f munchenDAS SIND DIE GEWINNER des des 39. FILMSCHOOLFEST MUNICH 2019

Hanno Lustig

München (Weltexpresso) - Am Samstag, den 23. November 2019 wurden die Preise des 39. FILMSCHOOLFEST MUNICH in der HFF - Hochschule für Fernsehen und Film München verliehen. Damit geht eine film- und ereignisreiche Woche rund um das Filmmuseum München zu Ende, wo nicht nur die besten studentischen Kurzfilme des Jahres gezeigt wurden – 42 Filme aus 23 Ländern –  sondern die Filmstudent*innen aus aller Welt miteinander und mit dem Münchner Publikum diskutierten, München als Stadt und Filmstandort kennenlernten, zum Beispiel auch bei einer Tour durch die Bavaria Filmstudios und neue Kontakte knüpfen konnten.

Die Festivaljury und weitere Jurys der Preisstifter wählten ihre Preisträger dieses Jahr aus 28 Spiel-, 9 Dokumentar-, und 5 Animationsfilmen, die die Auswahljury in den Wettbewerb geschickt hatte. Zehn Preise – insgesamt mit 38.500 Euro Preisgeld und Sachleistungen dotiert – wurden vergeben, drei Lobende Erwähnungen ausgesprochen. Die Preisträgerfilme kommen 2019 von Filmhochschulen aus acht verschiedenen Ländern. Die ebenfalls gutdotierten Preise der beiden Sonderwettbewerbe Hofbräu Trophy und Climate Clips waren dieses Jahr schon am Anfang des Festivals verliehen worden (vgl. Pressemeldung vom 18.11.2019), so dass die Gewinner die Möglichkeit hatten, ebenfalls eine Woche lang ins Festival einzutauchen.

Die Preisträger*innen:

“Last Call” von Hajni Kis (University of Theatre and Film Arts, Budapest, Ungarn) wurde als bester Film mit dem VFF Young Talent Award ausgezeichnet. Der Preis wird von der Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten (VFF) gestiftet und ist mit 10.000 Euro dotiert. Der 27-minütige Kurzfilm begleitet die 61-jährige Anikó an ihrem letzten Tag in der alten Heimat, denn sie hat beschlossen, Budapest zu verlassen und zu ihrer Tochter ins Ausland zu ziehen. Wir lernen dabei eine chaotische aber warmherzige Frau kennen, die versucht, ihren Platz in einer Welt zu finden, die sie vielleicht nicht mehr braucht.

Die Jury sagt: „Hajni Kis gelingt es, ihr Publikum mit sehr zarten, gut beobachteten und emotionalen Momenten zu überraschen, bis zum Schluss, wenn sie ihrer tapferen Heldin erlaubt, auf die unerwartetste Weise inneren Frieden zu finden. Wir sind schon gespannt auf die kommenden Ideen und Filme dieser jungen Regisseurin.“
Hajni Kis schloss vor kurzem ihr Regie-Studium an der University of Theatre and Film Arts (Budapest, Ungarn) ab. Im Rahmen des First Feature Hungarian National Film Fund Incubator Program dreht sie nun ihren ersten Spielfilm mit dem Arbeitstitel "Separate Flock". Mit ihren Kurzfilmen „Last Call“ und „Beautiful Figure“ hat sie bereits zahlreiche Preise gewonnen. Letzterer wurde für den Student Academy Award nominiert und zu mehr als hundert Filmfestivals auf der ganzen Welt eingeladen, wo er viele Auszeichnungen erhielt.

Die Festivaljury vergab neben dem Hauptpreis auch den vom Münchner Traditionsunternehmen ARRI gestifteten ARRI-Preis für den Besten Dokumentarfilm (dotiert mit Sachleistungen im Wert von 4.000 Euro). Er geht in diesem Jahr an Hadas Hechter für „The Opposite of Love Is Not Hate“.  Es ist Hechters Abschlussfilm an der Sam Spiegel Film School in Jerusalem. Die Regisseurin arbeitet in diesem sehr persönlichen Film mit Archivmaterial und Interviews, um die Traumata ihrer Familie aufzuarbeiten und findet eine poetische, filmische Sprache für das ansonsten oft Unsagbare. Ein gelungenes Plädoyer für radikale Ehrlichkeit.

Der Luggi-Waldleitner-Preis für das beste Drehbuch (3.000 Euro) geht an Kalu Oji, der das Drehbuch für „Blackwood“ schrieb und anschließend auch Regie führte (Victorian College of the Arts in Melbourne, Australien). „Blackwood“ ist ein Blick auf einen gewöhnlichen und doch außergewöhnlichen Tag im Leben einer alleinerziehenden Mutter und ihres heranwachsenden Sohnes, ein zartes Porträt einer zerbrechlichen Beziehung. Die Jury lobt: „Wie in einem Gedicht führt uns der Filmemacher zu einem zarten Moment der Versöhnung zwischen zwei Menschen, die das Gefühl haben, nicht gehört zu werden.“ Kalu Oji ist ein nigerianisch-australischer Filmemacher, der sich in seinem Werk mit afrikanisch-australischer Identität befasst und mit neuen Formen der Darstellung experimentiert, um den Mainstream zu durchbrechen. 2018 machte er seinen Abschluss am Victorian College of the Arts in Melbourne.

