Neu auf DVD und Blu-ray ab dem 12. Dezember 2019
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Im Sommer 1961 besucht der gerade aus der NVA entlassene Emil Hellwerk (Dennis Mojen) seinem Bruder Alex (Ken Duken) an dessen Arbeitsstelle als Kulissenbauer und Stuckateur in den DEFA-Filmstudios in Babelsberg. Alex vermittelt seinem Bruder eine Anstellung als Komparse.
Das ist zwar nicht gerade das, was sich Emil vorgestellt hat, da er eigentlich mit dieser seltsamen Filmwelt nichts anfangen kann. Doch dann sieht er in einem gerade ankommenden Auto die junge Französin Milou Lambert (Emilia Schüle) und ist von ihr hingerissen. Die ist zwar nicht der Star des gerade gedrehten Piratenfilms, denn das sind Béatrice Morée (Ellenie Salvo González) und Omar (Nikolai Kinski), während Milou nur als Morées Tanzdouble arbeitet.
Auf dem Set des Piratenfilms muss Emil während einer Lichtprobe für Omar einspringen und steht plötzlich wieder Milou gegenüber. Die Szene soll in einen Kuss münden und Emil lässt sich dazu hinreißen, Milou ohne Vorwarnung zu küssen.
Damit verpatzt der etwas verträumte junge Mann durch seine Naivität nicht nur die Filmszene, sondern ist daneben auch noch der Auslöser eines kostspieligen und feurigen Chaos auf dem Set. Das führt dazu, dass Emil vom Generaldirektor Beck (Heiner Lauterbach) für das gesamte Studiogelände ein Hausverbot erhält.
Emil lässt sich davon nicht abhalten und versucht Milou wieder zu treffen und bittet sie, am nächsten Tag wieder zu kommen, da er ihr etwas Besonderes zeigen will. Milou antwortet mit "peut-être". Doch am nächsten Tag kommt die junge Frau nicht, denn sie ist in einem West-Berliner Hotel untergebracht und kann am Übergang auf der Glienicker Brücke nicht nach Potsdam in die DDR einreisen - es ist der 13. August 1961. Sie kann auch nicht in Babelsberg anrufen, da alle Telefonleitungen von West Berlin in die DDR gekappt sind. Milou fliegt am nächsten Tag traurig zusammen mit den französischen Darstellern nach Paris zurück.
Durch die Schließung der Grenzen kommen auch viele der im Westen lebenden Mitarbeiter nicht an ihre Arbeitsstelle im Studio. Als sich Emil im Büro eines nicht mehr anwesenden Produktionsleiters versteckt, wird er als neuer Mitarbeiter begrüßt und nimmt den Namen Karl Boborkmann an.
Dort entwickelt er einen tollkühnen Plan. Um seine Milou zurückzubekommen, will er in Babelsberg einen zuerst als kleinen Film geplanten Monumentalschinken über Cleopatra mit einer wichtigen und großartigen Tanzszene drehen, der die französischen Darsteller noch einmal nach Potsdam zurückbringen soll, denn Cleopatra ist eine Rolle, die Béatrice Morée unbedingt spielen will, vor allem wenn das Drehbuch viele Nahaufnahmen von ihr vorsieht.
Mit Hilfe der Visagistin Christa (Ilona Schulz), der der junge Mann die Wahrheit erzählt, beginnt Emil alias Karl Boborkmann einen Film auf die Beine zu stellen, zu dem er zusammen mit seinem Bruder erst einmal ein Drehbuch schreibt, von dem der Generaldirektor Beck und seine rechte Hand Prager (Wilfried Hochholdinger) überhaupt nicht überzeugt ist.
Obwohl es eigentlich nur ein kleiner Film werden soll, erfährt die Bild-Zeitung von dem Projekt. Dies bringt den Parteigenossen Gregor Grote (Anatole Taubmann) auf den Plan, der meint, mit so einem prestigeträchtigen Film könne sich die DDR als Filmstandort vor aller Welt beweisen. Jetzt wird das Projekt bewilligt und Emil gleich auch noch zum Regisseur befördert.
