Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. November 2019, Teil 6
Redaktion
Los Angeles (Weltexpresso) – Den Filmemachern war es wichtig, sagt Produzentin Elaine Goldsmith-Thomas, bei der Besetzung auf Inklusion zu achten, nicht zuletzt, „weil das einerseits zur Authentizität der abgebildeten Welt beiträgt und andererseits auch richtig Laune macht“. Den Schauspielerinnen ging es so wie den Figuren, die sie spielten: Sie hatten sofort einen Draht zueinander. Und sie verstanden ihre Figuren, ohne sie zu beurteilen. „Sie haben wirklich in ihren Figuren gelebt“, findet Goldsmith-Thomas. „Sie begriffen, wer diese Frauen waren und was es bedeutet als exotic dancer zu arbeiten. HUSTLERS feiert die Solidarität unter Frauen, feiert Schwesternschaft: Nur wenn Frauen wie eine Familie zusammenhalten, haben sie den Hauch einer Chance.“
Scafaria offenbart, dass es genau diese Schwesternschaft war, die ihr die einzelnen Figuren nahebrachte. „Ich kann nachvollziehen, was sie durchmachen, warum sie sich allein fühlen, ihr Streben nach Unabhängigkeit“, sagt sie. „Sie sind Mütter, Freundinnen, Schwestern, Töchter. Gemeinsam verspüren sie Bande, die all ihre Unterschiede transzendieren.“
Constance Wu fand die Beziehung zwischen ihrer Figur Destiny und der von Jennifer Lopez gespielten Ramona besonders spannend. Ihr fällt zu dieser Paarung einer ihrer Lieblingsromane ein. „Was Ramona für Destiny bedeutet, erinnert mich an ,Der talentierte Mr. Ripley‘ von Patricia Highsmith: ,Die Sache mit Dickie... es ist, als würde die Sonne auf dich scheinen, es ist wunderbar. Und dann vergisst er dich, und es ist sehr, sehr kalt... Wenn man seine Aufmerksamkeit erhält, fühlt man sich, als wäre man der einzige Mensch auf der Welt, deshalb wird er von allen so sehr geliebt.‘ Für Destiny ist es wie ein Traum, der sich erfüllt, als Ramona ihr ihre Liebe spendet.“
Scafaria erklärt, dass es Wu auf wunderbare Weise gelang, der Sensibilität und Verletzlichkeit von Destiny Ausdruck zu verleihen: „Sie hat eine tiefe Seele.“ Die Filmemacherin erkannte auch gleich eine Große-Schwester-kleine-Schwester-Dynamik in der Beziehung von Destiny und Ramona, auch wenn ihre jeweilige Weltsicht grundsätzlich verschieden ist. Sie merkt außerdem an, dass Destinys Motive leicht missverstanden werden könnten. „Man kann sie auf verschiedene Weise sehen“, sagt sie. „Ihr gefällt Geld, aber es geht ihr mehr um die Kameraderie als um die Kohle.“
Die persönlichen Verbindungen sind entscheidend für Destiny, findet Constance Wu: „Destiny wurde von ihrer Mutter sitzen gelassen, als sie noch ganz klein war. Sie hat Probleme damit, anderen Leuten zu vertrauen. Sie hat nie viele Menschen an sich herangelassen. Der Mangel an bedeutsamen Beziehungen mit Frauen in ihrem Familienleben macht Destinys Sehnsucht nach einer echten Freundin nur noch größer.“
Wu bereitete sich intensiv auf ihre Rolle vor. Am wichtigsten war es ihr dabei, „verschiedene Frauen aus der Branche kennenzulernen und vor allem als Menschen in ihrem Alltag erleben zu können“.
