Wild RoseSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. Dezember 2019, Teil 18

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - Rose-Lynn Harlan (Jessie Buckley) wird nach einer einjährigen Haftstrafe aus dem Gefängnis in Glasgow entlassen. Ihr erster Weg führt zu ihrem Lover und dann in die Country-Bar "Grand Ole Opry", in der sie vor ihrer Strafe zusammen mit ihrer Band als Country-Sängerin aufgetreten ist. Doch nach einem Zwischenfall hat Rose-Lynn dort Hausverbot. Erst danach macht sich die etwa 23jährige junge Frau auf den Weg zu ihrer Mutter Marion (Julie Walters), die sich das letzte Jahr um Roses Kinder, die achtjährige Wynonna (Daisy Littlefield) und den fünfjährigen Lyle (Adam Mitchell), gekümmert hat. Rose-Lynn hat ein recht gespaltenes Verhältnis zu ihren Kindern.

Rose-Lynn will eigentlich nur eines - endlich aus Glasgow wegkommen und in Nashville als Country-Sängerin Karriere machen, denn sie hat ganz sicher sowohl die Stimme als auch das Charisma dafür auf der Bühne. Doch Marion verlangt von ihrer Tochter, dass die endlich mehr Verantwortung für ihr Leben und das ihrer Kinder übernimmt. Sie besorgt der jungen Frau einen Job als Haushaltshilfe im Haus von Susannah (Sophie Okonedo). Rose-Lynn nimmt ihn widerwillig an, auch um genug Geld zusammen zu bekommen, um endlich nach Nashville fliegen zu können.

Als Susannahs Kinder ihre Mutter auf Rose-Lynns Gesang aufmerksam machen, ist die so von Roses Talent begeistert, dass sie der jungen Frau helfen will, ihren Traum von Nashville zu erfüllen. Allerdings erzählt Rose-Lynn ihrer Arbeitgeberin nicht, dass sie zu Hause zwei Kinder hat, und auch nicht, dass sie wegen Drogen im Gefängnis gewesen ist.

Susannah will ihren 50. Geburtstag dazu nutzen, dass Rose-Lynn mit ihrer Band bei der Feier auftreten kann und dass die Gäste, Geld für die Roses Karriere spenden sollen. Rose übt deshalb regelmäßig mit ihrer Band, vergisst darüber allerdings, dass sie ihren Kindern in den Ferien einen Urlaub an der See versprochen hat.

Da ihre Mutter nicht erreichbar ist, gibt Rose-Lynn die Kinder während der Proben bei verschiedenen Freunden ab, doch dann kommt es zu einem Unfall und die junge Frau muss eine wichtige Entscheidung treffen und endlich lernen, Verantwortung zu übernehmen...


Geschichten über den Aufstieg, Fall und Wiederaufstieg von Musikern scheinen gerade in Mode zu sein, denn im letzten und in diesem Jahr gab es mindestens drei ähnliche Filme mit "Bohemian Rhapsody", "Rocketman" oder "A Star is Born".

Drehbuchautorin Nicole Taylor und Regisseur Tom Harper haben mit "Wild Rose" einen Film über eine fiktive Sängerin gedreht, der ein ähnliches Thema anspricht und der trotzdem außergewöhnlich ist. Rose-Lynn Harlan ist eine junge Frau, die egoistisch und eindimensional nur ihr Ziel verfolgt, als Country-Sängerin Karriere zu machen, und die dabei voller Leben steckt, vor allem wenn sie auf der Bühne singen kann. Darüber vernachlässigt sie allerdings ihre beiden Kinder (von deren Vätern man im Film nichts erfährt und denen sie die Vornamen von bekannten Country Musikern gegeben hat - Wynonna Judd und Lyle Lovett). Der Film zeigt auch deutlich den unterschwelligen Groll von Rose-Lynn sowohl ihren Kindern, mit denen sie zuerst mal gar nichts anfangen kann, als auch ihrer Mutter gegenüber, die zwar immer für die Kinder da ist, die aber auch will, dass die Kinder zusammen mit Rose-Lynn endlich eine Familie werden.

Hauptdarstellerin Jessie Buckley spielt die junge Frau erst einmal als kaltschnäuzige und egoistische Person, der zu allererst ihrer Karriere wichtig ist, für die sie bereit ist, ihre Kinder zu vernachlässigen und die auch ihrer Arbeitgeberin gegenüber zu verheimlichen. Das macht Rose-Lynn eigentlich für den Zuschauer recht unbeliebt. Dabei glaubt sie ganz fest daran, dass sie im falschen Land geboren wurde und dass es ihr vorbestimmt sei, in Nashville großen Erfolg zu haben. Das wiederum zeigt ihre Entschlossenheit und auch ihre Erkenntnis, dass sie Talent hat, denn wenn sie auf der Bühne steht, jubelt ihr das Publikum regelmäßig zu. Das macht die junge Frau dann doch gleich wieder weniger unsympathisch.

