Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. November 2019, Teil 11
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Dem amerikanischen Automobilhersteller Ford geht es 1964 nicht gerade blendend. Als Henry Ford II (Tracy Letts) anfragt, wie man die Attraktivität der Marke erhöhen könne, kommt Lee Iacocca (Jon Bernthal) aus der Marketingabteilung mit der Idee, das sich Ford an Ferrari wenden soll (die gerade vor dem Konkurs stehen), damit man in Kooperation Autos für Langstreckenrennen herstellen kann. Ford könne dann am 24-Stunden-Rennen von Le Mans teilnehmen, um damit auch junge Käufer für die Autos zu gewinnen.
Doch als Enzo Ferrari im allerletzten Moment den Deal platzen lässt und eine Kooperation mit Fiat eingeht, will Henry Ford die Sportwagen in Eigenregie unter dem Namen Ford GT40 bauen.
Ford engagiert deshalb den ehemaligen Rennfahrer und jetzigen Rennwagen-Konstrukteur Carroll Shelby (Matt Damon), der 1959 als Fahrer zusammen mit Roy Salvadori auf einem Aston Martin DBR1/300 als bisher einziger Amerikaner das 24-Stunden-Rennen von Le Mans gewonnen hat. Allerdings darf er inzwischen aus medizinischen Gründen selbst keine Autorennen mehr fahren, aber er konstruiert jetzt mit seiner Firma Shelby American konkurrenzfähige Sportrennwagen.
Shelby sichert sich daraufhin die Mithilfe des in den USA lebenden britischen Rennfahrers Ken Miles (Christian Bale), der sich neben den Autorennen mit einer Autowerkstatt über Wasser hält. Er lebt dort zusammen mit seiner ebenfalls autoverrückten Frau Molly (Caitriona Balfe) und seinem Sohn Peter (Noah Jupe), der ihn zu allen seinen Rennen begleitet.
Miles ist in der Branche nicht gerade beliebt, da er als recht schwierig gilt und auch zu Wutanfällen neigt. Er ist aber ein absolutes As, wenn es darum geht, ein Auto nicht nur zu fahren, sondern es auch zu tunen. Shelby stellt ihn deshalb als Werksfahrer bei Shelby American ein und lässt ihn mit seinen eigenen Sportwagen Rennen fahren.
Doch sowohl Shelby als auch Miles haben bei Ford Probleme, denn vor allem Leo Beebe (Josh Lucas) der PR-Chef von Ford macht ihnen durch seine Intrigen und Marketingüberlegungen das Leben recht schwer.
Nachdem man sich allerdings 1965 in der Chefetage von Ford nicht an die Vorschläge und Überlegungen von Shelby und Miles gehalten hat und Ferrari dadurch wieder einen grandiosen Sieg in Le Mans einfahren konnte, hat beim Rennen 1966 Carroll Shelby an der Rennstrecke das Sagen. Jetzt können die Konstrukteure und Fahrer endgültig zeigen, was sie aus ihren Sportwagen herausholen können...
Der bekannteste Film über das 24-Stunden-Rennen von Le Mans ist sicher "Le Mans" mit dem Hauptdarsteller Steve McQueen, der 1971 in die Kinos kam und als einer der bekanntesten Rennsportfilme und als ein Dokument des Motorsports der 1960er und 1970er Jahre gilt. "Le Mans" beruht allerdings nicht auf realen Ereignissen.
Im Film "Le Mans 66 - Gegen jede Chance", der im Original besser "Ford v Ferrari" heißt, treffen zwar nie Enzo Ferrari und Henry Ford II aufeinander, aber nachdem Ferrari im allerletzten Moment seine Firma an Fiat verkauft hat, will Ford es dem italienischen Rennstall zeigen und selbst konkurrenzfähige Rennsportwagen bauen lassen.
Es geht also ebenso wie bei "Rush - Alles für den Sieg" (2013) um Konkurrenz. Hier kämpfen nicht wie in "Rush" die Rennfahrer James Hunt und Nikki Lauda gegeneinander, sondern es geht vor allem um publikumswirksame und erfolgreiche Konstruktionen. Deshalb treffen die von den Konkurrenten konzipierten und gebauten Autos erst beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans in den Jahren 1965 und 1966 aufeinander.