Destinys Freundschaft mit Ramona ist das Herz und die Seele von HUSTLERS, sie ist voller Nuancen und immer wieder überraschend. „Ramona ist ein reizender Mensch, aber sie auch kompliziert und kaputt. Ihre Ambition droht, ihren Sinn für Moral und die Beziehung zu Destiny und den anderen Frauen zu gefährden“, sagt Jennifer Lopez. „Sie begibt sich auf dünnes Eis, wenn sie andere Menschen verführt, damit sie ihre Agenda durchziehen kann. Ramona will immer mehr, als sie sollte.“
„Ramona ist alles auf einmal – ihre Sonne strahlt hell, kann einen aber auch verbrennen“, merkt Lorene Scafaria an. „Sie ist eine Bärenmutter und gleichzeitig Gordon Gekko. Diese Gegensätzlichkeit macht sie zu einer großartigen Antiheldin.“
Wie Wu lernte auch Lopez mehrere Tänzerinnen kennen, besuchte Stripclubs und sah ihnen bei der Arbeit zu. „Danach traf ich sie hinter der Bühne und ließ mir von ihnen erzählen, wie es ist, mit dem Tanzen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten“, erzählt sie. „Ich habe die Atmosphäre in mich aufgesogen und wollte lernen, wie man das mit dem Tanzen – inklusive Pole Dancing – ganz authentisch rüberbringt. Ich denke, es wird die Menschen überraschen – auch wenn es das nicht tun sollte –, dass die meisten dieser Frauen einfach nur über die Runden kommen wollen. Ihre Sorgen und täglichen Kämpfe kann man hundertprozentig nachvollziehen. Sie wollen einfach nur, dass es ihnen und ihren Familien gutgeht. Es war uns wichtig, das in unserem Film auch genauso zu zeigen.“
Lorene Scafaria empfand die Mitwirkung von Jennifer Lopez als Schicksal. „Ich schreibe Figuren nicht mit bestimmten Schauspielern im Hinterkopf. Aber als ich das Drehbuch abgeschlossen hatte, war es offensichtlich, dass Jennifers Stimme aus den Seiten sprach, bevor ich sie mir als Ramona vorstellte. Es war Schicksal. Jennifer verschmolz so stark mit Ramona, dass man fast Angst bekommen konnte. Sie spielt die Figur mit einem gewissen Augenzwinkern, das sie noch echter und authentischer wirken lässt.“
Ein weiteres Mitglied der Crew ist Mercedes. Sie wird von Keke Palmer gespielt: „Mercedes ist furchtlos und sagt immer, was ihr gerade durch den Kopf geht. Mir gefiel aber auch ihr Gespür für Humor, sie kann eigentlich jeder Situation eine komische Seite abgewinnen.“
Wichtig war es Palmer aber auch, dass die Frauen eine so eingeschworene Gemeinde werden, eine Familie: „Sie lernen, dass sie sich aufeinander verlassen können. Sie wissen, dass sie sich in einer Situation befinden, aus der man nur herauskommt, wenn man gnadenlos zockt. Und doch ziehen sie Hoffnung aus der Freundschaft zueinander. Mercedes betrachtet Ramona, Destiny und Annabelle als Schwestern. Mercedes ist loyal und bereit für den Ritt – sie ist einer dieser Menschen, für die es um Alles oder Nichts geht. Aber sie zögert auch keine Sekunde, die Beine in die Hand zu nehmen, wenn ihr die Sache über den Kopf wächst, weil sie zunächst einmal immer sich selbst beschützen will.“
Palmer freute sich auch auf die Aussicht, mit Wu und Lopez zu arbeiten – und von ihnen zu lernen. „Mit Jennifer wollte ich schon lange einmal vor der Kamera stehen, weil es mich immer inspiriert hat, wie sie ihre Karriere über die Jahre weiter entwickelt hat. Ich wollte das unbedingt einmal aus unmittelbarer Nähe miterleben. Constance war aber genauso fantastisch. Sie spielt Destiny ganz subtil, was den Film auf eine großartige Weise erdet. Und ich bin natürlich stolz, bei einem Film dabei zu sein, der von Frauen geschrieben, inszeniert, produziert und gespielt wurde.“
Bei der Besetzung der Rolle ließen Lorene Scafaria und die Produzenten nie außer Acht, dass Mercedes in jeder Situation Ramona zum Lachen bringen kann. Mercedes ist überdies cool und sehr pragmatisch, selbst wenn es im Leben mal nicht so gut läuft oder sie sich mit ihrem Freund auseinandersetzen muss, der die meiste Zeit ihrer Beziehung im Gefängnis war. „Nach einem zweistündigen Mittagessen mit Keke wusste ich einfach, dass sie unsere Mercedes sein musste – und dass sie Jennifer zum Lachen bringen würde“, erinnert sich die Regisseurin.
Das jüngste Mitglied des Quartetts ist Annabelle, eine bezaubernde Mischung aus Unschuld und Charme. „Man ist sofort auf ihrer Seite“, sagt Lili Reinhart, die in der Rolle besetzt wurde. „Mir gefiel die Idee, eine Frau zu spielen, die auf ganz unschuldige Weise provokativ und ein bisschen ahnungslos ist – und die noch viel lernen muss. Annabelle befindet sich an einem sehr verletzlichen Punkt in ihrem Leben, als wir sie erstmals antreffen. Sie lebt ohne ihre Familie, die sie wegen ihres Berufs verstoßen hat. Sie versucht einfach nur, ihr Leben bestmöglich zu meistern. Annabelle fühlt sich durch Ramonas mütterliche Art geborgen und freundet sich sofort mit ihr an.“
Dass diese sehr unterschiedlichen Frauen wie eine Familie zusammenwachsen, sprach Reinhart besonders an. „Diese Frauen haben alle ein völlig anderes Leben hinter sich“, meint sie. „Jede hat ihr Päckchen zu tragen, Traumata, Familienprobleme... Sie finden Trost darin, sich aufeinander verlassen zu können. Sie sind wie Schwestern zueinander, das ist etwas von Wert, selbst in der kompetitiven und üblen Welt, in der sie leben.“
Lorene Scafaria bezeichnet Annabelle als „pochendes Herz der Schwesternschaft, das eine Mädchen, das alle lieben. Sie ist wie ein kleines Entlein, man verliebt sich sofort in Annabelle“.