Die irischen Schauspielerin und Sängerin Jessie Buckley ist einfach umwerfend, stellt Rose-Lynn wunderbar authentisch dar und besitzt nebenbei auch eine großartige Stimme. Dabei ist Regisseur Tom Harper immer ganz dicht an Rose-Lynn dran, so dass man als Zuschauer jede Reaktion ihres Gesichtes sehr gut verfolgen kann.

Neben dem Gesang gelingt es Jessie Buckley aber auch, die Verletzlichkeit, Verzweiflung und Einsamkeit von Rose-Lynn überzeugend darzustellen. Sie schafft es eigentlich in jeder Szene glaubhaft herüber zu kommen, egal ob sie wie eine Furie durch die billige Wohngegend in Glasgow läuft, ob sie vollkommen in sich gekehrt wie ein Irrwisch zu den Country-Songs aus ihrem Kopfhörer durch die Wohnung ihrer Arbeitgeberin tanzt, ob sie versucht, sich ihren Kindern zu nähern oder sich mit ihrer Mutter streitet.

Die Hauptfigur des Films mag widersprüchlich und nicht immer sympathisch sein, aber sie ist jederzeit so voller Leben. Dabei wertet der Regisseur nicht, sondern er lässt Rose-Lynn ihre Erfahrungen machen und zeigt auf, was die zwiespältige junge Frau machen muss, um zu lernen Verantwortung zu übernehmen und letztendlich erwachsen zu werden.

Insgesamt mag "Wild Rose" als eine Geschichte über eine junge Musikerin, die endlich Erfolg haben will und dafür ihre Familie vergisst, nicht neu sein. Da aber Tom Harper seine auf die schiefe Bahn geratene Sängerin mit einigen Ecken und Kanten versieht, besticht der Film doch mit Anarchie, Aufrichtigkeit, jeder Menge toller Lieder und einer meisterhaften Hauptdarstellerin Jessie Buckley. Sie allein macht den Film schon unbedingt sehenswert.

Zusatz: Natürlich gibt es bei einem Film über eine Musikerin wieder eine Songliste. Es finden sich beim Soundtrack sowohl Originalsongs, die unter Mitarbeit von Jessie Buckley direkt für den Film geschrieben wurden, als auch Coversongs von bekannten Country-Sängern wie Emmylou Harris, Wynonna Judd, Chris Stapleton oder Hank Snow, von Folk-Sängern wie John Prine und Patty Griffin, oder von der schottischen Indie Rock Band Primal Scream. Jessie Buckley singt alle Lieder selbst, außer den Songs 17 - 19, die von The Bluegrass Smugglers performt werden, und Song 20, der von Hillary Klug gesungen wird.

1. Country Girl (4:48 Min.)
2. Outlaw State of Mind (3:16)
3. Born to Run (3:14)
4. Peace in This House (4:41)
5. I'm Moving On (2:16)
6. Crying Over
7. Angel from Montgomery (4:05)
8. Cigarette Row (5 O'Clock Freedom) (3:02)
9. Alright To Be All Wrong (The Dreamer's Song) (3:04)
10. When I Reach the Place I'm Goin' (3:21)
11. Glasgow (No Place Like Home)
12. Goin' Back To Harlan (4:29)
13. Covered in Regret (Blue, Black and Red) (4:12)
14. Robbing the Bank of Life (Stealing the Night) (2:21)
15. That's the View From Here (Famous Folks Are Weird) (5:08)
16. Boulder to Birmingham (4:38)
17. Euston Hustle (1:16)
18. The Red Kitchen (0:56)
19. The Beach (2:21)
20. Le Petit Chat Gris (1:20)
21. Glasgow (No Place Like Home) [live from the Old Fruit Market, Glasgow] (4:13)

Foto: Jessie Buckley als Country-Sängerin Rose-Lynn Harlan © Entertainment One Germany

Info:
Wild Rose (Großbritannien 2018)
Originaltitel: Wild Rose
Genre: Musik, Drama
Filmlänge: 101 Min.
Regie: Tom Harper
Drehbuch: Nicole Taylor
Darsteller: Jessie Buckley, Julie Walters, Matt Costello, Jane Patterson, Lesley Hart, Carol Pyper Rafferty, Adam Mitchell u.a.
Verleih: Entertainment One Germany
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 12.12.2019