Redaktion
London (Weltexpresso) - Ob die Besetzung der Judy Garland mit Renée Zellweger der tollste Coup oder ob sie eine Fehlbesetzung sei, ist in der Diskussion. Wir fanden sie außerordentlich beeindruckend - bis wir in der Retrospektive von Maximilian Schell auch den Film DAS URTEIL VON NÜRNBERG in der amerikanischen Originalfassung sahen und in ihm als jüdische Zeugin eine derart beeindruckende und zu Tränen rührende, sehr körperlich spielende Judy Garland, ganz ohne Gesang, sahen. Wirklich schauspielerisch eine Glanztat. Aber das war in ihren besseren Zeiten, denn der Film JUDY bringt den Anfang vom Ende. Die Redaktion
1969 hatte Judy Garland seit über 40 Jahren auf der Bühne wie auf der Leinwand ganze Generationen verzaubert – vor allem mit ihrer unglaublichen Stimme. „Ich zähle zu den zig Millionen Fans, die Judy begeistert hat“, sagt Renée Zellweger. „Sie gilt als die grösste Entertainerin aller Zeiten und wird heute noch geliebt.“
Vom Ruhm und Vermögen Garlands, Kinderstar der 1930er und Hollywood-Diva der 1940er und 50er Jahre, war 1969 jedoch nicht viel übrig geblieben. Wegen ihrer Drogenprobleme galt sie als labil und unzuverlässig, die Engagements blieben aus. Judy Garland hatte hohe Schulden und sogar ihr Haus verloren, als ein lukratives Angebot aus London kam: Sie sollte fünf Wochen in Bernard Delfonts schickem Cabaret und Nachtclub „The Talk of the Town“ singen.
Für Judy war London der letzte Strohhalm, erklärt Drehbuchautor Tom Edge: „In London war Judy noch in bester Erinnerung, ihr Ruf war ihr noch nicht vorausgeeilt. Hier bot sich Judy also eine Gelegenheit, sich selbst und allen anderen zu beweisen, dass sie es noch drauf hat.“
Rosalyn Wilder wurde damals als „Aufpasserin“ für den Star aus den USA engagiert und erinnert sich an das Swinging London, das sich in den Sixties zum kulturellen Mekka gemausert hatte: „Restaurants, Entertainment, Mode – plötzlich gab es alles. Die Leute hatten Geld und verlangten nach Unterhaltung, sie wollten ausgehen, sehen und gesehen werden.“
Dieser Ära widmet sich Peter Quilter in seinem erfolgreichen Stück „End of the Rainbow“, das Produzent David Livingstone zu JUDY inspirierte. Er erwarb die Rechte und beauftragte den preisgekrönten Autor Tom Edge mit einer Adaption, die Ikone Judy Garland noch stärker in den Mittelpunkt rücken sollte. „Ich wusste nicht viel über Judy Garland, ausser den üblichen Klischees“, erzählt Edge. „Dann sah ich mir TV-Interviews aus den 1960ern an und erkannte schnell, wie warmherzig, scharfsinnig und selbstkritisch diese Frau war. Sie wusste ganz genau, was die Leute von ihr dachten, und spielte damit. Beim Schreiben habe ich versucht, meine eigene Judy Garland zu finden. Das war durchaus eine Herausforderung.“
So erweiterte Edge die eigentliche Handlung in London um Rückblenden in die Vergangenheit, damit man die Judy der Sixties besser versteht. Der Autor wollte die Entertainerin aber auf keinen Fall als Opfer darstellen. Vielmehr war sie ein Stehaufmännchen und gab niemals auf. Genau dafür wurde und wird Judy Garland von Legionen Fans verehrt, dem sollte das Drehbuch Rechnung tragen.
