Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. November 2019, Teil 8
Redaktion
Los Angeles (Weltexpresso) – Auf die Schauspielerinnen warteten viele Herausforderungen bei der Darstellung exotischer Tänzerinnen. Ganz oben stand auf jeden Fall das Tanzen im Club an der Stange. „Meine Muskeln haben noch nie mehr wehgetan als nach dem Training an der Stange“, bringt Constance Wu ihre Erfahrungen beim Erlernen der sehr präzisen und ungewöhnlichen Moves auf den Punkt.
Selbst Lopez, eine höchst erfahrene und versierte Tänzerin, die jeden Tag Zeit im Gym verbringt, sagt, dass es wenige Dinge in ihrem Leben gibt, die sie als schwieriger empfunden hätte. „Ich habe zur Vorbereitung auf diesen Film sechs Monate lang trainiert“, gibt sie zu Protokoll. „Ich hatte immer eine tragbare Stange bei mir, damit ich in jeder Stadt trainieren konnte und keine Session verpassen musste. Dabei wurde eine Muskelgruppe beansprucht, die ich noch nie ausgetestet hatte. Nach jedem Training hatte ich neue blaue Flecke. Meine Schultern und mein Rücken tun mir immer noch weh, Monate später.“
Constance Wu, Jennifer Lopez und alle anderen Schauspieler, die das Tanzen an der Stange erlernen mussten, sagen, dass ihnen das nur dank der Choreographin Johanna Sapakie möglich war. „Johanna ist unglaublich talentiert“, sagt Lopez. „Ohne ihre Expertise und Führung hätten wir das niemals hingekriegt.“
Sapakie ist eine ehemalige Artistin des Cirque de Soleil und akrobatische Tänzerin. Sie sagt, es sei wichtig gewesen, dass jede Schauspielerin in der Lage war zu fühlen, wie es ist, wenn man an der Stange tanzt. „Es ist ihr Umfeld, ihre Welt – und Teil der Entwicklung ihrer Figuren“, findet sie.
Sapakie war fasziniert, dass die Schauspieler allesamt verschiedene Hintergründe hatten. „Jennifer ist zum Beispiel extrem körperlich, sehr athletisch, eine begnadete Tänzerin, die auch komplexe Choreographie sofort verinnerlicht – aber sie hatte noch nie an der Stange gearbeitet“, erklärt sie. „Also gingen wir von einer Tanz- und Choreographie-Perspektive ran sowie mit einem Blick auf die Figur, die sie spielt. Das war entscheidend. Das half Jennifer wirklich, diese Kunstform zu meistern, wozu Spins und die Grundlagen hängender Figuren gehörten.“
Sie fährt fort: „Jennifers Pole-Tanz drückt ihre Macht und Kraft aus, unterstreicht, dass sie als Ramona ganz sie selbst ist, ihr gehört die Bühne. Wir haben die Moves zusammen ausgearbeitet, um Ramona dem Publikum mit einem Paukenschlag vorzustellen.“
Beim Training mit Constance Wu wählte Sapakie einen ganz anderen Ansatz. „Constance hat keine besondere Tanzerfahrung, ihre Ausbildung umfasst im Grunde keinerlei Bewegung, also haben wir uns für sie etwas anderes einfallen lassen“, erzählt Sapakie. „Ich benutzte einzelne Schlüsselwörter, um die Bewegungen zu erklären. Auf diese Weise konnte Constance das direkt in sich aufnehmen und mit ihrem Körper verwenden. Ich war echt beeindruckt, wie sie den umgedrehten Backspin an der Stange hingekriegt hat. Constance sieht wunderschön dabei aus. Die Bewegungen öffnen ihre Brust in Richtung Himmel mit einem geschmeidigen und sinnlichen Flow.“
Mette Towley ist eine renommierte Tänzerin, gibt aber zu, dass sie auf die besonderen Herausforderungen dieser bestimmten Tanzform nicht vorbereitet war. „Da kommt eine Athletik zum Einsatz, die ich nicht besitze. Ich habe als Tänzerin auch nie mit Apparaten gearbeitet. Also kaufte ich mir eine Stripperstange – und ließ sie von meinem Vater in der Garage installieren“, sagt sie lachend.
