Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Keine Ahnung, ob sich die Verantwortlichen beim Termin des Anlaufens in den deutschen Kinos von JOJO RABBIT etwas gedacht haben. Auf jeden Fall ist auffällig, daß dieser Film direkt in den Tagen vor dem 75jährigen Gedenken an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee - der der 75 Jahre wegen ganz besondere internationale und nationale Beachtung findet, was wir täglich verfolgten - in die Kinos kommt, weshalb noch stärker als sonst die Frage entsteht: Darf man über Hitler lachen?
Ja, man darf. Das ist lange entschieden, auch wenn das jeweils eine persönliche Entscheidung ist und anderen nicht aufoktroyiert werden kann und soll. Aber diese Freiheit hat jeder und beantwortet sie mit dem Kauf einer Kinokarte oder nicht. Beantwortet ist diese Frage schon lange, denn mit Ernst Lubitsch und Charly Chaplin haben zwei es vorgemacht, Filme, die denen, die heute die exaltierte, ja Fistelstimme von Adolf Hitler eh zum Lachen finden, gerade recht kommen. Die Frage ist darum nicht, ob man lachen darf oder nicht, sondern, ob man lachen kann oder nicht. Denn die Gefahr bei einem komödiantischen Hitler ist der Klamauk, der leicht entsteht, vor dem auch dieser Film nicht ganz gefeit ist.
Mir hat JOJO RABBI gefallen, gerade weil er so schräg daherkommt. Und gleichzeitig Typisierungen hat, die einfach stimmen und dabei nicht grobschlächtig, sondern fein ziseliert sind. Damit meinen wir die Personencharakterisierung. Aber die wollen wir im Zusammenhang der Handlung darstellen. Die spielt in einem fiktiven Falkenheim, so eine typische eher süddeutsche Kleinstadt, die die Macher in Žatec und Úštěk fanden, in der Nähe von Prag, das nur nebenbei. Dort leben zu Zeiten des Nationalsozialismus die alleinerziehende Mutter (Scarlett Johansson) mit ihrem Sohn JoJo (Roman Griffin Davis) in einem schönen geräumigen Haus.
Aber eigentlich leben sie zu viert. Denn der zehnjährige JoJo, der so gerne ein großer starker Kerl wäre, aber bei den gemeinen harten Jungenswetten nicht mal einen Hasen töten kann, was ihn uns sympathisch macht, ihm aber den Spitznamen Hasen (Rabbit) einbringt, erschafft sich einfach einen starken Kerl an seiner Seite und wer wäre da mehr geeignet als ein weiterer Adolf Hitler (Taika Waititi), wo es der eine doch schon so weit gebracht hat (wir sind eben noch nicht im Jahr 1945!).
Aber dann gibt es auch, was JoJo erst später entdeckt, ein sechszehnjähriges Mädchen, das hinter einer Wand von seiner Mutter versteckt und durchgefüttert wird, denn sie ist Jüdin. Allein diese Konstellation ist hinreißend, der imaginierte Hitler als Vorbild und allgegenwärtig, wenn JoJo ihn braucht, polternd und mit dem Pathos der damaligen Zeit, lächerlich wie nur was, und die hübsche Elsa, wirklich vorhanden, die sich aber nicht zeigen darf und deshalb nur für ihn und seine Mutter existiert.
Der Bub fühlte sich sowieso allein, dazu hat er ja Hitler als Freund und Schutz, aber mit Elsa ist es auch schön und so läuft er zu ihr über, was ja aus ideologischen Gründen gar nicht sein dürfte.
Aus dieser Konstellation entwickelt der Film seine dramaturgischen Kniffe. Denn es sind ja permanent Widersprüche, die Spannung erzeugen, die sich durch Lachen auflöst. Die eigentliche Hauptfigur ist jedoch Mutter Rosie, die im Alpenlook ihre Lieben sehr souverän durch die gefährlichen Zeiten schifft.
Denn wie es aussieht, im nach außen so sauberen Deutschland, das zeigen die schnarrende, gewalttätigen NS-Schergen, die im Film eine wichtige Rolle spielen, auf die wir aber jetzt nicht weiter eingehen. Sie sind derartige Karikaturen, bei denen nur eines zu berücksichtigen ist: solche Typen gab es und sie waren die Mehrheit in düsteren Zeiten.
Jetzt ist Taika Waitit zu kurz gekommen. Der aus Neuseeland stammende Regisseur, der sowohl jüdische wie maorische Wurzeln hat, gibt einen so wahnwitzigen Hitler, daß man den kleinen JoJo schon verstehen kann, daß er sich mit ihm stark machen will, obwohl er mit einem solchen Kerl einfach schwächer wäre, wäre er nicht selber ein stabiler kleiner Junge, der, als es darauf ankommt, genau weiß, wem er helfen muß.
Foto:
© Verleih
Info:
Darsteller
Jojo ROMAN GRIFFIN DAVIS
Elsa THOMASIN McKENZIE
Rosie SCARLETT JOHANSSON
Adolf TAIKA WAITITI
Captain Klenzendorf SAM ROCKWELL
Fraulein Rahm Finkel REBEL WILSON
REGIE TAIKA WAITITI
DREHBUCH TAIKA WAITITI
NACH DEM ROMAN CAGING SKIES VON CHRISTINE LEUNENS
© Verleih
Info:
Darsteller
Jojo ROMAN GRIFFIN DAVIS
Elsa THOMASIN McKENZIE
Rosie SCARLETT JOHANSSON
Adolf TAIKA WAITITI
Captain Klenzendorf SAM ROCKWELL
Fraulein Rahm Finkel REBEL WILSON
REGIE TAIKA WAITITI
DREHBUCH TAIKA WAITITI
NACH DEM ROMAN CAGING SKIES VON CHRISTINE LEUNENS