Filmstill Intrige1580747877178filmstill intrige roman polanski 114 v 16x92dL 6c42aff4e68b43c7868c3240d3ebfa29867457daSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 6. Februar 2020 Teil 10

Pascal Bruckner

Paris (Weltexpresso) - Warum wollten Sie einen Film über die Dreyfus-Affäre und den symbolischen Wendepunkt, den sie in der französischen und europäischen Geschichte darstellt, machen?

Große Geschichten schaffen oft großartige Filme und die Dreyfus-Affäre ist eine außergewöhnliche Geschichte. Die Geschichte eines Mannes, der zu Unrecht verurteilt wurde, ist immer faszinierend, aber der Film behandelt auch ein sehr aktuelles Thema, angesichts des zunehmenden Antisemitismus.


Wie kam es zu dem Film?

Als ich sehr jung war, sah ich den amerikanischen Film DAS LEBEN DES EMILE ZOLA und war erschüttert von der Szene, in der Hauptmann Dreyfus degradiert wird. Schon damals sagte ich zu mir, dass ich eines Tages einen Film über diese schreckliche Geschichte machen könnte.


Sie haben eine Reihe von Rückschlägen erlebt, bevor Sie den Film drehen konnten. Zunächst die Frage der Sprachfassung, da die ersten Produzenten Englisch präferierten.

Als ich das Projekt vor sieben Jahren meinen Freunden und Partnern dieser Zeit vorschlug, waren sie begeistert von der Idee. Allerdings dachten sie, es wäre wichtig, den Film auf Englisch zu machen, um die Finanzierung durch internationale Vertriebspartner, besonders in den USA, zu sichern.

Es ist wahr, dass amerikanische Filme, die in Frankreich spielen, ausnahmslos in englischer Sprache gedreht werden – DAS LEBEN DES EMILE ZOLA ist so ein Fall. Die Filme waren einfacher auf dem internationalen Markt zu verkaufen. Sogar Stanley Kubrick drehte WEGE ZUM RUHM, seinen Film über den Ersten Weltkrieg, auf Englisch. Aber für mich persönlich war es unvorstellbar, all diese französischen Generale Englisch sprechen zu sehen. Das heutige Publikum ist anspruchsvoller und eher gewillt, Filme und Fernsehserien in der Originalsprache mit Untertiteln zu schauen.


Alain Goldman bot schließlich an, den Film auf Französisch zu produzieren.

Das ist richtig. Letztes Jahr, im Januar 2018, bot Alain Goldman an, den Film auf Französisch zu produzieren. Ich war natürlich überglücklich. Es war der Beginn unseres großen Abenteuers. Wir begannen im November mit dem Dreh. Und jetzt sind wir hier!


Wie verlief Ihre Arbeit an dem Projekt?

Robert Harris und ich hatten gerade erst DER GHOSTWRITER beendet. Robert war von der Idee sehr begeistert, also machten wir uns sofort an die Arbeit. Zuerst schien es einleuchtend, dass wir die Geschichte aus der Perspektive von Dreyfus erzählen sollten. Aber wir merkten schnell, dass das nicht funktioniert: Die ganze Handlung mit ihren vielen Charakteren, Drehungen und Wendungen spielte in Paris, während unser Protagonist auf der Teufelsinsel festsaß. Die einzige Geschichte, die wir hätten erzählen können, wäre über sein Leiden dort gewesen.

Wir kämpften lange mit diesem Problem und schließlich, nach mehr als einem Jahr Arbeit, fand Robert die Lösung für unser Dilemma: Es war das Beste, Dreyfus auf seinem Felsen zu lassen und die Geschichte aus der Sicht von Oberst Picquart zu erzählen, einer der Hauptcharaktere. Aber wir mussten auch unseren Lebensunterhalt verdienen, also beschlossen wir das Projekt auf die lange Bank zu schieben, während ich einen anderen Film machte und Robert einen Roman über die Dreyfus-Affäre schrieb.

Er arbeitete ein Jahr lang daran und sein Buch „Intrige“, Ergebnis gründlicher historischer Recherchen, wurde schnell zum Bestseller. In der gleichen Zeit beendete ich VENUS IM PELZ und als wir zu unserer Geschichte zurückkehrten, wussten wir, wie wir sie erzählen wollten.


Wie verlief das Casting?

Jean Dujardin schien perfekt für die Rolle des Picquart. Er sieht aus wie Picquart, er hat dasselbe Alter und er ist ein großartiger Schauspieler. Ein Film mit dieser Bedeutung braucht einen Star und Jean Dujardin ist einer – nicht umsonst wurde er mit einem Oscar® ausgezeichnet! Er war also die erste Wahl für uns, wir mussten nur herausfi nden, ob er Interesse an dem Projekt hat. Tatsächlich konnte er es kaum erwarten.

Fortsetzung folgt

Foto:
© Verleih

Info:
Originaltitel J‘ACCUSE
Lauflänge 132 Minuten
Land/Jahr Frankreich, Italien 2019
FSK ab 12 Jahren beantragt
Kinostart 6. Februar 2020

Regie Roman Polanski
Buch Robert Harris, Roman Polanski
Nach dem Bestseller „Intrige“ von Robert Harris
Mit Jean Dujardin, Louis Garrel,
Emmanuelle Seigner, Grégory Ga

Abdruck aus dem Presseheft, das Interview ist im Heft ein Auszug