Also machen sich Emil und seine von ihm handverlesene Crew an die Arbeit. 1962 stehen sich Emil und Milou wieder in Babelsberg gegenüber. Doch die junge Frau ist inzwischen mit Omar verlobt, der sich auch als recht eifersüchtig erweist. Emil muss jetzt nicht nur die Studio- und Parteioberen von seinen Filmfortschritten überzeugen, sondern er muss auch überlegen, ob er weiter um seine große Liebe kämpfen will...
Das Studio Babelsberg in Potsdam hat ganz sicher als eines der ältesten Filmstudios der Welt eine lange und bewegte Geschichte. Es war ein Studio in dem neben großartigen Filmen auch schreckliche Produktionen und Propagandafilme entstanden sind. Nach einem tiefen Absturz sind in den letzten Jahren dort auch immer mehr ausländische Großproduktionen hergestellt worden.
Regisseur Martin Schreier hat versucht mit "Traumfabrik - Die Magie der Liebe", die Geschichte des Studios zumindest als Hintergrund seiner Story zu verwenden. Dabei konnte Drehbuchautor Arend Remmers schon auf reale Begebenheiten zurückgreifen, denn in den 1950er Jahren wurden in den DEFA Studios sehr wohl Filme mit bekannten französischen Stars gedreht.
Sehr schön ist, dass der erste Film der 2017 neu gegründeten Produktionsfirma Traumfabrik Babelsberg zumindest im Umkreis der eigenen Vergangenheit angesiedelt ist und der Film damit auch dem Filmstudio selbst und seiner Geschichte Reverenz erwiesen hat.
Regisseur Martin Schreier hat in seinem Film versucht, deutsche Geschichte, deutsche Filmgeschichte mit einer zugegebenermaßen rührenden aber auch herrlich kitschigen Liebesgeschichte zu verbinden.
Dabei fängt der Film an und endet mit einer Rahmenhandlung, die auch immer mal wieder in die Handlung eingestreut wird, in der Michael Gwisdek zwar wunderbar einen Großvater spielt, der seinem Enkel Simon (Valentin Silas Hahn) eine Geschichte über eine große Liebe erzählt. Dieser Teil der Story ist leider überflüssig und stört an einigen Stellen auch den Fluss der Handlung.
Die Hauptdarsteller des Filmes sind Dennis Mojen als Emil und Emilia Schüle als Milou. Den verliebten Träumer Emil, der für das Wiedersehen mit seiner großen Liebe alles in Bewegung setzt, spielt Dennis Mojen mit einem augenzwinkernden Hang zur Parodie. Emilia Schüle, für die in das Drehbuch extra Tanzszenen hineingeschrieben wurden, ist da deutlich zurückhaltender. Allerdings haben die beiden einige rührende bis kitschige (das ist nicht negativ gemeint) Szenen miteinander, in der der Film versucht, große Gefühle auf die Leinwand zu bringen. Besonders gelungen ist dabei eine Szene, in der Emil und Milou mit einem Studiowagen bei Nacht über eine einsame Landstraße fahren und von hunderten von Glühwürmchen umschwärmt werden.
Von den weiteren Darstellern sind besonders die lässige Professionalität von Ken Duken als Emils pragmatischer Bruder Alex, der zwar immer wieder vor den Folgen von Emils Handeln warnt aber im Zweifelsfall ihn unterstützt und den Rücken freihält, und von Heiner Lauterbach als linientreuer Direktor Beck, der versucht Emil jeden nur möglichen Stein in den Weg zu legen; hervorzuheben.
Anatole Taubmann zeigt in seiner kleinen Rolle als Parteigenosse Gregor Grote eine herrliche Karikatur eines Parteibonzen, der zwar keine Ahnung vom Filmen aber ganz andere Geschmacksvorstellungen als die DEFA Studio-Bosse hat.
Ellenie Salvo González als französische Diva Béatrice Morée und Nikolai Kinski als französischer Darsteller Omar, der im ersten Film einen Piraten und im zweiten Cäsar spielt, und späterer Verlobter von Milou sind doch etwas eindimensional und auch klischeehaft gezeichnet. Kinski hat dazu zusammen mit Dennis Mojen eine völlig überflüssige Szene, in denen die beiden sich wegen Milou prügeln. Die Eindimensionalität gilt ganz sicher auch für die russischen Statisten, die natürlich ausgesprochen trinkfreudig sind und in den Pausen nebenbei traurige Lieder auf der Geige spielen.
