picture
Info:
„Once upon a time in Hollywood“, USA 2019, 161 Minuten, Deutscher Filmstart 15. August (der Tag, an dem einst Woodstock begann)
Regie Quentin Tarantino mit Leonardo DiCaprio, Brad Pitt, Margot Robbie, Al Pacino u.a.
"Once upon a time in Hollywood" - Einer der besten Tarantino-Filme
- Details
- Kategorie: Film & Fernsehen