Der Honiggarten- Das Geheimnis der Bienen

Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. September 2019, Teil  6

Kirsten Liese

Berlin  (Weltexpresso) – Mit der gleichgeschlechtlichen Liebe von Frauen in Zeiten, in denen sie noch tabuisiert war,  hat sich das Kino schon häufiger beschäftigt.  So muss denn auch eingestanden werden, dass Annabel Jankels Liebesgeschichte zweier Außenseiterinnen in einem kleinen schottischen Ort in den 1950er Jahren eine schon etwas auserzählte ist, die sich seitens des Konflikts nicht wesentlich von Filmen wie „Desert Hearts“, „Heller Wahn“, „Anne Trister“, „When Night is falling“ oder der Highsmith-Adaption „Carol“ unterscheidet.

Aber dieser Aspekt mindert nicht die Qualität eines Films, der dank großer Gefühle und couragierten, selbstbewussten Heldinnen, die sich von ihrer Umgebung in ihrem Begehren nicht so leicht verunsichern lassen, stark berührt.

Jung und schön ist die eine, Lydia (Holliday Grainger), eine alleinerziehende Mutter, die in ihrem knochenharten Job in einer Textilfabrik zu wenig Geld verdient, um ihre Miete bezahlen zu können.  Die andere, Dr. Jean Markham (Anna Paquin), eine gebildete, elegante Ärztin und Hobby-Imkerin, ist nach längerer Abwesenheit in die Provinz zurückgekehrt, um die Praxis ihres Vaters zu übernehmen. Lydias zehnjähriger Sohn Charlie wird nach  einer Rangelei im Schulhof zu ihrem Patienten und zeigt sich von Jeans Bienen so fasziniert, dass sie ihm erlaubt, jederzeit wiederzukommen und ihn lehrt, den Bienen seine Geheimnisse anzuvertrauen, damit sie nicht wegfliegen.

So lernen die Frauen schließlich über den Jungen einander kennen und freunden sich an. Nach dem Verlust der Wohnung dürfen Mutter und Sohn im Haus der herzensguten Singlefrau einziehen. Aber das Glück währt nicht lange. Als Charlie über den Klatsch im Dorf dahinter kommt, dass die Freundinnen ein Liebespaar sind, stellt er sich enttäuscht gegen sie und  solidarisiert sich mit dem cholerischen Vater.

Über diese Wende berührt „Der Honiggarten- Das Geheimnis der Bienen“,  basierend auf dem gleichnamigen Roman der britischen Autorin Fiona Shaw, zwar etwas absehbar, so doch aber glaubwürdig  gesellschaftliche Zwänge, Moralvorstellungen und Bigotterie der damaligen Zeit.

Vor allem aber visuelle Qualitäten machen aus dem Film einen besonderen: Über die exakte, aufwendige historische Ausstattung vermittelt sich authentisch die muffige Atmosphäre. Und wenn die Bienen, einhergehend mit der zunehmenden Dramatik der Ereignisse, immer unruhiger werden, zu Tausenden ausschwärmen und eine apokalyptische Stimmung heraufbeschwören, gelingen grandiose Szenenbilder, die an Hitchcocks „Vögel“ erinnern.