„David Livingstone hatte schon seit Jahren von dem Projekt gesprochen“, berichtet der ausführende Produzent Cameron McCracken. „Ich zögerte allerdings, weil Judy
Garland eine so tragische Figur ist. Erst das Drehbuch, das David mit Tom Edge entwickelt hatte, konnte mich umstimmen. Die Tragödien in Judys Leben werden
zwar keineswegs ausgespart, aber vor allem feiert der Film ihr Genie und ihre Stärke. Er ist eher inspirierend als deprimierend. Und das Finale ist wunderbar positiv!“
„Mich hat an dem Skript gereizt, dass es sich auf zwei ganz bestimmte Abschnitte in Judys Karriere konzentriert: auf den Anfang und das Ende“, sagt der mehrfach
ausgezeichnete Regisseur Rupert Goold. „Ich sah hier die Chance, ein typisches Biopic, das sämtliche Stationen chronologisch abarbeitet, zu umgehen. Man könnte
JUDY als eine Art Passionsspiel über das tragische Ende und die Vergötterung einer Art Heiligen sehen, die letztlich Erlösung findet.“
Goold faszinierte, wie Vergangenheit und Gegenwart zusammenhängen und wie wenig Performance mit der Realität zu tun hat. „Garland ist ein klassischer Hollywoodstar. Sie wirkt unnahbar, wie alle Stars der Goldenen Ära. Ich wollte den Menschen und die Legende zeigen, die Mutter und den Mythos. Das Skript beschreibt Judys sehr menschliche Seite, ihre Suche nach Liebe, Normalität und einem Zuhause. Denn: ‚Es ist nirgendwo so schön wie daheim‘.“ (Zitat aus „Der Zauberer von Oz“)
Dass JUDY kein typisches Von-bis-Biopic werden sollte, überzeugte auch Titelstar Renée Zellweger. „Wir konzentrieren uns auf einen Aspekt, der bei dieser Largerthan-life-Persönlichkeit selten berücksichtigt wird: nämlich was ihre Kunst sie gekostet hat. Zu dieser Zeit musste Judy arbeiten, um Geld zu verdienen. Dabei hätte sie sich eigentlich schonen müssen. Letztlich zerstört sie ihr grösstes Kapital – ihre kostbare Stimme –, damit sie für ihre Kinder sorgen kann.“
Der Film zeigt, wie viel diese Auftritte Judy abverlangten. „Die meisten setzen ein Zahnpastalächeln auf, sobald sie vor einer Kamera oder vor Publikum stehen“, so Renée Zellweger. „Judy dagegen war authentisch.“
„Sie hat ihr Innerstes nach aussen gekehrt und jedes Gefühl, jede Erfahrung und jeden Traum sichtbar gemacht“, glaubt Jessie Buckley, die Rosalyn Wilder spielt. Rufus Sewell schliesst sich an: „Judy kann so viel Intimität und persönliche Erfahrung in einen Song legen, dass er zu einem echten Erlebnis wird“, sagt Rufus Sewell, der Judys Ex-Mann Sidney Luft verkörpert.
In seinem Drehbuch zelebriert Tom Edge auch Judys Willenskraft, mit der sie Jahrzehnte als „Zirkuspferd“ durchhielt. „Mir wurde bald klar, dass die Garland, die ich im Kopf hatte, eindimensional war“, so der Autor. „Diese Frau war doch wesentlich vielschichtiger.“ Diese Nuancen und die Freude, die Judy trotz allem nie verlor, waren auch Rupert Goold sehr wichtig: „Ich wollte ihre sexy, geistreiche, zerstörerische, sensible Seite zum Vorschein bringen.“
Foto:
© Verleih
Info:
JUDY mit Renée Zellweger,
Jessie Buckley, Finn Wittrock, Rufus Sewell, Michael Gambon, Bella Ramsey u.v.m.
Regie: Rupert Goold
Drehbuch: Tom Edge Länge: 118 Minuten
Abdruck aus dem Presseheft
Rosalyn Wilder wurde damals als „Aufpasserin“ für den Star aus den USA engagiert und erinnert sich an das Swinging London, das sich in den Sixties zum kulturellen Mekka gemausert hatte: „Restaurants, Entertainment, Mode – plötzlich gab es alles. Die Leute hatten Geld und verlangten nach Unterhaltung, sie wollten ausgehen, sehen und gesehen werden.“
Dieser Ära widmet sich Peter Quilter in seinem erfolgreichen Stück „End of the Rainbow“, das Produzent David Livingstone zu JUDY inspirierte. Er erwarb die Rechte und beauftragte den preisgekrönten Autor Tom Edge mit einer Adaption, die Ikone Judy Garland noch stärker in den Mittelpunkt rücken sollte. „Ich wusste nicht viel über Judy Garland, ausser den üblichen Klischees“, erzählt Edge. „Dann sah ich mir TV-Interviews aus den 1960ern an und erkannte schnell, wie warmherzig, scharfsinnig und selbstkritisch diese Frau war. Sie wusste ganz genau, was die Leute von ihr dachten, und spielte damit. Beim Schreiben habe ich versucht, meine eigene Judy Garland zu finden. Das war durchaus eine Herausforderung.“
So erweiterte Edge die eigentliche Handlung in London um Rückblenden in die Vergangenheit, damit man die Judy der Sixties besser versteht. Der Autor wollte die Entertainerin aber auf keinen Fall als Opfer darstellen. Vielmehr war sie ein Stehaufmännchen und gab niemals auf. Genau dafür wurde und wird Judy Garland von Legionen Fans verehrt, dem sollte das Drehbuch Rechnung tragen.