Dies ist der historische Hintergrund des Filmes, zu dem Jez Butterworth, John-Henry Butterworth und Jason Keller das Drehbuch geschrieben haben und James Mangold Regie geführt hat. Dabei ist ein spannender und auch humorvoller Rennfahrerfilm entstanden, der in jeder Minute Spaß macht und dessen 153 Minuten niemals langweilig sind.
Die Hauptrollen als rebellische Autobauer haben Matt Damon als Carroll Shelby und Christian Bale als Ken Miles - im Original mit nordenglischem Akzent - übernommen. Beide zeigen tolle schauspielerische Leistungen als zwei renitente Getriebene und alte Freunde, die es nicht nur dem Konkurrenten, sondern auch den Oberen in der eigenen Firma zeigen möchten und die auch gegen die Stallorder ihre Vorstellungen durchziehen wollen.
Matt Damon und Christian Bale haben dabei eine tolle Chemie miteinander. Während Damon seine Rolle als Carroll Shelby - wie schon oft - zurückhaltend und mit einem Augenzwinkern spielt, musste Christian Bale für die Rolle als Ken Miles - wie auch im "Der Maschinist" (2004) - wieder einige Kilos abnehmen - hier waren es 30 kg, nachdem er vorher für "American Hustle" (2013) und "Vice - Der zweite Mann" (2018) ordentlich zugenommen hatte.
Auch wenn Christian Bales Ken Miles als Mensch nicht gerade einfach ist, nimmt man ihm ab, dass er sehr viel von der Entwicklung und Herstellung von Sportwagen versteht und dass er zusammen mit Shelby für seinen Traum kämpft, große Langstreckenrennen zu gewinnen. Dadurch steht man als Zuschauer sofort auf der Seite der Beiden, denn der PR-Chef Leo Beebe möchte zwar den Erfolg (möglichst für sich selbst), will aber auch die Mitarbeiter an der Rennstrecke gängeln, die im Gegensatz zu ihn etwas vom Rennsport und Autos verstehen. Auch Henry Ford hat nur ein Interesse am Ausgang des 24-Stunden-Rennens und nicht daran wie das Rennen verläuft, denn er selbst lässt sich zwischendurch mal mit dem Helikopter ausfliegen, um gepflegt zu Abend zu essen, anstatt das Rennen dauernd zu verfolgen - im Gegensatz zu Enzo Ferrari.
Der Film wurde von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) mit dem Prädikat "wertvoll" ausgezeichnet, da neben den exzellenten Darstellerleistungen von Matt Damon als Carroll Shelby und Christian Bale als Ken Miles das Zusammenspiel der digitalen Effekte und einer bis ins Detail historisch stimmigen Kulisse und Ausstattung die Vision einer Zeitreise zum Autorennen nach Le Mans im Jahr 1966 perfekt machen.
Insgesamt ist "Le Mans 66 - Gegen jede Chance" ein wunderbar sympathischer, humorvoller und spannnder Film, der ganz sicher nicht nur Autofans ansprechen wird. Es ist ein ausgesprochen sehenswerter Film entstanden, der allerbeste Unterhaltung bietet und der trotz einer Laufzeit von 2 1/2 Stunden nie langweilig ist.
Foto: Carroll Shelby (Matt Damon) und Ken Miles (Christian Bale) © Twentieth Century Fox
Info:
Le Mans 66 - Gegen jede Chance (USA 2019)
Originaltitel: Ford v Ferrari
Genre: Drama, Biopic, Sportfilm
Filmlänge: 153 Min.
Regie: James Mangold
Drehbuch: Jez Butterworth, John-Henry Butterworth und Jason Keller
Darsteller: Matt Damon, Christian Bale, Jon Bernthal, Caitriona Balfe, Noah Jupe, Tracy Letts, Josh Lucas u.a.
Verleih: Twentieth Century Fox Germany
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 14.11.2019