f leuchtdafNachtrag der Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. November 2019, Teil 12

Redaktion

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Robbert Eggers versammelte für die psychologische Reise ins Ungewisse wieder viele der kreativen Crewmitglieder, die ihn schon bei seinem Spielfilmdebüt The Witch unterstützten, darunter Kameramann Jarin Blaschke, Ausstatter Craig Lathrop, Kostümdesignerin Linda Muir, Filmmusikkomponist Mark Korven sowie Cutterin Louise Ford.

Mit dem bahnbrechenden Erfolg seines Debüts im Rücken kehrt Eggers mit DER LEUCHTTURM in seine Heimat New England zurück und wechselt vom ländlichen Setting des 17. Jahrhunderts in den Seefahrt-Mikrokosmos des 19. Jahrhunderts. Beeinflusst von literarischen Klassikern aus der Feder Herman Melvilles und Robert Louis Stevensons ebenso wie von übernatürlichen Märchenmerkwürdigkeiten H.P. Lovecrafts und Algernon Blackwoods vereint Eggers Einflüsse und Referenzen auf unnachahmliche Art und Weise und findet dabei erneut seinen ureigenen Stil.

The Witch war Eggers’ archetypische Auseinandersetzung mit der legendenumrankten düsteren Weiblichkeit – DER LEUCHTTURM ist sozusagen ein Gegenstück, die Auslotung düsterer „männlicher“ Impulse im Machtkampf zweier Männer, oder wie es Eggers auf den Punkt bring: „Es kann nichts Gutes passieren, wenn man zwei Männer in einem gigantischen Phallussymbol-Leuchtturm einsperrt.“

Wie seine vorherigen Filme ist auch DER LEUCHTTURM wieder in Dunkelheit getaucht und von einer undurchsichtigen Atmosphäre geprägt. Während viele Szenen nur von spärlichem Kerzenschein beleuchtet werden, gibt es hier – der Titel lässt es vermuten – immer wieder Momente schneidender Lichtflut. Selbst in den lichtlosesten Szenen schwingt ein unbestimmbares Glühen mit – durch das Licht des Leuchtturms und durch das verwendete Filmmaterial. „Es liegt eine große Kraft in diesem Licht“, so Eggers, „und es hat seinen Grund, warum die beiden Leuchtturmwärter so sehr davon angezogen werden. Ich habe mich ganz bewusst dazu entschlossen, die Natur dieses Lichts geheimnisvoll zu gestalten. Es soll eine mysteriöse, unterschwellige Macht ausstrahlen – grandios und furchterregend zugleich.“


Die Ruhe vor dem Sturm

Nach Jahren, in denen Eggers immer wieder daran scheiterte, The Witch auf die Beine zu stellen, wandte er sich an seinen Bruder Max, der an einer zeitgenössischen Geistergeschichte arbeitete, die in einem Leuchtturm spielt. Bereits 2012 wollte Robert Eggers daraus einen Film machen, weil diese auf das Wesentliche beschränkte Story leichter zu verwirklichen schien als The Witch.
Eggers wollte allerdings unbedingt ein historisches Setting und recherchierte die Geschichten alter Leuchttürme, wobei er schließlich auf eine Tragödie stieß, die sich 1801 zwischen zwei walisischen Leuchtturmwärtern – beide hießen Thomas – abspielte, die während eines Sturms in ihrem Leuchtturm festsaßen. Der ältere Thomas starb durch einen Unfall und der jüngere fiel dem Wahnsinn anheim, weil er glaubte, man würde ihn für den Tod seines Kollegen verantwortlich machen. „Das ist jetzt zwar nicht diese Story“, erklärt Eggers, „aber die Idee zweier Leuchtturmwärter namens Thomas – einer älter, einer jünger – war ein hervorragender Ausgangspunkt für eine dramatische Zwei-Personen-Konfrontation, aus der sich etwas Besonderes, Mehrdeutiges und Aufregendes entwickeln lässt.“


Der Teufel steckt im Detail

Mit seinen Kurzfilmen und seinem atemberaubenden Debüt wurde Eggers berühmt für seine handwerkliche Leidenschaft und seine Liebe zum Detail. Die atmosphärische Gestaltung steht im Vordergrund seiner Filmgeschichten, und der ehemalige Theater-Ausstatter scheut keine Mühen, um ein authentisches Leinwanderlebnis zu erschaffen.
In der Vorbereitung auf DER LEUCHTTURM legte Eggers zunächst ein „look book“ an, um möglichst genaue und auf den Punkt gebrachte Vorlagen und Referenzen zu versammeln, von denen sich die gewünschte Ästhetik des Films ablesen ließ: literarische Beispiele, Musik, Bilder sowie historische Aufzeichnungen und Fotos, die das maritime Leben im New England der 1890er-Jahre beschreiben.

Während einer Recherchereise nach Nordkalifornien besuchte er mit seinem Kameramann Jarin Blaschke den Point Cabrillo Leuchtturm, der 1909 in Dienst ging und der immer noch über eine funktionierende Fresnel-Linse verfügt, die durch ihre intensive Reflexionskapazität dafür sorgt, dass das ausgestrahlte Licht über sehr große Entfernungen sichtbar ist.

„Die wirbelnden Lichtmuster, die man im Film immer wieder auf Pattinsons Gesicht sieht, sind ein reales Phänomen – auch wir waren gebannt von diesem fast unerklärlichen Sog der Fresnel-Linse“, so Eggers. „Wir wären am liebsten die ganze Nacht geblieben und konnten nicht aufhören, in dieses Licht zu starren.“
Weitere visuelle Referenzen waren Bilder von Andrew Wyeth, einem Realisten des frühen 20. Jahrhunderts, der Menschen und Landschaften in Pennsylvania und Maine malte. „Ich habe auch schon früher auf Bilder von Wyeth zurückgegriffen“, so Eggers, „Seine Bilder sind archetypisch für New England“, so Eggers, der sich zudem mit den Werken symbolistischer Maler wie Arnold Böcklin und Jean Delville auseinandersetzte, deren allegorische und mythische Motive die fantastisch-skurrile Bildsprache des Films inspirierten.

Foto:
© Verleih

Info:
Die Schauspieler
- Robert Pattinson
- Willem Dafoe

Die Filmemacher
- Robert Eggers (Regie, Drehbuch)
- Max Eggers (Drehbuch)

Abdruck aus dem Presseheft