Keke Palmer brachte eine gewisse Erfahrung mit Stripclubs ein, die sie als Zuschauerin besucht hatte, gibt aber zu, dass sie mit der Unerbittlichkeit des Pole-Tanzens nicht gerechnet hatte. „Die Tänzerinnen, die ich in dem Club in Atlanta gesehen habe, sind unfassbar talentiert. Als ich jetzt selbst an der Stange tanzen musste, ist mir aber erst bewusst geworden, was für harte Arbeit das wirklich ist. Das ist viel mehr als nur Tanz – das ist athletischer Sport und hat mehr mit Turnen zu tun. Man benötigt viel Kraft, um die verschiedenen Moves und Tricks absolvieren zu können. Jetzt habe ich noch mehr Respekt vor ihnen.“
DAS DESIGN VON „HUSTLERS“
Die erfahrene Szenenbildnerin Jane Musky (MANHATTAN LOVE STORY, 2002) sagt, dass sie es als ihre Aufgabe empfand, mit dem Szenenbild und einer präzisen Farbpalette dem Publikum dabei zu helfen, die Welt dieser Frauen zu erleben, ihre Reise mitzumachen. „Lorene, Kameramann Todd Banhazl und ich hatten dieselbe Vision für die Figuren – die rohe Art um Dinge zu erreichen, die sie niemals hatten, und sich das zu nehmen, was sie sich für ihr Leben wünschen; ihr Selbstwertgefühl, das sich auch in ihrem Tanz ausdrückt; ihre Überlebensinstinkte. Es geht um die Macht herauszufinden, wie weit man gehen kann, wenn man unterschätzt wird.“
Recherchen waren ein wichtiges Werkzeug für Muskey, um ihren Entwürfen eine Form zu geben. „Ich sah mir die Social-Media-Seiten einiger Stripperinnen an und war sehr beeindruckt“, erinnert sie sich. „Da waren Bilder, wo man ihre Knie bluten sah; ihre Arbeit ist sehr anspruchsvoll und anstrengend, aber sie lassen alles immer so leicht und schön wirken.“
Realismus war zwar gewünscht. „Aber wir nahmen Änderungen vor“, sagt Muskey. „Normalerweise befinden sich alle Besitztümer der Frauen in Spinden in den Umkleideräumen hinter der Bühne. Wir wollten aber zeigen, wie sie sich für die Bühne vorbereiten, das ganze Makeup, die Wäsche und Kosmetikgegenstände sollten die Leinwand füllen.“
Muskeys Farbpalette ist zunächst gedeckt, wenn der Zuschauer Destiny kennenlernt und miterlebt, mit welchen Härten sie sich in ihrem Alltag im Club herumschlagen muss. „Aber nachdem sie Ramona und die anderen Damen trifft und eine Einheit werden, erwacht das Strippen zum Leben. Wir fügen mehr und mehr Farbe und Glamour hinzu, speziell in den Privatzimmern, wo die Lapdances stattfinden“, merkt Muskey an. „Wir sind in die Vollen gegangen, um zu zeigen, wie verführerisch und verrückt es in diesem Umfeld zugehen kann.“
Später, wenn die Frauen immer reicher werden, nahm Muskey die Farben wieder mehr heraus, „um damit zu unterstreichen, dass sie sich wirtschaftlich in neuen Sphären bewegen und immer souveräner und eleganter werden“.
Die Szenen im Herrenclub wurden in einem echten New Yorker Stripclub gedreht, dem Show Palace, den Muskey und ihre Mannschaft allerdings nach ihren Vorstellungen umgestalteten. „Es war wichtig, dass der Film einen ganz eigenen Look hat, also modelten wir den Laden komplett um“, erzählt sie. „Wir verstärkten die visuelle Dynamik, mit Reflektionen, Farben und Neon – da musste einfach mehr Leben rein.“ Der Besitzer des Clubs war so angetan von der Renovierung, dass er sie nach Ende des Drehs einfach beibehielt.
Einer der denkwürdigsten Drehmomente war der Besuch eines prominenten Stars. Anlass für Aufregung, Spektakel, Musik, Tanz, Feiern – und Bargeld! –, wenn sich die Tänzerinnen und anderen Besucher im Glanz dieses Stargastes sonnen. Die Szene wurde in nur einem Tag gedreht. Elaine Goldsmith-Thomas erzählt: „Alle Figuren sind am Tanzen – es haben wohl mehr als 300 Leute gearbeitet an diesem Tag – und Durchdrehen, während wir einen Zeitsprung ins Jahr 2007 machten. Alle, die beim Dreh zugesehen haben, waren hingerissen: Wir haben auf der Bühne nicht Jennifer gesehen, sondern Ramona. Und die Frau, die neben ihr getanzt hat, war nicht Constance, sondern Destiny. Das war verrückt und wunderbar, ein richtig echter Moment, erfüllt von Freude und Freiheit – und wir durften dabei sein und Mäuschen spielen.“
„Ich wollte etwas einfangen, das interaktiv und lebendig war und richtig echt“, fügt Lorene Scafaria hinzu. „Die Mädchen sind Athletinnen, und genauso habe ich sie beim Tanzen gefilmt.“
„Keine große Sache – nur ein bisschen Twerking für den großen Star“, winkt Lizzo lachend ab.