Bildschirmfoto 2019 11 13 um 23.25.17Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. November 2019, Teil 8

Redaktion

Los Angeles (Weltexpresso) - Wie immer ist unter dem Gesichtspunkt der Ideologiekritik bei Filmen zu hinterfragen, warum sie aus welchen Gründen genau zu diesem Zeitpunkt gedreht und gezeigt werden, das, was schon Adorno als interessengeleit untersucht wissen wollte. Selten ist dies so eindeutig zu beantworten, wie bei diesem Rennfahrerfilm, der zwei gegensätzliche Botschaften im Konkurrenzkampf der USA versus Europa vermittelt. Der Film heißt im übringen im Original auch Ford v Ferrari! Die Politik des gegenwärtigen US-Präsidenten ist darauf ausgerichtet und seine Wähler werden diesen Film lieben! Aber gleichzeitig ist er auch ein Film über die Kraft und Intelligenz von Unabhängigen, die außerhalb großer Konzerne mit Mut und Leidenschaft ihr Ding durchziehen und so ein Loblied auf unangepaßtes Verhalten. Und gut gemacht ist der Film dazu!  Die Redaktion

So geht eine der berühmtesten Geschichten des Motorsports: Carroll Shelby – in enger Zusammenarbeit mit seinem mutigen Testfahrer Ken Miles – entwickelt einen revolutionären Rennwagen, der die schier unbesiegbare Autoflotte der Motorsportlegende Enzo Ferrari 1966 bei den 24 Stunden von Le Mans schlägt. Es ist die Mär einer Gruppe unkonventioneller Männer, die gegen alle Wahrscheinlichkeiten etwas Außergewöhnliches geschafft hat – allein durch Ideenreichtum, Entschlossenheit und Willenskraft.

Zwei Dinge waren es, die Regisseur James Mangold an dem Projekt faszinierten: Einerseits durfte er Sequenzen inszenieren, in denen die Zuschauer praktisch auf den Sitzen der furchtlosen Rennfahrer Platz nehmen, andererseits konnte er von der turbulenten Freundschaft zwischen Shelby und Miles erzählen. Beide waren überlebensgroße, komplexe Persönlichkeiten. Shelby taff, aber überaus liebenswert, Miles kratzbürstig und geradeheraus. Was die beiden einte, war ihre Liebe für Innovation und die Passion für Autorennen.

Man kann sagen, Shelby und Miles aus mussten sich auf ihrem Gebiet einfach hervortun. Das ging so weit, dass sie bereit waren, jedes Mal ihr Leben aufs Spiel zu setzen, wenn sie sich hinter das Lenkrad klemmten. „Sie verstanden sich blind”, sagt Mangold. „Als Shelby mit der Tatsache konfrontiert wurde, dass er nicht mehr Rennen fahren durfte, hat er sich einfach neu erfunden. Als Autoverkäufer und Designer – mit Ken als Mann, der für ihn seine Träume erfüllen sollte. Aber Ken war kein Mann, der sich unterordnen oder in Gruppen einfügen konnte. Er hat immer gesagt, was er gerade gedacht hat. Also hat sich Shelby zu seinem Beschützer und Sprecher gemacht. Der eine ersetzte bzw. ergänzte den anderen.”

„LE MANS ‘66 ist die Art von Film, die mich daran erinnert, warum ich mich überhaupt für eine Karriere im Filmgeschäft entschlossen habe”, sagt Produzent Peter Chernin. Es ist dieses große, emotionale Erlebnis, das uns im Kinosaal eint. Wir wollen an der gezeigten Geschichte teilhaben. Wir wollen gerührt werden, weinen und uns inspirieren lassen. Um all das und viel mehr geht es in unserem Film.”

Chernin war begeistert, als man nach Jahren der Skriptentwicklung James Mangold als Regisseur engagierte. Mangold hatte bereits viel Erfahrung mit Filmen, in denen er hoch emotionale Geschichten von historischen Figuren und spannenden Außenseitern erzählte.

„Er besitzt einen Hang für widerwillige Helden undmag Figuren, die einen starken moralischen Kodex und einen eigenen Kopf besitzen und nicht immer den Gesetzen gehorchen”, weiß Chernin. „Diese Leute ziehen ihn an, wie hier, wo ihm ein Drama mit atemberaubender Action gelungen ist. Niemand anderer hätte Schönheit und Seele dieses Films besser vereinen können als er.”

„Die Herausforderung bestand darin, die Geschichte so zu erzählen, dass das Publikum die Freundschaft und Verbundenheit unter den Fahrern, den Designern und ihrer Crew spürt. Dabei durften wir in keine Klischees verfallen”, fügt Mangold hinzu. „Ich musste es schaffen, so in die Seele dieser einzigartigen Figuren vorzudringen, dass das Gewinnen und Verlieren von Rennen im Vergleich zum Gewinnen und Verlieren des Lebens zweitrangig erscheinen würde.”

Mangolds Ansatz war es, ein naturalistisches Porträt von Shelby und Miles zu zeichnen, zu zeigen, wie sie ihr Leben führten. Unserer modernen Kino-Ära, in der die Blockbuster von CGI-Technik geprägt sind, wollte er sich widersetzen. Der Regisseur war überzeugt, dass er einen realistischen Ansatz für die Story brauchte. In LE MANS ‘66 wollte er das Lebensgefühl der 1960er mit klassischen, sprich analogen Mitteln auf die Leinwand bannen und vor Augen führen, was die Fahrer erlebten, wenn sie mit ihren Autos – und damit auch mit sich selbst – an die Grenzen gingen.