Sehr gut gelungen ist dagegen die Filmmusik von Philipp Noll, die genau an den passenden Stellen melodramatische Tiefe und Kino-Nostalgie heraufbeschwört, ohne allzu dick aufzutragen.
Insgesamt ist "Traumfabrik - Die Magie der Liebe" eine augenzwinkernd erzählte Geschichte über eine gelungene Eulenspiegeliade vor dem Hintergrund der politischen Ereignisse rund um den 13. August 1961, bei dem man während des Abspanns auch noch erfährt, wie das weitere Leben von Emil und Milou abläuft. Der Film ist eine überwiegend kurzweilige, witzige und manchmal auch bewusst richtig kitschige Lovestory mit einer tiefen Verbeugung vor der historischen Filmkulisse von Babelsberg. "Traumfabrik" ist ein Film, den man sich getrost an langen Winterabenden zu Hause ansehen kann.
Auf der Blu-ray sind neben den üblichen Interviews mit den Hauptdarstellern, dem Regisseur und dem Produzenten vor allem die 14 geschnittenen Szenen hervorzuheben, die an der einen oder anderen Stelle, die Story des Films vertiefen.
Foto 1: Cover Blu-ray © EuroVideo Medien GmbH
Foto 2: Emilia Schüle als Milou Lambert und Dennis Mojen als Emil Hellwerk © Tobis Film
Foto 3: Dennis Mojen als Emil und Ken Duken als Alex Hellwerk © Tobis Film
Info:
"Traumfabrik - Die Magie der Liebe" ist ab dem 12. Dezember 2019 als DVD und Blu-ray erhältlich. Die Discs enthalten eine Hörfilmfassung für Blinde und Sehbehinderte, auf der Blu-ray in DTS Master Audio 2.0. Die deutschen Sprachversionen sind auf der DVD in Dolby Digital 5.1 und auf der Blu-ray in DTS-HD Master Audio 7.1. Die Untertitel sind auf der DVD und der Blu-ray in Deutsch für Hörgeschädigte. Das Bildformat der DVD ist in Cinemascope 2.39 und der Blu-ray in 1920x1080/24p.
Extras auf der Blu-ray sind:
Premierenclip (3:19 Min.)
Featurettes
---- Der Zauber von Studio Babelsberg (2:13)
---- Die Stars im Film (1:52)
Deleted Scenes
---- Willkommen in Babelsberg - erweitert (1:47)
---- Milou und die Beleuchter (0:32)
---- Passierschein (0:57)
---- Gänse (2:01)
---- Ärger mit Beck - erweitert (1:40)
---- Zurück im Hotel (0:49)
---- Alle meine Entchen (3:17)
---- Kleopatra ist abgesegnet - erweitet (1:50)
---- Wo ist der Regisseur? (1:32)
---- Der erste Drehtag - erweitet (3:19)
---- Nachbeben (2:22)
---- Emils Ansprache (4:33)
---- Milou kämpft für Emil (1:24)
---- Schuhe (1:31)
Interviews mit den Darstellern
---- Emilia Schüle - Milou Lambert (4:06)
---- Dennis Mojen - Emil Hellwerk (3:27)
---- Heiner Lauterbach - Generaldirektor Beck (2:34)
---- Ken Duken - Alex Hellwerk (2:48)
---- Nikolai Kinski - Omar (2:09)
---- Ellenie Salvo González - Beatrice Morée (1:51)
Interview mit dem Regisseur - Martin Schreiber (5:08)
Interview mit dem Produzenten - Tom Zickler (3:38)
Kinotrailer (2:36)
Traumfabrik - Die Magie der Liebe (Deutschland 2019)
Genre: Drama, Liebesfilm
Filmlänge: ca. 125 Min.
Regie: Martin Schreier
Drehbuch: Arend Remmers
Darsteller: Dennis Mojen, Emilia Schüle, Heiner Lauterbach, Ken Duken, Nikolai Kinski, Ellenie Salvo González, Michael Gwisdek, Wilfried Hochholdinger u.a.
Verleih: Tobis Film
Vertrieb: EuroVideo Medien GmbH
FSK: ab 6 Jahren