Eines der unverkennbaren Merkmale von Annabelle ist ihre Neigung, sich übergeben zu müssen, wenn sie sich in einer stressigen Situation befindet. Der junge Star aus „Riverdale“ ließ sich auch in dieser Hinsicht beim Dreh nicht lumpen – und wurde dabei von einer ganz besonderen Rezeptur unterstützt. „Ich bin froh, dass Lorene mich nicht gezwungen hat, das 20 Mal am Stück machen zu müssen – aber ich hätte es getan!“, lacht Lili Reinhart. „Zerbröselte Cracker vermischt mit Sprite war das Geheimrezept für die perfekte Kotze.“
Diamond ist eine weitere Tänzerin. Sie ist auf ganz andere Weise liebenswert und wird gespielt von der legendären Rapperin, Sängerin und Songwriterin Cardi B. Diamond ist eine harte Nuss. Sie stammt aus der Bronx und arbeitet seit etwa einem Jahr in dem Club. Sie ist ein bisschen mehr Hardcore, ein herberer Typ als die anderen Tänzerinnen. „Diamond muss man nicht dumm kommen“, kommentiert Lorene Scafaria. Aber dank Ramona findet sie einen Draht zu Destiny und erteilt ihr nicht zuletzt einen unvergesslichen Lapdance-Unterricht.
Lorene Scafaria ist seit Jahren ein Riesenfan von Cardi B und sagt, sie habe einfach gewusst, dass die Künstlerin ein Teil von HUSTLERS werden musste. „2017 habe ich begonnen, Cardi auf Instagram Nachrichten zu schicken“, berichtet sie, gibt aber zu, dass es letztlich Jennifer Lopez und ihrer Entourage zu verdanken war, Cardi B für den Film gewinnen zu können. „sie ist eine so transzendente Persönlichkeit und Künstlerin, dass mir klar war, sie würde die Rolle ganz authentisch rüberbringen.“
Die gefeierte Sängerin, Rapperin, Schauspielern und Flötistin Lizzo gibt ihr Filmdebüt als überschwängliche Stripperin Liz. Sie fand es großartig eine Pole-Tänzerin zu spielen: „Ich liebe es, mit dem Arsch zu wackeln. Ich halte diese Stripperinnen für die mutigsten und stärksten Frauen, die es auf diesem Planeten gibt. Darüber hinaus war es mir wichtig, Frauen jenseits der Standardmaße zu repräsentieren.“
„Lizzo ist eine unglaublich begnadete Künstlerin“, sagt Lorene Scafaria. „Ich habe die Rolle der Liz für sie geschrieben und sogar eine Szene untergebracht, in der sie eine Flöte dabei hat. Es konnte also keiner verwechseln, wer mir für die Rolle vorgeschwebt war. Bei Lizzo geht es um pure Lebenslust. Und genau das wollte ich in den Clubszenen rüberbringen. Sie hat sich diese Welt wirklich zu Eigen gemacht.“
Trace Lysette spielt die Tänzerin Tracey. Lysette war mit ihrer Arbeit an „Transparent“ eine der ersten Transschauspielerinnen überhaupt, die im TV-Hauptprogramm in einer Serien-Sprechrolle zu sehen war. Und sie hatte tatsächlich einmal in einem Stripclub ihren Lebensunterhalt verdient. „Ich habe mehr als acht Jahre in (dem populären New Yorker Stripclub) Scores getanzt“, berichtet sie. „Ich kann mich noch erinnern, wie das war, als das Geld förmlich floss – und wie das nach der Finanzkrise im Jahr 2008 von einem Tag auf den anderen vorbei war.“
Foto:
© Verleih
Info:
HUSTLERS
mit
Constance Wu, Jennifer Lopez, Julia Stiles, Keke Palmer, Lili Reinhart, Mercedes Ruehl, Cardi B, Lizzo, Mette Towley u.a.
Regie & Drehbuch: Lorene Scafaria
Kinostart: 28. November 2019
Laufzeit: 110 Minuten