Der mit insgesamt 2.500 Euro dotierte zweiB-Award für die beste Animation geht an den Film „Inside Me“ von Maria Trigo Teixeira (Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, Deutschland). Die in Lissabon geborene Grafikdesignerin und Illustratorin studiert seit 2014 an der FUB Animation, „Inside Me“ ist ihr Abschlussfilm. Die Jury lobt, dass hier ein unbequemes Thema mit Anmut und Sensibilität in all seinen vielen Facetten behandelt wird, und dass Maria Trigo Teixeira uns geschickt auf eine intime, aber universelle Reise mitnimmt.

Der Student Camera Award (2.000 Euro vom Fachmagazin Film & TV Kamera) für die beste Bildgestaltung geht an DP Kenneth Cyrus für den Film „An Irrelevant Dialogue“ (Regie: Moinak Guho, Satyajit Ray Film and Television Institute, Kalkutta, Indien). Der Spielfilm erzählt mit großer Ruhe die wahre Geschichte eines alten Paares, das dafür kämpft, selbstbestimmt sterben zu dürfen. Wir sehen präzises Framing, lange Takes, fast keine Bewegung – „Manchmal ist weniger mehr“, sagt die Jury.

Der Panther-Preis für die beste Produktion eines Films einer europäischen Hochschule geht dieses Jahr nach Schweden und ist mit Sachleistungen im Wert von 5.000 Euro dotiert. „Get Ready With Me“ von Jonatan Etzler ist ein beunruhigender, aber brillanter Thriller voller überraschender Wendungen. Er erzählt von manipulativen Machtkämpfen, Desinformation und Mobbing und von der Unfähigkeit der Generationen im Zeitalter von Social Media noch miteinander zu kommunizieren. Etzler beendete 2018 sein Regiestudium an der Stockholm University of the Arts. „Get Ready With Me“ wurde 2019 auch mit Gold bei den 45. Student Academy Awards prämiert.

Die Festivaljury vergab außerdem eine Lobende Erwähnung an den Film „Distance” von Grace Swee (Columbia University, USA) und würdigt damit einen Film, der dafür plädiert, dass es ist nie zu spät ist, sich der eigenen Vergangenheit zu stellen.

Eine zweite Lobende Erwähnung ging an den experimentellen Dokumentarfilm „Eadem Cutis: Die gleiche Haut“ von Nina Hopf (Bauhaus-Universität Weimar, Deutschland), in dem der Zwillingsbruder der Filmemacherin seine Gedanken zu Identität, Körper und Geschlecht mit dem Zuschauer teilt.

ARTE-Zuschauer dürfen sich auf „Ghazaal“ von Ragini Bhasin (Chapman University, USA) freuen, der 2019 den ARTE-Kurzfilmpreis gewonnen hat. ARTE kauft den Kurzfilm für bis zu 6.000 Euro an. Ein junges Mädchen im Flüchtlingslager steht im Mittelpunkt dieses zarten und klugen Kurzfilms, der fast dokumentarisch anmutet. „Ein intensives Frauenporträt und ein großartiger Film“, so die ARTE-Jury in ihrer Begründung.

Die Jury, die den mit 3.000 Euro dotierten Wolfgang-Längsfeld-Preis vergibt, würdigt im Gedenken an den Gründer des Festivals und HFF-Professor Wolfgang Längsfeld den originellsten Film im internationalen Wettbewerb und hat sich 2019 für die israelische Produktion „Fine“ von Maya Yadlin entschieden. Die Jury sagt: „Dieser Film spielt in einem kleinen Universum, das Gefühle widerspiegelt, die wir alle kennen: Gefühle der Wut, Gefühle der Liebe, Gefühle der Distanz und Gefühle der Intimität - eben das typische Universum einer Familie. Dabei wird die Geschichte mit viel Humor und tiefer Menschlichkeit erzählt.“ Maya Yadlin lebt und arbeitet in Tel Aviv, sie studiert im vierten Jahr an der Minshar School for the Arts und ist zudem freiberuflich als Cutterin tätig.

Der Prix Interculturel (1.500 Euro) geht an „Rock Out“ von Alice Gadbled (Institut des Arts de Diffusion, Belgien). Ein Film über eine unkonventionelle Beerdigung, der Mut mache, den eigenen Gefühlen zu folgen, einen individuellen Weg mit der Trauer zu gehen und gleichzeitig Stärkung in der Gemeinschaft zu erfahren, so die Jury. „Unprätentiös und mit feinem Gespür für ausdrucksstarke Bilder gelingt es Alice Gadbled, Schauspieler*innen und Kamera - trotz der Präsenz des Todes - das Leben feiern zu lassen.“ Eine lobende Erwähnung geht außerdem von dieser Jury an den animierten Dokumentarfilm “Armed Lullaby” von Yana Ugrekhelidze (KHM Köln, Deutschland).

Last but not least haben auch die Zuschauer*innen für den Publikumspreis zahlreich abgestimmt und viele der gezeigten Filme sehr positiv bewertet. Am besten abgeschnitten in der Gunst des Publikums hat auch hier der israelische Film „Fine“, so dass Maya Yadlin zwei Auszeichnungen mit nach Hause nehmen kann.


Foto:
©