
Claudia Schulmerich
Wiesbaden (Weltexpresso) – Die Filmfestivals kommen in die Jahre und die meisten sind schon lange erwachsen, wie das Wiesbadener exground filmfest mit nun der 32. Auflage oder auch das fast so alte Filmfest Dresden, das im April 2020 zum 32. Mal stattfindet und wie andere in der Festivalbroschüre eine Anzeige geschaltet hat, weshalb wir uns gut informiert fühlen.

Das galt für die diejenigen, die mit der inhaltlichen Gestaltung, der Programmerstellung etc. zu tun haben, aber es galt, da ließ Andrea Wink nicht locker, auch für diejenigen, die nun das Festival möglich machen durch Organisationsarbeiten, die ja bis zu den Kartenabreißerinnen gehen und unter denen einige überhaupt keine Bezahlung erhalten, weil ein Großteil der Arbeit rein ehrenamtlich ist. Erneut großer Beifall.
Und dann sind da auch noch neben den Jurys die eingeladenen Gäste, rund 10, hauptsächlich zum Länderschwerpunkt Brasilien, der für 2019 ausgerufen ist und dem auch der Eröffnungsfilm gewidmet ist. Lustig, daß Andrea Wink einer Kollegin für ihre Hilfe dankte, die aber gerade einen Schauspieler aus Afghanistan abholte, wie es vom Podium hieß, was einen sprachaufmerksamen Gast gleich dazu brachte, laut nachzufragen: „Aus Afghanistan?“, was Heiterkeit erregte und die Antwort: „Nein, vom Bahnhof“ präzisierte, der dann auch gleich in persona eintraf und beklatscht wurde.

Zwischendurch wurden immer wieder auf der Leinwand des Caligari die Förderer mit ihren Markenzeichen gezeigt. Da war Zeit genug, einmal durchzuzählen und wir kamen auf 41 Förderer und der Überlegung, wie viel Zeit das allein bedeutet, mit allen Förderern zu kommunizieren und sich dankbar zu zeigen.
Hatte die Ministerin ihre ‚Untergebene‘ geschickt, ging es mit der Stadt Wiesbaden geradezu umgekehrt. Axel Imholz (SPD) ist der Kulturdezernent der Landeshauptstadt Wiesbaden, war aber verhindert, weshalb sein Chef, der gerade frisch zum Oberbürgermeister gewählte Gert-Uwe Mende (SPD) gekommen war, was lebhaft beklatscht wurde. Der lehnte sich weit aus dem Fenster, betonte die Bedeutung von exground für die Landeshauptstadt, das Filmfest habe eine Strahlkraft entwickelt und sei inzwischen ein international anerkanntes Festival, habe sich toll entwickelt und den Ansatz verfolgt, daß hier eben auch die Filme zu sehen sind, die ansonsten wenig zu sehen sind.
Er hatte sich auch das Programm genau angeschaut und sprach über den Länderschwerpunkt Brasilien, der in den Filmen auch auf die indigene Bevölkerung eingehe, während der derzeitige Staatspräsident alles tue, um die Ressourcen der Natur kommerziell auszubeuten und die Lebensgrundlagen der indigenen Bevölkerung fortwährend zu zerstören. Mende ging auch auf die Leistungen der Stadt im Kulturbereich ein, die höher sind als vergleichbarer Städte. Was übrigens für die Stadt Frankfurt gilt, die im Verhältnis zur Bevölkerung, also pro Einwohner, den höchsten Kulturetat Deutschlands hat, ist das für andere hessische Städte ein Anreiz. Wiesbaden bekommt außerdem wie auch die beiden Residenzstädte Darmstadt und Kassel z.B. für ihre Theater einen Landeszuschuß, die deshalb auch Staatstheater heißen, einen Zuschuß erhalten auch ihre Museen.
Ihren Einstand gab auch Karin Wolff als neue Geschäftsführerin Kulturfonds Frankfurt RheinMain, ohne deren finanzielles Engagement sehr viele Kulturveranstaltungen in der RheinMainGegend nicht hätten stattfinden können. Wie Frau Wolff erläuterte, gibt es dabei zwei Auswahlgründe für die Finanzierung. Das sind einmal die sogenannten Leuchttürme der Kultur, also herausragende Ereignisse, zu denen Filmfestivals durchaus gehören. Dann aber versteht sich die Kulturvereinigung, in der Städte und Gemeinden Mitglied werden, also zahlen müssen, was vom Land aber verdoppelt wird, auch als Ermöglicher, fördert also Projekte und das, was erst einmal nicht von Zuschauermassen besucht wird, aber eben Entwicklungscharakter besitzt. Ihre Aussagen, daß Kultur die Identität bestimme, erwiderten einige im Publikum mit Achselzucken, schließlich saßen sie ja

Zuvor allerdings stellte der Kurator für den Länderschwerpunkt Brasilien, Amos Borchert, das diesjährige Programm vor, in dem 23 Filme aus Brasilien eine Rolle spielen, die alle Genres umfassen, aber vor allem in Genremischungen Grenzen überschreiten, wobei zehn Filmmenschen und Experten erwartet werden.
Das war fast alles rund, aber es bleibt unverständlich, warum innerhalb des Länderschwerpunkts Brasilien weder die Person Sebastião Salgado als Weltfotograf Brasiliens erwähnt wird, noch einige seiner Fotografien der Regenwälder und seines Aufforstungsprojekts gezeigt werdent. Unverständlich auch, daß der hinreißende Film von Wim Wenders, der in DAS SALZ DER ERDE die Person Salgado und sein Werk ins Bild setzt, also auch die Fotografien, noch nicht einmal erwähnt wird.lNatürlich hätte eine Ausstellung, die erfreulicherweise das Filmfest EXGRUND in zwei Auflagen bringt, die Fotografien Salgados zusätzlich zeigen können. Der Verlag Taschen hat sich um die Verbreitung wahrlich verdient gemacht, denn es gibt mit GOLD, aber auch anderen Bänden, absolut günstig zu erwerbende Prachtbände - über das Elend der Welt. Auf jeden Fall wäre bei einem Filmfest mit dem Schwerpunkt Brasilien im Jahr 2019, ein Schwerpunkt mit Sebastião Salgado eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Schade.
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