Jean-Luc Godard: Film Denken nach der Geschichte des Kinos im Deutschen Filmmuseum in Frankfurt am Main
Rebecca von der Wien
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Mehr als jeder andere Regisseur ist Jean-Luc Godard Philosoph, genauer: ein Geschichtsphilosoph des Kinos. Mit seinen frühen Werken beginnt eine Film-Epoche, in der Regisseure über die Geschichte ihrer Kunst reflektieren und sie mit ihren Filmen bewusst aufgreifen und weiterspinnen.
Immer wieder hat Godard die Frage gestellt, was nach dem Kino kommt. Die Lecture-Reihe nimmt das Werk Godards zum Anstoß und Ausgangspunkt für eine vielstimmige Reflexion über die Geschichte und die Zukunft des Kinos. Bis Juli 2013 kommen Regisseure, Filmwissenschaftler, Kunsthistoriker, Philosophen und Schriftsteller zu Wort, die jeweils einen Faden aus einem Film Godards aufgreifen und weiterentwickeln. Ergänzt wird die Reihe im Juni durch Werke, über die der Regisseur und Autor Kritiken in den Cahiers du Cinéma verfasst hat.
Eine Veranstaltungsreihe in Kooperation mit der Goethe-Universität Frankfurt.
Donnerstag, 27. Juni
Montage, My Beautiful Care: SAUVE LA VIE (QUI PEUT)
Lecture von Prof. Michael Witt (Roehampton/London)
SAUVE LA VIE (QUI PEUT), der beim Filmfestival von Rotterdam 1981 gezeigt wurde, bestand aus Ausschnitten von Godards eigenem Film SAUVE QUI PEUT (LA VIE), die er mit einer Auswahl von Sequenzen aus den Filmen anderer Regisseure kombinierte. Michael Witts Vortrag nimmt SAUVE LA VIE (QUI PEUT) zum Ausgangspunkt einer Reflexion über Theorie und Praxis der Godard’schen Montage. Im Anschluss wird der Film zum ersten Mal seit 1981 öffentlich gezeigt.
Michael Witt lehrt Filmwissenschaft an der University of Roehampton, London. Er leitet das Centre for Research in Film and Audiovisual Cultures.
SAUVE LA VIE (QUI PEUT)
Schweiz/Frankreich 1981. R: Jean-Luc Godard. D: Isabelle Huppert, Jacques
Dutronc, Nathalie Baye. 80 Min. Digital. OmeU
Die Vorlage SAUVE QUI PEUT (LA VIE) entstand nach einer fast zehn Jahre währenden Kinoabstinenz; Godard nannte ihn deshalb seinen „zweiten ersten Film“. In diesem grotesk-ironischen Liebesreigen zeigt er das lose Beziehungsgeflecht zwischen Denise, ihrem Ex-Freund Paul und der Prostitutierten Isabelle. Die wilden und rätselhaften Bilder, die Godard mit einer Auswahl filmischer Sequenzen bedeutender Regisseure kombinierte,
sind heute eine echte Rarität!
Lecture um 20:15 Uhr
Filmbeginn im Anschluss
ab ca. 21:15 Uhr
Die Filmreihe:
Samstag, 22. Juni, 18:00 Uhr und Mittwoch, 26. Juni, 18:00 Uhr
ROMA CITTÀ APERTA Rom, offene Stadt
Italien 1945. R: Roberto Rossellini. D: Aldo Fabrizi, Anna Magnani, Marcello
Pagliero. 100 Min. Digital. OmU
Rom, 1944: Hunger und Angst beherrschen die Stadt, in der die SS jeden Widerstand gegen die Deutschen mit gnadenloser Härte verfolgt. Der Widerstandskämpfer Manfredi flüchtet sich in die Wohnung von Francesco und dessen schwangerer Freundin Pina. Das Paar will tags darauf heiraten. Doch dann wird Francesco verhaftet – und Pina macht voller Angst einen verhängnisvollen Fehler. Jean-Luc Godard: „Ich kenne keinen Film, der
Tugenden wie Mut und Großherzigkeit besser abbildet als ROMA CITTÀ APERTA.“ Das Heyne-Filmlexikon bezeichnet den Film gar als das „Schlüsselwerk des Neorealismus“.
Samstag, 29. Juni, 18:00 Uhr,
mit musikalischer Begleitung von Ulrich Rügner
Mittwoch, 3. Juli, 18:00 Uhr, mit originaler Tonspur
TABU
USA 1931. R: F. W. Murnau. D: Matahi, Anne Chevalier, Bill Bambridge.
83 Min. 35mm. OF mit englischen Zwischentiteln
Der letzte Film des Regisseurs F. W. Murnau: Auf einer Südseeinsel verliebt sich der Perlentaucher Matahi in ein schönes Mädchen namens Reri, die jedoch eines Tages von den Dorfältesten zur Frau der Stammesgötter bestimmt wird. Für andere Männer ist sie damit „tabu“. Um ihre Liebe dennoch leben zu können, flüchten Matahi und Reri. Doch der Fluch der Götter scheint sie zu verfolgen. Jean-Luc Godard bewunderte stets die „Einfachheit und Reinheit“ von TABU und stellte ihn wegen seiner „essentiell dokumentarischen Tendenz“ auf eine Stufe mit den Meisterwerken Sergej Eisensteins.
ROMA CITTÀ APERTA
Samstag, 22. Juni, 18:00 Uhr und
Mittwoch, 26. Juni, 18:00 Uhr
TABU
Samstag, 29. Juni, 18:00 Uhr und
Mittwoch, 3. Juli, 18:00 Uhr
www.deutsches-filminstitut.de
www.deutsches-filmmuseum.de