„Mein Ziel war es, in einem Zeitalter, in dem der Actionfilm von Computern definiert wird, etwas Erdiges, Echtes und Realitätsnahes zu schaffen. Ich wollte dieses sexy Gefühl von Motoren und Autos evozieren, spürbar machen, in welche Gefahr die Rennwagen die Männer brachten”, sagt Mangold. „Diese Typen bretterten, nur von einer dünnen Aluminiumhaut umgeben mit 320 Kilometer pro Stunde über den Asphalt. Das wahre Wunder war ihr Mut – neben der Tatsache, dass sie unter diesen Umständen überlebten. Das wollte ich begreiflich machen.”

Der Film beginnt mit Shelbys Sieg in Le Mans und seiner anschließenden niederschmetternden Diagnose. Dann springt er ins Jahr 1963, in dem die Ford Motor Co., einst Marktführer in den USA, hinter den heimischen Konkurrenten General Motors zurückgefallen ist. Marketing-Chef Lee Iacocca bringt da eine ungewöhnliche Idee ins Spiel: Er meint, um junge Erstkäufer an sich zu binden, sollte man den Fokus auf Geschwindigkeit legen. Ergo: Hätte Ford Autos, die bei Rennen siegreich sind, wäre man mit seiner Produktlinie attraktiver als die der Konkurrenz. Und da niemand schnellere und schnittigere Autos als Enzo Ferrari baut, scheint der Kauf der europäischen Marke die einzig richtige Antwort. Postwendend wird eine Delegation leitender Angestellter nach Italien ins Ferrari-Hauptquartier geschickt, um den Deal zu besiegeln. Nur um mit leeren Händen nach Michigan zurückzukehren.

Außer sich vor Wut, ernennt Ford-Boss Henry Ford II, auch bekannt als „Der Teufel”, umgehend seine rechte Hand, Vize-Präsident Leo Beebe, zum Leiter der Rennsportabteilung „Ford Advanced Vehicles”. Hier soll ein Auto gebaut werden, das in der Lage ist, Ferrari zu schlagen – und zwar auf dem „Mount Everest des Motorsports”, den 24 Stunden von Le Mans. Das FAV-Team baut einen spannend aussehenden GT40 Mark I, aber der erste Start in Le Mans endet 1964 ernüchternd. Keiner der drei ins Rennen geschickte Wägen passiert die Ziellinie, Ferrari belegt die ersten drei Plätze, auf Rang vier reiht sich Shelbys Daytona Cobra Coupe ein. Ein Umstand, den Ford II durchaus bemerkt.

Ford II nimmt Shelby unter Vertrag. Er soll fortan das Rennprogramm der Firma leiten, einen Wagen entwickeln, testen und auf die Rennstrecke bringen. Als Problem dabei erweist sich Shelbys oberster Testfahrer Ken Miles. Der unverblümte Mann macht sich Beebe mit seiner Art schnell zum Feind. Dieser wiederum tut alles, um Miles bei Shelby schlecht zu machen. Allen Widrigkeiten und Einmischungen seitens der Auftraggeber zum Trotz gelingt es Shelby und seinem Team – ihm gehören unter anderem Chefingenieur Phil Remington und der junge britische Mechaniker Charlie Agapiou an –, eines der besten Rennautos zu bauen, das je hergestellt wurde: den Ford GT40 MKII. Dieses Fahrzeug hat den Ruf, nicht nur Ford sondern auch die Vereinigten Staaten von Amerika nachhaltig verändert zu haben – und zwar dank des legendären Rennens, das es sich 1966 mit seinen Konkurrenten in Le Mans lieferte.

Mangold sagt: „Dieser Film handelt von Menschen, die nach einer Spitzenleistung streben und sich gegen vorgefasstes Firmendenken und althergebrachte Marketingstrategien durchsetzen. Wir haben es hier mit dem geradezu essenziellen Kampf zu tun, der bei uns im Land noch im 21. Jahrhundert Gültigkeit besitzt. Es geht um den Mut, Risiken einzugehen, dem Instinkt zu folgen und Dinge anzugreifen, die man bislang nicht gewagt hat. Diese Leute sind damals Risiken eingegangen, vor denen wir uns heute noch weitgehend fürchten.”

Chernin fügt hinzu: „Wir waren uns immer sicher, dass wir uns hier mit einem unwiderstehlichen, fesselnden und zwingenden Thema beschäftigten. Es geht nämlich um die Dinge, die im Hintergrund passieren, um Leidenschaft, Wettbewerb und überlebensgroße Männer. Sie stehen an einem Wendepunkt der US-Geschichte. Mit dem Optimismus der 50er und frühen 60er Jahre ist es vorbei, es beginnen die zynischen 1960er und 1970er. Unser Film ist im besten Sinn eine nostalgische amerikanische Underdog-Story.”

Foto:
© Verleih

Info:
Regie: James Mangold
Drehbuch: Jez Butterworth, John-Henry Butterworth und Jason Keller
Darsteller: Matt Damon, Christian Bale, Jon Bernthal, Caitriona Balfe, Noah Jupe, Tracy Letts, Josh Lucas u.a.
Verleih: Twentieth Century Fox Germany

Abdruck aus dem Presseheft