„David Livingstone hatte schon seit Jahren von dem Projekt gesprochen“, berichtet der ausführende Produzent Cameron McCracken. „Ich zögerte allerdings, weil Judy
Garland eine so tragische Figur ist. Erst das Drehbuch, das David mit Tom Edge entwickelt hatte, konnte mich umstimmen. Die Tragödien in Judys Leben werden
zwar keineswegs ausgespart, aber vor allem feiert der Film ihr Genie und ihre Stärke. Er ist eher inspirierend als deprimierend. Und das Finale ist wunderbar positiv!“
„Mich hat an dem Skript gereizt, dass es sich auf zwei ganz bestimmte Abschnitte in Judys Karriere konzentriert: auf den Anfang und das Ende“, sagt der mehrfach
ausgezeichnete Regisseur Rupert Goold. „Ich sah hier die Chance, ein typisches Biopic, das sämtliche Stationen chronologisch abarbeitet, zu umgehen. Man könnte
JUDY als eine Art Passionsspiel über das tragische Ende und die Vergötterung einer Art Heiligen sehen, die letztlich Erlösung findet.“
Goold faszinierte, wie Vergangenheit und Gegenwart zusammenhängen und wie wenig Performance mit der Realität zu tun hat. „Garland ist ein klassischer Hollywoodstar. Sie wirkt unnahbar, wie alle Stars der Goldenen Ära. Ich wollte den Menschen und die Legende zeigen, die Mutter und den Mythos. Das Skript beschreibt Judys sehr menschliche Seite, ihre Suche nach Liebe, Normalität und einem Zuhause. Denn: ‚Es ist nirgendwo so schön wie daheim‘.“ (Zitat aus „Der Zauberer von Oz“)
Dass JUDY kein typisches Von-bis-Biopic werden sollte, überzeugte auch Titelstar Renée Zellweger. „Wir konzentrieren uns auf einen Aspekt, der bei dieser Largerthan-life-Persönlichkeit selten berücksichtigt wird: nämlich was ihre Kunst sie gekostet hat. Zu dieser Zeit musste Judy arbeiten, um Geld zu verdienen. Dabei hätte sie sich eigentlich schonen müssen. Letztlich zerstört sie ihr grösstes Kapital – ihre kostbare Stimme –, damit sie für ihre Kinder sorgen kann.“
Der Film zeigt, wie viel diese Auftritte Judy abverlangten. „Die meisten setzen ein Zahnpastalächeln auf, sobald sie vor einer Kamera oder vor Publikum stehen“, so Renée Zellweger. „Judy dagegen war authentisch.“
„Sie hat ihr Innerstes nach aussen gekehrt und jedes Gefühl, jede Erfahrung und jeden Traum sichtbar gemacht“, glaubt Jessie Buckley, die Rosalyn Wilder spielt. Rufus Sewell schliesst sich an: „Judy kann so viel Intimität und persönliche Erfahrung in einen Song legen, dass er zu einem echten Erlebnis wird“, sagt Rufus Sewell, der Judys Ex-Mann Sidney Luft verkörpert.
In seinem Drehbuch zelebriert Tom Edge auch Judys Willenskraft, mit der sie Jahrzehnte als „Zirkuspferd“ durchhielt. „Mir wurde bald klar, dass die Garland, die ich im Kopf hatte, eindimensional war“, so der Autor. „Diese Frau war doch wesentlich vielschichtiger.“ Diese Nuancen und die Freude, die Judy trotz allem nie verlor, waren auch Rupert Goold sehr wichtig: „Ich wollte ihre sexy, geistreiche, zerstörerische, sensible Seite zum Vorschein bringen.“
Foto:
© Verleih
Info:
JUDY mit Renée Zellweger,
Jessie Buckley, Finn Wittrock, Rufus Sewell, Michael Gambon, Bella Ramsey u.v.m.
Regie: Rupert Goold
Drehbuch: Tom Edge Länge: 118 Minuten
Abdruck aus dem Presseheft